Nervenbahnen
Auf dieser Seite wird es um die Nervenfasertrakte im zentralen Nervensystem (d.h. Rückenmark und Gehirn) gehen.
Hast du dich schon einmal gefragt, wie ein sensibler Impuls von den Fingerspitzen bis hinauf ins Gehirn gelangt, wenn du etwas berührst? Oder anders herum: wie eine reflexartige Bewegung, zum Beispiel das Wegziehen der Hand, blitzschnell ausgeführt werden kann? Erfolgt das nur auf Ebene des Rückenmarks oder müssen dafür noch weitere Stationen im Gehirn passiert werden? Verlaufen die unterschiedlichen Impulse auf denselben nervalen Routen?
Alle peripheren Nerven laufen zum Rückenmark, wo ihre Impulse weitergeleitet werden. Das Rückenmark scheint demnach also eine entscheidende Struktur des zentralen Nervensystems zu sein.
Und das scheint nicht nur so! In der gesamten Länge des Rückenmarks verlaufen vielerlei Nervenfasertrakte hoch und runter: die Tractus. Die Tractus des Rückenmarks sind Nervenfaserbündel, die einen gemeinsamen Verlauf haben - eine Art Autobahn. Im Gegensatz zu den Tractus des Rückenmarks gibt es im Gehirn zahlreiche Fasertrakte, die Strukturen innerhalb des Gehirns miteinander verbinden und zu funktionellen Systemen zusammenfassen (zum Beispiel das limbische System oder die Basalganglien).
Im Folgenden schauen wir uns jede dieser Strukturen einmal genauer an. Dabei wird es zunächst um Fasertrakte im Allgemeinen gehen. Anschließend widmen wir uns den Rückenmarksbahnen und schließlich einigen intrazerebralen Fasersystemen.
Aufsteigende (sensible) Leitungsbahnen |
Hinterstrangbahnsystem (Fasciculus gracilis, Fasciculus cuneatus) Vorderseitenstrangsystem (Tractus spinothalamicus anterior und lateralis) Kleinhirnseitenstrangsystem (Tractus spinocerebellaris anterior, posterior, superior und die Fibrae cuneocerebellares) Tractus spinotectalis Tractus spinoreticularis Tractus spinoolivaris. |
Absteigende spinale Leitungsbahnen |
Tractus corticospinalis Tractus pyramidalis (Tractus corticobulbaris, Tractus reticulospinalis) Tractus tectospinalis Tractus rubrospinalis Tractus vestibulospinalis. |
Intrazerebrale Fasersysteme |
Limbisches System Basalganglien |
- Bedeutung von Fasertrakten
- Spinale Leitungsbahnen
- Intrazerebrale Fasersysteme
- Literaturquellen
- Ähnliche Artikel
Bedeutung von Fasertrakten
Zuallererst möchten wir auf die Begrifflichkeiten und grundlegenden Konzepte eingehen. Ein Fasertrakt beschreibt ein Bündel aus Nervenfasern (Axonen), die Neurone miteinander verbinden. Dadurch ermöglichen diese Leitungsbahnen die Kommunikation dieser miteinander verbundenen Nervenzellen.
Im zentralen Nervensystem spricht man von einem Tractus. Die Tractus (Plural mit Betonung auf das "u") sind also Faserverbindungen, die im Gehirn und im Rückenmark (ZNS) verlaufen. Die Nomenklatur ist allerdings nicht immer eindeutig. Denn es gibt auch Tractus, welche Lemniscus, Pedunculus oder Fasciculus genannt werden, je nachdem wo sie verlaufen oder wohin sie projizieren.
Tractus entstehen, wenn zwei oder mehr Neurone und ihre Faserbündel miteinander verschaltet werden. Dabei können diese Neurone je nach ihrer Lokalisation innerhalb des Tractus als Neurone erster, zweiter und dritter Ordnung klassifiziert werden. Die verschiedenen Tractus werden in der Regel nach ihrem Ursprung (erster Teil des Namens) und ihrem Zielort (zweiter Teil des Namens) benannt. Zum Beispiel beginnt der Tractus spinothalamicus seinen Verlauf in der Medulla spinalis, also dem Rückenmark, und endet im Thalamus. Der Tractus corticospinalis dagegen hat seinen Ursprung im Cortex und zieht hinab ins Rückenmark. Du merkst also: Wenn du die Terminologie verstehst, musst du dir nicht alle Namen merken. Praktisch oder?!
