Blutversorgung des Gehirns
Eine ausreichende und kontinuierliche Sauer- und Nährstoffversorgung ist für den Erhalt und die Funktionstüchtigkeit der Neuronen im Gehirn von großer Bedeutung. Sie wird über die paarig angelegte Arteriae vertebrales und carotides internae sichergestellt, die ein weitreichendes Gefäßnetz bilden.
Bereits eine kurzzeitige vollständige Unterbrechung des Blutstroms von 20 Sekunden oder ein signifikanter Abfall der Sauerstoffsättigung führt zu irreversiblen Schäden an den Neuronen.
Dieser Artikel erläutert die Anatomie und Funktion der drei größten gehirnversorgenden Arterien - der A. vertebralis, A. basilaris und A. carotis interna - und den venösen Abfluss des Gehirns.
A. vertebralis |
Ursprung: A. subclavia Äste: Aa. spinalis anterior und posterior, A. cerebelli inferior posterior |
A. basilaris |
Ursprung: Vereinigung von linker und rechter A. vertebrales Äste: A. cerebelli inferior anterior, A. cerebelli superior, A. cerebri posterior |
A. carotis interna |
Ursprung: A. carotis communis Endäste: Aa. cerebri anterior und media |
- Arterien des Gehirns
- Blut-Hirn-Schranke und Blut-Liquor-Schranke
- Venen und Sinus des Gehirns
- Klinik
- Literaturquellen
Arterien des Gehirns
Die Blutversorgung des Gehirns erfolgt über einen vorderen und hinteren Kreislauf. Der vordere entsteht durch die paarige A. carotis interna und ihren Verzweigungen, der hintere durch die paarige A. vertebralis sowie ihren Ästen.
Arteria vertebralis
Die A. vertebralis entstammt aus der A. subclavia und steigt durch die Foramina transversaria an der Halswirbelsäule entlang, bis sie am Ende über das Foramen magnum in den Schädel und zum Gehirn gelangt. Hier verläuft sie ventral der Medulla oblongata, ihrem hauptsächlichen Versorgungsgebiet, nach kranial. Vor der Vereinigung der rechten und linken A. vertebralis gehen jeweils drei größere wichtige Äste ab.
- Die A. spinalis anterior entspringt intradural und verläuft vor der Medulla oblongata nach mediokaudal. Die Arterien beider Seiten schließen sich nach wenigen Zentimetern zu einem Gefäß zusammen.
- Die A. spinalis posterior verläuft dorsal der Medulla oblongata und ist für die Versorgung des Plexus choroideus und zervikalen Rückenmarks zuständig.
- Die A. cerebelli inferior posterior (PICA) ist der größte Ast und geht in variabler Höhe von der A. vertebralis ab. Meist verläuft sie um die Medulla oblongata und die Kleinhirntonisilien nach dorsal, um das Kleinhirn mit Blut zu versorgen.
Arteria basilaris
Am Übergang von der Medulla oblongata zum Pons schließen sich die linke und rechte Aa. vertebrales zur A. basilaris zusammen. Sie verläuft im Sulcus basilaris weiter in der Medianebene und versorgt über feine direkte Gefäßzweige (Arteriae pontis oder Rami ad pontem) den Pons. Am kranialen Ende des Pons zweigt sie sich auf, wobei ihre Äste spezialisierte Versorgungsbereiche haben.
- Die A. cerebelli inferior anterior (AICA) ist der erste große Ast der A. basilaris und verläuft in Richtung des Kleinhirnbrückenwinkels. Über ihre weiteren Verzweigungen versorgt sie das Innenohr und den vorderen Bereich des Kleinhirns.
- Die A. cerebelli superior (SCA) geht kurz vor der Aufzweigung der A. basilaris in die Aa. cerebri posteriores ab. Sie ist an der Blutversorgung des Mesencephalon und des Kleinhirns beteiligt.
- Die A. cerebri posterior (PCA) ist der paarige Endast der A. basilaris. Sie umgreift das Mesencephalon und wird in vier Gruppen mit unterschiedlichen Versorgungsgebieten und entsprechend verlaufendenen Gefäßästen unterteilt: kortikale Äste (Temporal- und Okzipitallappen), Äste zum Thalamus, Äste zum Plexus choroideus und mesencephale Äste.
Arteria carotis interna
Die A. carotis interna geht beidseitig an der Karotisgabel aus der A. carotis communis hervor. In der Vagina carotica verläuft sie bis zur Schädelbasis, wo sie über den Canalis caroticus zum Gehirn gelangt. Hier verläuft sie lateral des Chiasma opticum und gliedert sich in ihre Endäste auf, die Aa. cerebri anterior und media.
