Video: Kaumuskulatur
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Kauen – etwas, das wir tagtäglich tun, ohne groß darüber nachzudenken. Es passiert ganz einfach und mühelos. Soviel gibt es da sicher nicht zu koordinieren, oder? Falsch.
Bewegungen des Kiefers, oder ...
Mehr lesenKauen – etwas, das wir tagtäglich tun, ohne groß darüber nachzudenken. Es passiert ganz einfach und mühelos. Soviel gibt es da sicher nicht zu koordinieren, oder? Falsch.
Bewegungen des Kiefers, oder um den medizinischen Begriff zu benutzen, der Mandibula, sind ganz schön anstrengend. Sie müssen dynamisch genug sein, um uns das Sprechen zu ermöglichen. Sie müssen stark genug sein, um eine knackige Möhre durchzubeißen und sie müssen genug Ausdauer besitzen, wenn du während einer dreistündigen Klausur nervös auf deinem Kaugummi herumkaust. Wie schafft es die Mandibula, all diesen Anforderungen gerecht zu werden? Genau das wirst du in diesem Tutorial über die Kaumuskulatur erfahren.
Bevor wir anfangen, gebe ich dir noch eine kurze Übersicht über das, was wir in diesem Tutorial besprechen werden. Als Erstes werden wir uns einen Überblick über die Anatomie des Kiefers verschaffen. Dabei gehen wir vor allem auf die Knochenvorsprünge ein, die als Ursprung oder Ansatz für die Kaumuskulatur dienen. Anschließend werden wir uns näher mit dem Kiefergelenk beschäftigen, welches zwischen Kiefer und Schädel gebildet wird. Hierbei sehen wir uns vor allem die Morphologie des Gelenks und dessen Bewegungsumfang genauer an. Danach kommen wir zu unserem eigentlichen Thema: Der Anatomie und Funktion der vier Kaumuskeln. Dazu gehören der M. pterygoideus medialis, der M. pterygoideus lateralis, der M. masseter sowie der M. temporalis. Zum Abschluss des Tutorials gibt es wie immer ein klinisches Fallbeispiel.
Lass uns aber zunächst noch klären, warum wir diese Muskeln eigentlich besitzen. Die Kaumuskulatur ermöglicht uns die Mastikation. Dieser Begriff beschreibt den Prozess, bei dem Essen im Mund in kleinere Stückchen zermahlen und zerkaut wird. Dabei entsteht eine breiige Masse, die man auch als Bolus bezeichnet. Aber wozu brauchen wir diesen Bolus?
Dafür gibt es zwei Gründe. Hast du schon einmal versucht, ein ganzes Rosenkohlröschen herunterzuschlucken? Wahrscheinlich nicht, denn das würde mit Sicherheit nicht funktionieren. Wenn du das Röschen allerdings zerkaust, entsteht ein Bolus und du kannst es ganz einfach herunterschlucken. Außerdem stellt das Kauen den ersten Schritt im Verdauungsprozess dar. Durch das Zermalmen der Nahrung entsteht eine größere Oberfläche, an der die unterschiedlichen Verdauungsenzyme ansetzen können. Sehen wir uns jetzt die Strukturen an, die wir zum Kauen benötigen.
Wie schon angekündigt, beginnen wir mit dem Unterkieferknochen, der Mandibula. Falls du dich fragst, warum wir uns in einem Tutorial über Muskeln einen Knochen anschauen, dann liegt dies daran, dass der Unterkieferknochen der Ansatzpunkt für all unsere vier Kaumuskeln ist. Deshalb ist es hilfreich, die wichtigsten Strukturen dieses Knochens zu kennen. Wenn man die Mandibula isoliert betrachtet, kann man gut sehen, dass dieser Knochen aus drei Teilen besteht: dem Körper und zwei Rami. Die Verbindung zwischen Corpus mandibulae und Ramus mandibulae wird durch den Angulus mandibulae gebildet.
Ihre besondere Form erhalten die beiden Rami von zwei Knochenvorsprüngen beziehungsweise Processus, die sich nach superior erstrecken. Ventral liegt der Processus coronoideus, dorsal befindet sich der Processus condylaris. Der Processus condylaris kann in zwei Abschnitte eingeteilt werden. Der etwas dünnere Knochenabschnitt wird als Collum mandibulae bezeichnet. Am kranialen Ende des Collum mandibulae verbreitert sich der Knochen zum Caput mandibulae. Das Caput mandibulae bildet die untere Gelenkfläche des Kiefergelenks und ist deshalb fast vollständig mit Gelenkknorpel bedeckt.