Die verschiedenen Fasertrakte sind ein beliebtes Prüfungsthema, deshalb haben wir dir dieses individuelle Quiz zusammengestellt. Probier es aus und teste dein Wissen!
Spinale Leitungsbahnen
Aufsteigende Bahnen
Das Rückenmark besteht aus einer Vielzahl von aufsteigenden und absteigenden Leitungsbahnen. Die aufsteigenden spinalen Leitungsbahnen sind die sensiblen Bahnen, die innerhalb der weißen Substanz des Rückenmarks nach kranial ziehen. Sie führen sensible Impulse zum Gehirn. Nur wenn sie funktionieren, können wir äußere (Exterozeption) und innere (Interozeption) Einflüsse auf den Körper bewusst wahrnehmen.
Unterschieden wird die protopathische von der epikritischen Sensibilität. Zur protopathischen Sensibilität zählt die Wahrnehmung von Schmerz, Temperatur und die grobe Druck- und Tastwahrnehmung. Zur epikritischen Sensibilität zählt der feine Berührungs- und Vibrationssinn und die Propriozeption, also die Tiefensensibilität.
Jede dieser aufsteigenden Bahnen folgt demselben Prinzip der Impulsweiterleitung vom ersten bis zum dritten sensiblen Neuron. Das erste Neuron - oder Neuron erster Ordnung - ist ein sensibles Neuron. Mit seinen Fortsätzen erhält es sensible Impulse direkt von den peripheren Sensoren und leitet sie an das zweite Neuron im Hinterhorn des jeweiligen Spinalnervensegmentes weiter.
Das zweite Neuron zieht innerhalb der weißen Substanz des Rückenmarks weiter nach kranial und projiziert innerhalb des Gehirns auf das dritte Neuron. Das dritte Neuron liegt in subkortikalen Strukturen, unter anderem dem Thalamus. Von diesen Strukturen erfolgt die Weiterleitung des Impulse zu verschiedenen Hirnstrukturen, unter anderem der Großhirnrinde (Cortex cerebri).
Es gibt eine Reihe wichtiger aufsteigender spinaler Leitungsbahnen: das Hinterstrangbahnsystem (Fasciculus gracilis, Fasciculus cuneatus), das Vorderseitenstrangsystem (Tractus spinothalamicus anterior und lateralis), das Kleinhirnseitenstrangsystem (Tractus spinocerebellaris anterior, posterior, superior und die Fibrae cuneocerebellares), der Tractus spinotectalis, der Tractus spinoreticularis und der Tractus spinoolivaris. Daneben gibt es noch einige weitere, die bisher nur zum Teil erforscht sind.
Als nächstes schauen wir uns jede dieser spinalen Leitungsbahnen etwas genauer an. Die Fasciculi gracilis und cuneatus werden auch als Hinterstrangbahnen zusammengefasst. Sie befinden sich direkt nebeneinander im Funiculus posterior. Sie enthalten Fasern für die fein diskriminatorische Sensibilität von Berührungen und die Propriozeption.
Das erste (pseudounipolare) Neuron der Hinterstrangbahn projiziert mit seinem aufsteigenden Axon auf ipsilateraler Seite des Rückenmarks hoch bis in die Medulla oblongata. In der Medulla oblongata bildet das Axon des ersten Neurons dann Synapsen mit dem zweiten Neuron in den Hinterstrangkernen: dem Nucleus gracilis oder dem Nucleus cuneatus.
Die Fasern des zweiten Neurons kreuzen an der Decussatio lemnisci medialis nach kontralateral und verlaufen weiter nach kranial als Lemniscus medialis bis zum Thalamus. Dort findet die Umschaltung auf das dritte Neuron statt. Die Fasern des dritten Neurons wiederum projizieren bis in den primären somatosensiblen Cortex, wo die räumliche Zuordnung des äußeren Reizes zur Körperregion bzw. der exakten Lokalisation erfolgt.
Nachfolgend werden dir einige Nervenbahnen vorgestellt. Wenn du eigentlich einen groben Einstieg in das Nervensystem suchst, dann schau dir unser kostenloses Arbeitsblatt an!
Tractus spinothalamicus
Es gibt zwei Tractus spinothalamici: einen Tractus spinothalamicus anterior und einen Tractus spinothalamicus lateralis. Sie werden auch als Vorderseitenstrangbahnen zusammengefasst. Der Tractus spinothalamicus anterior übermittelt die Impulse grober Mechanosensoren nach zentral. Er befindet sich im Funiculus anterior.