- Die A. cerebri anterior (ACA) verläuft in der Fissura longitudinalis cerebri nach ventral und biegt dann nach dorsal in Richtung Sulcus parietooccipitalis ab. Mit ihren zahlreichen Ästen versorgt sie die mediale Großhirnhemisphäre im Bereich des Frontal- und Parietallappens.
- Die A. cerebri media (MCA) verläuft im Sulcus lateralis zum lateralen Anteil der Großhirnhemisphäre. Dabei gibt sie kleine Äste ab, die die Capsula interna, das Striatum, Pallidum und den Thalamus versorgen.
Zwei weitere wichtige Äste der A. carotis interna sind die Aa. communicans anterior und posterior. Durch diese werden die A. cerebri anterior, media und posterior zum Circulus arteriosus cerebri (Circulus Willisii) verbunden. Damit stehen der vordere und hintere Hirnkreislauf an der Schädelbasis in Kontakt. Dieser Kollateralkreislauf sorgt auch dafür, dass bei einer Minderdurchblutung eines Gefäßes das entsprechende Versorgungsgebiet weiterhin ausreichend versorgt wird.
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Blut-Hirn-Schranke und Blut-Liquor-Schranke
Um zu verhindern, dass neben den zahlreichen notwendigen Stoffen auch gesundheitsschädliche in die Hirnsubstanz gelangen, sind die Kapillarwände in den einzelnen Versorgungsgebieten morphologisch mit einem selektiv wirkenden Barrieresystem (Blut-Hirn-Schranke) ausgestattet. Dadurch können geladene, hydrophile Substanzen sowie viele Krankheitserreger die Blut-Hirn-Schranke nur sehr schwer oder gar nicht überwinden.
Am Plexus choroideus, dem Ort der Liquorbildung und -resorption, ergibt der Aufbau der Kapillaren eine Blut-Liquor-Schranke, die ähnlich selektiv wirkt und den Stoffaustausch zwischen Blut und Liquor reguliert.
Venen und Sinus des Gehirns
Das Blut aus dem Gehirn wird über oberflächliche (Vv. cerebri superiores) und tiefe Venen (Vv. cerebri profundae) in die venösen Sinus bis hin zur V. jugularis interna in Richtung des Halses abgeführt.
Die oberflächlichen Venen leiten das Blut aus den äußeren Anteilen des Gehirns ab. Sie treten durch die Pia mater hindurch und verlaufen zunächst als Brückenvenen weiter im Subarachnoidalraum. Diese münden in den Sinus sagittalis superior ein, der am Ansatz der Falx cerebri verläuft.
Das Blut aus dem Inneren des Gehirns gelangt über tiefe zerebrale Venen zunächst in den Sinus sagittalis inferior oberhalb des Balkens und vorn dort weiter zum Sinus rectus. Die Sinus sagittalis superior und rectus münden am Confluens sinuum ein, an den sich der Sinus transversus anschließt. Nach kurzem Verlauf nach kaudal setzt letzterer sich schließlich als Sinus sigmoideus fort.
An der Gehirnbasis zwischen den Keilbeinkörpern befindet sich der Sinus cavernosus, der das Blut aus dem Temporallappen, Orbital- und oberflächlichen Gesichtsvenen erhält. Da in ihm die A. carotis interna sowie eine Reihe von Hirnnerven verlaufen, ist eine bakterielle Infektion (z.B. durch ein Furunkel im Gesicht) besonders kritisch.
Der Sinus cavernosus steht über kleinere Kanäle ebenfalls mit dem Confluens sinuum und dem Sinus sigmoideus in Verbindung. Mit der V. jugularis interna wird der Sinus sigmoideus fortgeführt und das Blut letztlich aus dem Schädel abgeführt.
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Klinik
Verschiedenste Erkrankungen der arteriellen Gefäße können das Risiko für Hirnblutungen und daraus folgende zerebrale Ausfälle erhöhen. Die zerebrale arteriovenöse Malformation (AVM) beispielsweise ist eine angeborene Gefäßfehlbildung, bei der Kurzschlussverbindungen zwischen den Arterien und Venen des Gehirns bestehen.
Durch ein fehlendes Kapillarbett sind die Gefäße weniger druckresistent, was eine Dilatation bis hin zur Bildung eines Aneurysmas begünstigt. Mitunter wird die Erkrankung erstmalig durch Parenchymblutungen, Ischämien, epileptische Anfälle oder Kopfschmerzen symptomatisch.
Zur Minderung des Blutungsrisikos können therapeutisch eine Operation, Embolisation oder Strahlentherapie erwogen werden.
AVM sind insgesamt recht selten.
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