In dieser Abbildung siehst du, dass das Caput mandibulae mit der Fossa mandibularis des Os temporale artikuliert. Aus diesem Grund wird das Kiefergelenk auf Latein auch Articulatio temporomandibularis genannt, da es vom Os temporale sowie vom Os mandibulare der Mandibula gebildet wird. Auf Deutsch nennt man es auch Temporomandibulargelenk oder kurz TMG.
Das Kiefergelenk hat einen besonderen Aufbau. Denn es passt nicht in eine typische synoviale Gelenkhöhle, wie es zum Beispiel bei einem Drehgelenk oder einem Kugelgelenk der Fall ist. Um welchen Gelenktyp handelt es sich dann? Wenn wir etwas aus dem Bild herauszoomen und uns das Kiefergelenk im Längsschnitt ansehen, kann man erkennen, dass es sich um ein Drehscharniergelenk handelt. Ein Scharniergelenk bewegt sich normalerweise lediglich um eine Achse. Ein Beispiel dafür ist die Flexion und Extension im Ellenbogen- oder Kniegelenk. Was genau macht nun das Drehscharniergelenk aus?
Bei diesem Gelenktyp ist die Gelenkkapsel durch die Gelenkscheibe in zwei Kammern aufgeteilt, wie du hier sehen kannst. Die kraniale, diskotemporale Kammer ist für Translationsbewegungen zuständig. Translation bezeichnet das Vor- und Zurückziehen der Mandibula. Die kaudale, diskomandibuläre Kammer ermöglicht Scharnierbewegungen und somit das Öffnen und Schließen des Mundes. Durch die Einteilung in zwei Kammern besitzt das Kiefergelenk große Bewegungsfreiheit, ohne dass es an Stabilität verliert, wie es bei einem Kugelgelenk der Fall wäre. Das war es schon zur Mandibula und dem Kiefergelenk, wenn du Genaueres über diese beiden Strukturen erfahren möchtest, dann kannst du alles darüber in den entsprechenden Artikeln auf unserer Website herausfinden.
Kommen wir jetzt zum eigentlichen Thema dieses Tutorials: der Kaumuskulatur. Wie vorhin bereits erwähnt, besitzen wir 4 Kaumuskeln: die Mm. pterygoidei medialis und lateralis sowie den M. masseter und den M. temporalis. Beginnen wir mit dem oberflächlich gelegenen M. masseter.
Der Masseter ist der stärkste Kaumuskel und hat eine rechteckige Form. Er ist von einer dünnen, aber sehr starken Faszie bedeckt, die ihn von den umgebenden Strukturen trennt. Eine dieser Strukturen ist die Glandula parotidea mit dem dazugehörigen Ductus parotideus, die sich anterolateral des M. masseter auf dessen Oberfläche erstreckt. Der Masseter wird unterteilt in eine Pars superficialis und eine Pars profunda.
In grün markiert siehst du hier den oberflächlichen Teil des Muskels. Sein Ursprung befindet sich an den vorderen zwei Drittel des Arcus zygomaticus. Von dort verläuft der Muskel nach kaudal zu seinem Ansatzpunkt an der Tuberositas masseterica des Angulus mandibulae.
Etwas tiefer gelegen findest du die Pars profunda des M. masseter. Sie entspringt an der Unterseite des hinteren Drittels des Arcus zygomaticus. Auch wenn es in dieser Abbildung nicht so wirkt, ist der tiefe Anteil des Masseters größer und stärker ausgeprägt als sein oberflächliches Gegenstück. Seine Fasern verlaufen ebenfalls nach kaudal und setzen dort an der Außenseite des Ramus mandibulae auf Höhe des Processus coronoideus an. Trotz des etwas unterschiedlichen Verlaufs besitzen beide Muskelanteile dieselbe Innervation und Blutversorgung. Der Masseter wird durch den N. massetericus innerviert, ein Ast des N. mandibularis. Die Blutversorgung wird durch die A. masseterica gewährleistet, die aus der A. maxillaris stammt.