Die Fasern des ersten Neurons ziehen aus der Peripherie (vom jeweiligen sensiblen Sensor) ins Hinterhorn des Rückenmarks. Dort schalten sie auf das zweite Neuron um und ziehen innerhalb des ipsilateralen Funiculus anterior (dem Vorderstrang) einige Spinalnervensegmente nach oben. Dort kreuzen sie in der Commissura alba auf die kontralaterale Seite und ziehen im kontralateralen Funiculus anterior bis in den Thalamus.
Die Endstrecke ist ab hier wie bei der Hinterstrangbahn: Im Thalamus folgt eine Verschaltung auf das dritte Neuron, was dann bis in den primär somatosensiblen Cortex projiziert.
Der Tractus spinothalamicus lateralis verläuft im Funiculus lateralis (dem Seitenstrang) und ist für die Weiterleitung von Schmerz- und Temperatur-Impulsen verantwortlich. Wie sein Namensvetter (der Tractus spinothalamicus anterior) kreuzt auch der Tractus spinothalamicus lateralis bereits auf Rückenmarksebene; allerdings viel früher. Nach zwei bis drei Spinalnervensegmenten kreuzen die Fasern des zweiten Neurons auf die kontralaterale Seite. Dort verlaufen sie im Funiculus lateralis ebenfalls bis in den Thalamus.
Im Hirnstamm wird die Fortsetzung des Vorderseitenstrangs (Tractus spinothalamicus anterior und posterior) Lemniscus spinalis genannt. Vom Thalamus aus ziehen die Fasern des dritten Neurons auch hier wieder bis in den primär somatosensorischen Cortex.
Tractus spinocerebellaris
Bisher haben wir lediglich über die spinalen Leitungsbahnen gesprochen, die eine sensible Wahrnehmung möglich machen. Aber auf welche Art und Weise haben diese Informationen Einfluss auf unsere Bewegungen oder Bewegungskoordination? Stell dir vor, du fährst mit deinem Finger am Rand eines Weinglases entlang oder du balancierst auf einer schmalen Mauer. Mithilfe der Tractus spinocerebellaris ist das möglich.
Der Tractus spinocerebellaris (posterior und anterior) leitet die Fasern der Spannungs- und Dehnungssensoren aus Muskeln, Sehnen und Gelenken ins Kleinhirn. Damit ist er vor allem für die Propriozeption verantwortlich. Im Kleinhirn werden die Informationen interpretiert und Impulse an Hirnstamm und/oder motorischen Kortex geleitet, die zu muskulärer Aktivität führen. Eine ständige Korrektur der Haltung und der Bewegungen aufgrund der propriozeptiven Informationen machen einige Aktionen (wie zum Beispiel auf einem Bein stehen) erst möglich.
Der Tractus spinocerebellaris posterior erhält Informationen von Nerven aus der unteren Körperhälfte. Sie kommen aus dem Hinterhorn des Rückenmarks und verlaufen posterolateral innerhalb der weißen Substanz auf der ipsilateralen Rückenmarksseite nach kranial. Sie ziehen über den Pedunculus cerebellaris inferior zur Kleinhirnrinde. Das Äquivalent zum Tractus spinocerebellaris posterior für die obere Körperhälfte bilden die Fibrae cuneocerebellares. Zu letzteren gehören die Fibrae arcuatae externae posteriores, die ebenfalls ipsilateral bleiben und sich dem Tractus spinocerebellaris posterior anschließen. Der Tractus spinocerebellaris anterior zeigt einen komplizierteren Verlauf. Ein großer Teil der Fasern des zweiten Neurons des Tractus kreuzt nach kontralateral und zieht über den Pedunculus cerebellaris superior ins Kleinhirn. Dort kreuzen sie noch einmal und landen schließlich wieder ipsilateral in der Kleinhirnrinde. Die Mehrzahl der Fasern des Tractus spinocerebellaris anterior kreuzt also zweimal in seinem Verlauf.
