Nervus glossopharyngeus
Der Nervus glossopharyngeus (Zungen-Rachen-Nerv) ist der IX. Hirnnerv und führt motorische, sensible, parasympathische und sensorische Nervenfasern.
Mit seinen Ästen innerviert er die obere Pharynxmuskulatur, sensibel das hintere Zungendrittel, Anteile des Pharynx und Teile des Ohrs, sowie parasympathisch die Parotis. Außerdem vermittelt er die Geschmacksswahrnehmung im hinteren Drittel der Zunge sowie Informationen der Chemo- und Druckrezeptoren der A. carotis communis.
Dieser Artikel beschreibt die Anatomie, den Verlauf und die Äste dieses komplexen Hirnnervens.
Ursprung | 4 Kerngebiete im Hirnstamm: Ncl. spinalis nervi. trigemini Ncl. tractus solitarii Ncl. ambiguus Ncl. salivatorius inferior |
Äste | N. tympanicus R. musculi stylopharyngei Rr. pharyngei R. sinus carotici Rr. linguales Rr. tonsillares |
Funktion | Motorisch (speziell viszero-efferent): obere Pharynxmuskulatur Parasympathisch (allgemein viszero-efferent). Glandula parotis Sensibel (allgemein somato-afferent): hinteres Zungendrittel, Anteile des Pharynx und Ohrs Sensorisch (speziell viszero-afferent): Geschmacksempfindung des hinteren Zungendrittels Sensorisch (allgemein viszero-afferent): Chemo- und Druckrezeptoren der A. carotis |
Kerngebiete
Die Fasern des N. glossopharyngeus entstammen vier Kerngebieten:
- Ncl. spinalis nervi. trigemini
- Ncl. tractus solitarii
- Ncl. ambiguus
- Ncl. salivatorius inferior
Teilweise steuern diese Kerne auch Fasern zu anderen Hirnnerven bei. Die Ncll. spinalis nervi trigemini und tractus solitarii tragen zum N. trigeminus und zum N. vagus bei, der Ncl. ambiguus gibt ebenfalls Fasern an den N. vagus ab.
Diese Verbindungen sind unter anderem embryologisch, durch die Nähe der Nerven zueinander bedingt. Der N. glossopharyngeus ist der Nerv des 3. Kiemenbogens, der N. facialis der des 2. und der N. vagus der des 4. und 5. Kiemenbogens.
Der einzige Kern, der ausschließlich zum N. glossopharyngeus beiträgt, ist der Ncl. salivatorius inferior. Er liegt sehr weit medial und entsendet parasympathische präganglionäre Efferenzen zum Ganglion oticum.
Erfahre mehr zur allgemeinen Embryologie hier:
Verlauf
Die Fasern der Kerngebiete treten als N. glossopharyngeus etwa einen halben Millimeter kranial des N. vagus aus der Medulla oblongata aus. Bei manchen Menschen sind die Nn. glossopharyngeus und vagus fast nicht voneinander zu trennen.
Bei der Präparation (am anatomischen Präparat oder intraoperativ) ist daher besondere Vorsicht geboten.
Gemeinsam mit dem N. vagus, dem N. accessorius, der A. meningea posterior und der V. jugularis interna verlässt der N. glossopharyngeus das Schädelinnere durch das Foramen jugulare.
Äste
Nach dem Durchtritt durch das Foramen gibt er mehrere Äste ab:
- N. tympanicus
- R. musculi stylopharyngei
- Rr. pharyngei
- R. sinus carotici
- Rr. linguales
- Rr. tonsillares
Der N. tympanicus zieht über den Canaliculus tympanicus von kaudal in die Paukenhöhle ein und verzweigt sich dort zum Plexus tympanicus. Dieser bildet dann ein Geflecht mit Fasern (postganglionär, sympathisch) aus dem Plexus caroticus.
Aus dem Plexus tympanicus geht der N. petrosus minor hervor, der die Vorderwand der Felsenbeinpyramide durchbricht, durch das Foramen lacerum verläuft und zum Ganglion oticum zieht.
Die aus dem Ncl. salivatorius inferior stammenden Fasern, welche im Ganglion oticum umgeschaltet wurden, schließen sich dem N. auriculotemporalis an und ziehen zur Parotis.
Der R. musculi stylopharyngei innerviert den gleichnamigen Muskel.
Die Rr. pharyngei ziehen zum Plexus pharyngeus und versorgen Teile des oberen Schlundschnürers sowie der Rachenschleimhaut.
Der R. sinus carotici verläuft zur Teilungsstelle der A. carotis communis. Seine sensiblen Äste innervieren die Wand des Sinus caroticus sowie das Glomus caroticum.
- Im Sinus caroticus münden Fasern, die vor allem Pressosensoren tragen. Sie reagieren auf einen Anstieg der Wandspannung in Folge einer Erhöhung des arteriellen Blutdruckes. Diese Informationen werden zum Hirnstamm weitergeleitet und efferente Fasern bedingen eine Verringerung der Herzfrequenz sowie eine Senkung des arteriellen Blutdrucks.
- Im Glomus caroticum befinden sich hingegen Chemosensoren. Diese registrieren eine Veränderung des arteriellen Sauerstoffpartialdruckes (PO2), des Kohlendioxidpartialdruckes (PCO2) sowie der Wasserstoffionenkonzentration (Protonen). Die Impulse gelangen bis zum Tractus solitarii, von wo aus Interneurone angesprochen werden, die nachfolgend alle respiratorischen Neuronenklassen aktivieren. Die Empfindlichkeit der Chemosensoren für den PO2 ist sehr hoch. Sie sind auch bei normalem PO2 aktiv und somit dauerstimuliert, wenngleich auch nur auf niedrigem Niveau.
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Die Rr. linguales ziehen zur Schleimhaut des Zungengrundes und führen dabei Geschmacksfasern, aber auch Fasern zur Fortleitung von Schmerz-, Temperatur- und Berührungsimpulsen sowie zur Innervation der Zungengrunddrüsen.
Rr. tonsillares gelangen zur Tonsilla palatina (Gaumenmandel) sowie der Wand des Isthmus faucium.
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Klinik
Eine eher seltene und auf Anhieb schwierig zu diagnostizierende Erkrankung ist die Glossopharyngeusneuralgie. Sie ist durch einseitige Schmerzen im Ohr, Pharynx, Zungengrund und/ oder Hals gekennzeichnet. Als pathognomonisch gilt die Schmerzauslösung durch Berührung der Tonsillen. Zudem kann es zu Synkopen durch Beteiligung von Fasern des Karotissinus kommen.
Isolierte Schäden des Nervus glossopharyngeus sind sehr selten. Sie treten in der Regel in Verbindung mit Läsionen anderer Hirnnerven oder Kerngebiete im Rahmen traumatischer oder vaskulärer Ereignisse sowie bei Malignomen auf. Auch infektiöse oder iatrogene Ursachen sind möglich.
Im Rahmen der klinischen neurologischen Untersuchung kann die Glossopharyngeus-Funktion geprüft werden. Diese ist allerdings in der Regel nicht isoliert prüfbar, sondern in der Gesamtheit des vagalen Systems.
Bei der Untersuchung wird die Auslösbarkeit des Würgereflexes mit einem Wattestäbchen oder Holzspatel geprüft. Gelingt dies, kann von der Intaktheit des Systems in der Gesamtheit ausgegangen werden.
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