Diese Gefäße merkst du dir am besten gleich, denn die A. maxillaris und der N. mandibularis sind für die Versorgung der gesamten Kaumuskulatur zuständig.
Wenn beide Anteile des M. masseter kontrahieren, hebt sich die Mandibula und der Mund wird geschlossen. Dadurch werden deine Zähne aufeinander gedrückt, sodass die Nahrung, die sich dazwischen befindet, zerdrückt werden kann. Außerdem ermöglicht diese Bewegung den Kieferschluss und somit das Greifen und Abbeißen eines Nahrungsstücks. Wenn lediglich die Pars superficialis angespannt wird, dann kommt es zur Protrusion, also zum Vorschieben des Unterkiefers.
Gehen wir über zum nächsten Kaumuskel, dem M. temporalis. Dies ist ein flacher, fächerförmiger Muskel an der lateralen Seite des Schädels. Er bedeckt einen Großteil des Os temporale, woher auch sein Name stammt. Da der Muskel so groß ist, kann man ihn ganz einfach ertasten, indem man den Mund öffnet und schließt. Kannst du ihn fühlen?
Der M. temporalis entspringt in der Fossa temporalis sowie an der Fascia temporalis, die den Muskel komplett bedeckt. Dabei wird der Muskel kranial von der Linea temporalis inferior begrenzt. Von dort verläuft er durch die Lücke zwischen dem Arcus zygomaticus und dem Schädel. Hier bildet er eine große Sehne, mit der er an der Spitze sowie an der Innenseite des Processus coronoideus der Mandibula ansetzt.
Der M. temporalis wird von zwei Ästen des N. mandibularis versorgt, genauer gesagt von den Nn. temporales profundi anterior und posterior, die du hier sehen kannst. Die Blutversorgung wird durch die Aa. temporales profundae anterior und posterior gewährleistet. Dies sind Äste der A. maxillaris.
Der M. temporalis kann in zwei funktionelle Einheiten unterteilt werden, die sich in ihrem Faserverlauf unterscheiden. Bei einer Kontraktion beider Muskelanteile wird der Unterkiefer angehoben und der Mund verschlossen. Dabei spielen vor allem die vorderen, vertikal verlaufenden Muskelfasern eine Rolle. Der hintere Muskelanteil trägt ebenfalls zu dieser Bewegung bei. Seine Hauptfunktion besteht allerdings in der Retrusion, also dem Zurückziehen des Unterkiefers nach hinten. Der M. temporalis ist damit der einzige Kaumuskel, der eine Retrusion durchführen kann.
Um uns die nächsten Muskeln anschauen zu können, müssen wir unsere Ansicht etwas verändern. Dafür entfernen wir einen Teil des Jochbeins sowie den M. temporalis. Nun können wir einen Blick auf die Mm. pterygoidei werfen.
Beginnen wir mit dem M. pterygoideus lateralis, den du hier in grün markiert siehst. Er befindet sich oberhalb des M. pterygoideus medialis und besitzt zwei Muskelköpfe. Diese bilden zusammen eine dreieckige Form. Sehen wir uns den kleineren superioren Kopf sowie den größeren inferioren Kopf nun etwas genauer an.
In dieser Abbildung ist das Caput superius des M. pterygoideus lateralis in grün hervorgehoben. Sein Ursprung liegt an der Crista infratemporalis des Os sphenoidale. Von dort ziehen seine Fasern nach dorsal, um am Discus articularis des Kiefergelenks anzusetzen.
Sehen wir uns jetzt den größeren, inferior gelegenen Muskelkopf an. Dieser entspringt an der lateralen Fläche der Lamina lateralis des Processus pterygoideus des Os sphenoidale. Das kannst du hier in der Abbildung gut erkennen.
Die Fasern des inferioren Muskelkopfes ziehen direkt zur Mandibula. Dort setzen sie in der Fovea pterygoidea an, die am Hals des Processus condylaris zu finden ist. Beide Anteile des M. pterygoideus lateralis werden von den Nn. pterygoidei laterales innerviert. Dies sind, wie du dir sicher schon denken kannst, Äste des N. mandibularis. Die Blutversorgung wird durch die Rami pterygoidei der A. maxillaris gewährleistet.