Der Aufbau und die Funktion des Kleinhirns ist sehr komplex und vielfältig. Verschaffe dir doch einen Überblick mithilfe der folgenden Lerneinheiten:
Tractus spinotectalis
Damit haben wir die großen aufsteigenden spinalen Leitungsbahnen abgedeckt. Im Folgenden gehen wir noch kurz auf die drei kleinen verbleibenden aufsteigenden Leitungsbahnen ein. Der Tractus spinotectalis (auch als Tractus spinomesencephalicus bekannt) ist an der Weiterleitung nozizeptiver Impulse beteiligt. Seine Fasern kreuzen auf die kontralaterale Seite und verlaufen, angelagert an den Tractus spinothalamicus lateralis, nach kranial. Sie enden im Colliculus superior, einem Teil des Tectums im Mittelhirn (Mesencephalon).
Tractus spinoreticularis
Der Tractus spinoreticularis ist Teil des Tractus spinothalamicus anterior. Seine Fasern verlassen den Fasertrakt auf verschiedenen Höhen des Hirnstammms und ziehen zur Formatio reticularis. Der Tractus ist ebenfalls an der Weiterlitung nozizeptiver Impulse beteiligt.
Tractus spinoolivaris
Der Tractus spinoolivaris übermittelt propriozeptive und sensible Informationen. Die Fasern des Tractus spinoolivaris kreuzen nach kontralateral und verlaufen im anterolateralen Rückenmark nach kranial. Dort enden sie in den Nuclei olivares accessorius posterior und medialis der Medulla oblongata. Von dort aus kreuzen sie erneut, passieren den Pedunculus cerebellaris inferior und enden im ipsilateralen Kleinhirn.
Absteigende Bahnen
Bisher haben wir uns lediglich die Fasertrakte angeschaut, die Informationen durch das Rückenmark hinauf ins Gehirn leiten. Selbstverständlich gibt es aber auch Bahnsysteme, die Informationen in entgegengesetzter Richtung übermitteln. Das sind nämlich die absteigenden spinalen Leitungsbahnen. Diese Leitungsbahnen verlaufen - wie auch die aufsteigenden Bahnen - durch die weiße Substanz des Rückenmarks und sind vor allem motorisch.
Diese motorischen Leitungsbahnen spielen eine wichtige Rolle bei der willkürlichen und unwillkürlichen Steuerung und Koordination von Bewegungen, Reflexen und der Regulation des Muskeltonus. Nicht-motorische Bahnen führen Impulse so viszeralen Organen.
Der allgemeine Aufbau der absteigenden Bahnen ist dem der aufsteigenden Bahnen sehr ähnlich, nur umgekehrt. Das erste Neuron (1. Motoneuron) verläuft vom Cortex cerebri oder vom Hirnstamm aus das Rückenmark hinab und verschaltet sich dort im Vorderhorn auf das zweite Neuron (2. Motoneuron). Gegebenenfalls liegt noch ein Interneuron (oder mehrere) dazwischen. Das Axon des zweiten Neurons verläuft anschließend aus dem Vorderhorn heraus in den Spinalnerven des jeweiligen Spinalnervensegmens. Mit ihm zieht es dann zur zur Skelettmuskulatur der Zielorgane, um sie zu innervieren.
Zu den absteigenden Bahnen zählen der Tractus corticospinalis, der Tractus corticobulbaris (oder Tractus corticonuclearis), der Tractus reticulospinalis, der Tractus tectospinalis, der Tractus rubrospinalis und der Tractus vestibulospinalis. Der Tractus corticospinalis und der Tractus corticobulbaris bilden den Tractus pyramidalis, die Pyramidenbahn. Die Pyramidenbahn übermittelt ausschließlich willkürliche Motorik. Alle anderen absteigenden Bahnen gehören zum extrapyramidalmotorischen System, das einer unwillkürlichen Kontrolle unterliegt.
Tractus corticospinalis
Der Tractus corticospinalis macht schnelle und zielgerichtete willkürliche Bewegungen möglich. Ursprung ist vor allem der motorische Kortex. Ein relevanter Teil der Fasern endet im Rückenmark.
Der Tractus corticospinalis wird häufig schlicht als Pyramidenbahn bezeichnet, weil er aufgrund seiner Passage durch die Medulla oblongata vom Cortex her spitz zusammenläuft. Dieser Verlauf ähnelt von außen einer Pyramide.
Mit unserem Quiz kannst du die Neuroanatomie dieser Bahn wiederholen oder von Grund auf lernen:
Tractus corticobulbaris
Der Tractus corticobulbaris (auch als Tractus corticonuclearis bekannt) reguliert die Aktivität motorischer Hirnnervenkerne. Über ihn können motorische (Nervus oculomotorius, Nervus trochlearis, Nervus abducens, Nervus accessorius, Nervus hypoglossus) und Anteile der gemischten Hirnnerven (Nervus trigeminus, Nervus facialis, Nervus glossopharyngeus, Nervus vagus) willkürlich gesteuert werden. Dazu gehören Bewegungen des Kopfes und des Halses sowie die Mimik.