Bleiben noch die Funktionen dieses Muskels. Lass dich hierbei nicht von der kleinen Erscheinung des Muskels täuschen, er hat nämlich gleich mehrere Funktionen. Die horizontal verlaufenden Fasern des M. pterygoideus lateralis ziehen den Kopf des Processus condylaris nach anterior und inferior. Wenn dieser Muskel auf beiden Seiten des Unterkiefers kontrahiert, kommt es somit zur Protrusion und einem Absinken der Mandibula. Dabei wird das Kinn von den Mm. pterygoidei laterales nach vorne geschoben. Diese Bewegung ist vor allem zu Beginn der Mundöffnung wichtig. Im weiteren Verlauf der Mundöffnung spielen dann aber der M. digastricus sowie der M. geniohyoideus eine größere Rolle. Diese gehören zur suprahyoidalen Muskulatur. Wichtig zu wissen ist, dass der M. pterygoideus lateralis der einzige Kaumuskel für die Kieferöffnung ist. Alle anderen Kaumuskeln dienen dem Kieferschluss.
Wie vorhin besprochen, setzt der obere Muskelkopf direkt am Diskus des Kiefergelenks an. Bei einer Kontraktion dieses Muskelanteils wird der Discus mandibularis also nach ventral gezogen. Dadurch wird die Gelenkscheibe in ihrer Position zwischen dem Caput mandibulae und der Fossa condylaris gehalten, sodass sie während der Protrusion nicht nach hinten rutscht. Der obere Muskelkopf sorgt außerdem dafür, dass das Caput mandibulae während der Retrusion und dem Kieferschluss durch den M. temporalis im Kiefergelenk bleibt. Der M. pterygoideus lateralis stabilisiert damit das Kiefergelenk und schützt es so vor Dislokationen und anderen Verletzungen.
Doch das ist noch nicht alles. Die Mm. pterygoidei laterales können nämlich auch Bewegungen zur Seite bewirken, wenn sie einseitig kontrahieren. Damit du besser verstehst, was ich damit meine, betrachten wir den Kiefer einmal von dorsal. Kommt es zur einseitigen lateralen Anspannung von einem der beiden Mm. pterygoidei laterales, dann wird das Caput mandibulae auf derselben Seite nach medial gedreht. Dadurch bewegt sich der Unterkiefer nach medial und ermöglicht das Zermalmen und Mahlen des Essens zwischen den Zähnen.
Der M. pterygoideus lateralis ist jedoch nicht der einzige Muskel, der diese Mahlbewegungen erzeugen kann. Auch der M. pterygoideus medialis hat diese Funktion. Diesen werden wir uns nun als Nächstes ansehen.
Der M. pterygoideus medialis bildet gemeinsam mit dem M. masseter eine Art Muskelschlinge, die den Unterkiefer umfasst. Das ist jedoch nicht die einzige Gemeinsamkeit zwischen diesen beiden Muskeln. Der M. pterygoideus medialis hat eine ähnliche Funktion, ist ebenfalls viereckig und kann in eine Pars superficialis und in eine Pars profunda eingeteilt werden. Lass uns mit dem oberflächlichen Muskelanteil beginnen.
Die Pars superficialis des M. pterygoideus medialis hat ihren Ursprung in der Fossa pterygoidea sowie am Processus pterygoideus des Os sphenoidale. Sie entspringt somit genau unterhalb und hinter den Weisheitszähnen – oder wo diese sein sollten, falls sie entfernt wurden.
Der Ansatz dieses Muskelanteils befindet sich an der Tuberositas pterygoidea des Angulus mandibulae.
Die Pars profunda des M. pterygoideus medialis entspringt an der medialen Fläche der Lamina lateralis des Processus pterygoideus des Os sphenoidale. Das waren jetzt sehr viele Begriffe hintereinander. Um das Ganze verständlicher zu machen, nehmen wir uns kurz Zeit, um uns den Processus pterygoideus genauer anzuschauen.
Hier siehst du das Os sphenoidale von dorsal. Die beiden Processus pterygoidei sind in grün hervorgehoben. Jeder Processus besitzt eine Lamina medialis und eine Lamina lateralis. Jede Lamina besitzt eine laterale und eine mediale Fläche. Soweit so gut, aber wo liegen hier die Mm. pterygoidei? Eigentlich ist es gar nicht so kompliziert, denn sie setzen beide hier an der Lamina lateralis an. Um das zu veranschaulichen, betrachten wir das Os sphenoidale nun einmal in seiner Position im Schädel und zwischen den Muskeln. Hier kannst du sehen, dass der untere Muskelkopf des M. pterygoideus lateralis seinen Ursprung an der lateralen Fläche der Lamina lateralis hat. Der tiefe Muskelkopf des M. pterygoideus medialis hingegen entspringt an der medialen Fläche des Processus pterygoideus. Ich hoffe, ich konnte dir damit einen besseren Überblick verschaffen. Aber nun zurück zu den Ansatzpunkten.