Der Tractus corticobulbaris verbindet das Gehirn mit der Medulla oblongata, die auch Bulbärhirn genannt wird. Daher der Name. Er ist Teil der Pyramidenbahn.
Begrifflich kommt es leider immer wieder zu Verwechslungen: Fasern, die von der Kleinhirnrinde zu den Hirnnervenkernen ziehen, werden als kortikonukleäre Fasern bezeichnet und ebenfalls als Tractus corticonuclearis.
Daher ist die passendere und anatomisch korrekte Bezeichnung für die hier beschriebenen Fasern Fibrae corticonuclearis. Die falsche Bezeichnung findet sich leider in der Klinik und zum Teil auch in einzelnen Büchern.
Tractus reticulospinalis
Es gibt also diverse absteigende spinale Leitungsbahnen, die für die Initiierung einer Bewegung verantwortlich sind. Natürlich müssen solche Bewegungen danach noch moduliert werden. Der Tractus reticulospinalis trägt dazu bei, indem neben der eigentlichen Zielmuskulatur auch andere Muskeln angesteuert werden, die mitunter auch antagonistisch wirken können. Dadurch kann eine Bewegung zielgerichteter ausgeführt werden.
Das gelingt, indem Fasern des Tractus entweder direkt oder über Interneurone auf α- und γ-Motoneurone wirken.
Die Fasern des Tractus reticulospinalis stammen aus der Formatio reticularis im Hirnstamm. Sie verlaufen ungekreuzt als der mediale Tractus pontoreticulospinalis durch den Funiculus anterior und als lateraler Tractus bulboreticulospinalis durch den Funiculus lateralis des Rückenmarks Richtung kaudal.
Tractus tectospinalis
Dank des Tractus tectospinalis ist es dir möglich, deinen Kopf reflexartig zu einem plötzlich auftauchenden visuellen Stimulus hinzudrehen. Der Ursprung der efferenten Fasern des Tractus tectospinalis liegt im Colliculus superior des Mesencephalons. Die Fasern ziehen zu Interneuronen von Motoneuronen, welche die Nackenmuskulatur innervieren. Das ermöglicht Kopf- und Halsbewegungen in Reaktion auf visuelle Reize.
Tractus rubrospinalis
Hast du dich jemals gefragt, wie bestimmte Bewegungen anatomisch funktionieren können? Wie kannst du zum Beispiel eine Tasse mit der Hand aufnehmen und an den Mund führen? Das kann nur funktionieren, wenn die Extensoren der oberen Extremität gut abgestimmt gehemmt und die Flexoren gleichzeitig aktiviert werden. Bei dieser wichtigen Feinabstimmung kommt der Tractus rubrospinalis ins Spiel.
Die Fasern des Tractus rubrospinalis haben ihren Ursprung im Nucleus ruber, der im Tegmentum mesencephali liegt. Auch sie kreuzen ziemlich bald die Mittellinie nach kontralateral und verlaufen im Funiculus lateralis bis ins zervikale Rückenmark. Unterwegs geben sie zahlreiche Kollaterale im Hirnstamm ab. Die Fasern des Tractus enden an Interneuronen, die auf Motoneurone verschalten. Diese Interneurone machen es erst möglich, dass manche Motoneurone gehemmt werden, während andere gleichzeitig aktiviert werden. Da der Tractus rubrospinalis aber nur bis ins zervikale Rückenmark projiziert, ist er nur für die Innervation der oberen Extremitäten zuständig.
Der Tractus ist außerdem maßgeblich am motorischen Lernen beteiligt.
Tractus vestibulospinalis
Eine weitere wichtige Leitungsbahn für die Balance ist der Tractus vestibulospinalis. Er wird in einen lateralen und medialen Teil unterteilt. Beide Anteile vermitteln Reflexe des Gleichgewichts- und Lagesinns durch Aktivierung inhibitorischer Motoneurone, basierend auf den Informationen aus dem Gleichgewichtsorgan.