Glücklicherweise besitzen beide Muskelköpfe denselben Ansatz – nämlich die Tuberositas pterygoidea des Angulus mandibulae. Der M. pterygoideus medialis wird durch den N. pterygoideus medialis innerviert. Dieser ist ebenfalls ein Ast des N. mandibularis. Auch die Blutversorgung kannst du dir ganz einfach merken. Diese erfolgt nämlich - genau wie beim M. pterygoideus lateralis - durch die Rr. pterygoidei aus der A. maxillaris.
Die bilaterale Kontraktion der Mm. pterygoidei mediales ist zwar nicht so stark wie die des Masseters, trotzdem ist sie wichtig für die Elevation der Mandibula. Damit tragen sie zum Kieferschluss bei. Die Mm. pterygoidei mediales unterstützen außerdem die Mm. pterygoidei laterales bei der Protrusion der Mandibula, wenn sie beidseitig kontrahieren. Bei einer einseitigen Kontraktion entstehen Seitwärtsbewegungen, die das Zermahlen der Nahrung ermöglichen.
Damit haben wir nun alle Muskeln besprochen. Sehen wir uns nun ein klinisches Fallbeispiel zu diesem Thema an.
Die temporomandibuläre Dysfunktion, kurz TMD, beschreibt Schmerzen und Funktionsstörungen der Kaumuskulatur sowie des Kierfergelenks. Diese Dysfunktion kann unterschiedliche Ursachen haben. Allerdings weiß man bis heute nicht genau, inwiefern diese Faktoren zusammenspielen und das Syndrom begünstigen. Es wird angenommen, dass manche Menschen eine Prädisposition für eine solche Dysfunktion haben, die durch genetische, hormonelle und anatomische Faktoren beeinflusst wird.
Eine temporomandibuläre Dysfunktion kann durch ein physisches Trauma entstehen, wie z.B. durch ein stumpfes Trauma oder ein Schleudertrauma. In diesem Fall spricht man von einem posttraumatischen temporomandibulären Syndrom. Oft sind die Gründe für die Entstehung der Symptome jedoch nicht bekannt. Dann spricht man von einer idiopathischen temporomandibulären Dysfunktion. Unabhängig von der Ursache unterscheidet man zwischen der muskelbezogenen und der gelenkbezogenen Dysfunktion.
Muskelbezogen bedeutet, dass die Schmerzen ihren Ursprung in der Kaumuskulatur haben. Meistens entstehen diese im Zusammenhang mit einer pathologischen Muskelfunktion, einer Entzündung oder einer Hyperaktivität der betroffenen Muskeln. Wenn es sich hingegen um ein gelenkbezogenes Syndrom handelt, dann entstehen die Schmerzen meist durch die Degeneration des Kiefergelenks.
Zu den typischen Symptomen dieses Syndroms gehören Schmerzen und Empfindlichkeit gegenüber Berührungen sowie Verspannungen der Kaumuskulatur. Auch eine Einschränkung des Bewegungsumfangs im Kiefergelenk ist möglich. Außerdem kann es zu Geräuschen bei Bewegungen des Kiefergelenks kommen, wie zum Beispiel einem Klicken, Knacksen oder Knirschen. Die Geräusche entstehen durch eine Verlagerung der Gelenkscheibe bei Bewegungen der Mandibula.
Diese Symptome werden für die klinische Diagnosestellung genutzt. Außerdem kann emotionaler Stress, wie z.B. eine Depression oder Angstzustände, zu einer Verschlechterung dieser Symptome führen.