Auch die absteigenden spinalen Leitungsbahnen scheinen am Anfang kompliziert, nicht wahr? Neuroanatomie ist eben nicht einfach! Dieses Arbeitsblatt hilft dir dabei, Anatomie richtig und effizient zu lernen!
Intrazerebrale Fasersysteme
Wir haben uns bisher also den wichtigsten spinalen Nervenbahnen gewidmet. Wenn wir uns aber die Fasersysteme des gesamten zentralen Nervensystems anschauen wollen, dann fehlen uns noch ganz schön viele Leitungsbahnen innerhalb des Gehirns. All diese intrazerebralen Nervenbahnen zu besprechen, würde den Rahmen dieser Seite sprengen.
Aus diesem Grund haben wir zwei der wichtigsten Fasersysteme für dich herausgesucht: das limbische System und die Basalganglien. Im Folgenden werden wir dir eine kurze Einführung in diese beiden komplexen neuroanatomischen Strukturen geben.
Limbisches System
Limbus ist Latein und bedeutet Saum. Das limbische System wird deshalb so genannt, weil es an der Grenze zwischen Cortex cerebri und Hypothalamus quasi wie ein Saum liegt. Das limbische System steuert unter anderem Gefühle und Verhalten wie zum Beispiel Hunger, Sättigung, sexuelle Erregung oder auch das Gedächtnis. Da sich das limbische System genau zwischen dem Cortex und den subcorticalen Strukturen befindet, können seine Bestandteile jeweils einem der beiden Bereiche zugeteilt werden:
- Corticale Bestandteile: Orbitofrontaler Cortex, Hippocampus, Insula, Gyrus cinguli und der Gyrus parahippocampalis
- Subcorticale Bestandteile: Amygdala, Bulbus olfactorius, Hypothalamus, Nuclei anteriores thalami und die Nuclei septales.
Damit das limbische System als System funktionieren kann, müssen seine Bestandteile in ständigem Austausch miteinander stehen. Dafür gibt es einige intrazerebrale Fasertrakte, die all die Strukturen des limbischen Systems miteinander verbinden: Alveus, Fimbria hippocampi, Fornix, Fasciculus mammillothalamicus und die Stria terminalis.
Basalganglien
Die Basalganglien, die auch Nuclei basales oder Stammganglien genannt werden, sind Kerngebiete (Gebiete aus grauer Substanz) in der weißen Substanz unterhalb der Großhirnhemisphären. Es gibt vier Hauptganglien:
- den Nucleus caudatus,
- den Nucleus lentiformis (Putamen und Globus pallidus),
- das Corpus amygdaloideum (Amygdala) und
- das Claustrum.
Der Nucleus lentiformis und der Nucleus caudatus können als Corpus striatum zusammengefasst werden.
Auch die Basalganglien benötigen eine Vielzahl von Leitungsbahnen, die alle ihre Strukturen miteinander verbinden. Nur so können sie fehlerfrei funktionieren. Input erhalten der Nucleus caudatus und das Putamen direkt vom Cortex cerebri, vom Thalamus, Subthalamus und von der Substantia nigra. Von dort aus werden die Informationen auf direkten und indirekten Wegen an den globus pallidus weitergeleitet.
Jeglicher Output muss durch den Globus pallidus gelangen, der die Signale integriert und analysiert und wieder zurück zu einer der höheren Strukturen sendet. Vom Globus pallidus gehen die Informationen also über den Thalamus oder diverse andere subcorticale Strukturen wieder zurück zum Cortex. Dieser Verlauf wird Basalganglienschleife genannt. Diese Schleife aus Leitungsbahnen zwischen den Basalganglien moduliert und kontrolliert komplexe Handlungsmuster. Ist sie gestört, kommt es vor allem zu motorisch auffälligen klinischen Zeichen.
Das waren ganz schön viele Informationen! Die spinalen Leitungsbahnen können echt verwirrend sein. Leider wird in den Prüfungen immer wieder nach ihnen gefragt. Teste und vertiefe daher dein Wissen mithilfe der folgenden Lerneinheiten:
Ähnliche Artikel
Artikel zu diesem Themenbereich:
Du willst mehr über das Thema Nervenbahnen lernen?
Unsere Videotutorials, interaktiven Quizze, weiterführenden Artikel und ein HD Atlas lassen dich Prüfungen mit Bestnoten bestehen.
Womit lernst du am liebsten?
”Ich kann ernsthaft behaupten, dass Kenhub meine Lernzeit halbiert hat.”
–
Mehr lesen.