Die Therapie erfolgt multidisziplinär und ist von der Ursache abhängig. Ist beispielsweise ein Trauma Ursache der Dysfunktion, kann diese meistens operativ behandelt werden. Eine kognitive Verhaltenstherapie ist hingegen hilfreich, wenn die Symptome durch hohen emotionalen Stress ausgelöst werden. Bei den meisten Patienten werden entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente eingesetzt, um die Symptome zu lindern. Wenn zusätzlich Ursachen wie Stress und weitere begünstigende Faktoren vermindert werden können, ist die Prognose sehr gut. Bei Patienten, die eine chronische Schädigung des Gelenks oder eine Prädisposition für Arthritis aufweisen, ist die Prognose jedoch schlechter.
Bevor wir gleich zum Ende des Tutorials kommen, fasse ich noch einmal kurz für dich zusammen, was wir heute alles gelernt haben.
Die Mastikation ist der Prozess des Mahlens und Kauens von Nahrung. Für diesen Prozess sind drei Strukturen notwendig: die Mandibula, das Kiefergelenk und die vier Kaumuskeln. Der Unterkiefer ist ein U-förmiger Knochen, der das untere Drittel deines Gesichts formt. Er besteht aus einem Corpus, zwei Anguli, zwei Rami, zwei Processus coronoidei sowie zwei Processus condylares. Der Kopf des Processus condylaris artikuliert mit dem Os temporale des Schädels. Zusammen bilden sie das Temporomandibulargelenk.
Dieses Gelenk ist eine spezielle Form des Drehscharniergelenks, da seine Gelenkkapsel durch einen Diskus in zwei Kammern aufgeteilt wird. Die kraniale diskotemporale Kammer ermöglicht Translationsbewegungen, während die kaudale diskomandibuläre Kammer Scharnierbewegungen zulässt. Diese Bewegungen werden durch die vier Kaumuskeln ausgeführt. Der erste Muskel, den wir uns dazu angesehen haben, ist der M. masseter.
Der Masseter ist der kräftigste Kaumuskel und besteht aus zwei Teilen – der Pars superficialis und der Pars profunda. Er wird durch den N. massetericus innerviert. Beide Muskelanteile sind zuständig für die Elevation der Mandibula, also den Kieferschluss. Durch diese Bewegung kannst du deinen Mund schließen und einen großen Bissen von einem Apfel abbeißen. Der oberflächliche Teil des Masseters ist außerdem an der Protrusion beteiligt, wodurch der Unterkiefer nach vorne geschoben wird.
Der M. temporalis ist der größte unter den Kaumuskeln. Er besteht aus den ventral liegenden, vertikalen Muskelfasern und den dorsal gelegenen, horizontalen Fasern. Diese werden durch die Nn. temporales profundi des N. mandibularis innerviert. Die Funktion dieses Muskels liegt in der Elevation des Unterkiefers. Die hinteren Fasern können zusätzlich eine Retrusion bewirken.
Der M. pterygoideus lateralis besitzt einen superioren und einen inferioren Muskelkopf. Der gesamte Muskel wird durch den N. pterygoideus lateralis innerviert. Bei einer bilateralen Kontraktion dient der inferiore Muskelkopf als wichtigster Protrusor. Die Protrusion ermöglicht dann das Absenken des Unterkiefers. Der obere Muskelkopf sorgt dafür, dass die Gelenkscheiben während der Protrusion an ihrer Stelle oberhalb des Caput mandibulae bleiben. Außerdem verhindert er, dass das Caput mandibulae während der Retrusion und Elevation durch den M. temporalis zu weit nach dorsal gezogen wird. Bei einer unilateralen Kontraktion löst der M. pterygoideus lateralis eine Bewegung in Richtung des nicht kontrahierenden Muskels aus. Dabei entstehen Mahlbewegungen.
Der M. pterygoideus medialis ist gewissermaßen eine kleine Version des Masseters, wenn es um den Verlauf der Muskelfasern und die Funktion geht. Außerdem kann er ebenfalls in eine Pars superficialis und eine Pars profunda eingeteilt werden – genau wie der M. masseter. Beide Muskelköpfe werden durch den N. pterygoideus medialis innerviert. Kommt es zu einer unilateralen Kontraktion, dann unterstützt dieser Muskel den M. pterygoideus lateralis bei der Seitwärtsbewegung der Mandibula. Die bilaterale Kontraktion des Muskels bewirkt eine Elevation und Protrusion des Unterkiefers.
Und damit sind wir am Ende dieses Tutorials angekommen. Viel Spaß beim Lernen und bis zum nächsten Mal!