Arteria cerebri anterior
Die Arteria cerebri anterior (vordere Hirnarterie) ist ein paariger Endast der A. carotis interna. In der Klinik wird sie oft mit ACA abgekürzt.
Sie wird in eine Pars praecommunicalis (A1-Segment) und eine Pars postcommunicalis (A2-Segment) gegliedert.
Diese Einteilung bezieht sich auf die Lage relativ zur A. communicans anterior, welche die Gefäße beider Seiten miteinander verbindet.
In diesem Artikel gehen wir genauer auf die Anatomie, den Verlauf und die Funktion der Arteria cerebri anterior ein.
Ursprung | A. carotis interna |
Äste |
A1-Segment: Aa. centrales anteromediales A. communicans anterior A2-Segment: A. pericallosa A. callosomarginalis A. centralis longa A. polaris frontalis A. frontobasalis media |
Funktion | Versorgung der basalen und medialen Seite des Frontal- und Parietallappens, das Corpus callosum und tiefer liegende Strukturen |
Verlauf und Äste
Die A. cerebri anterior ist - neben der A. cerebri media - der zweite Endast der A. carotis interna. Sie wandert im Spalt zwischen den Großhirnhemisphären (Fissura longitudinalis cerebri), windet sich um das Corpus callosum (Balken) und läuft nahezu bis zum Sulcus parietooccipitalis.
Sie speist mit ihren Ästen die basale und mediale Seite des Frontal- und Parietallappens, das Corpus callosum und tiefer liegende Strukturen (v.a. den Ncl. caudatus und die Capsula interna).
A1-Segment
Das A1-Segment reicht vom Ursprung bis zur Verbindung der rechten und linken A. cerebri anterior durch die A. communicans anterior. Es ist damit Teil des Circulus arteriosus cerebri (Circulus Willisi) und durchschnittlich etwa 13,5 mm lang und rund 2 mm dick.
Feine Äste dieses Segments versorgen zentrale Bereiche des basalen Vorderhirns und des Thalamus, später treten sie in die Substantia perforata anterior, den Hypothalamus und das Corpus callosum ein:
- Aa. centrales anteromediales (Aa. lenticulostriatae mediales): etwa 8-12 dünne Äste. Sie versorgen das Rostrum, das Genu corporis callosi sowie vordere Abschnitte des Hypothalamus bis zum Infundibulum, außerdem Teile des Caput nuclei caudati und die Commissura anterior. (Achtung: Arterienäste gleichen Namens gehen auch aus der A. communicans anterior ab, daher muss bei Angabe der Äste ein Hinweis auf den Ursprung des Gefäßes gegeben werden)
- A. communicans anterior: verbindet die A. cerebri anterior beidseits über der Fissura longitudinalis cerebri miteinander.
A2-Segment
Das A2-Segment der Arterie steigt zum Rostrum corporis callosi auf und biegt um das Genu corpus callosum nach dorsal. Dort erfolgt die Aufzweigung in die zwei Endäste:
- A. pericallosa - läuft entlang des Corpus callosum, speist es mit zahlreichen kleinen Ästen und mündet in der Cisterna pericallosa im Subarachnoidalraum.
- A. callosomarginalis - Zieht im Sulcus cinguli und versorgt den Gyrus cinguli und Gyrus frontalis superior.
Im Bereich der Mantelkante anastomosieren die Endäste der A. callosomarginalis mit denen der A. cerebri media. Weitere Verbindungen bestehen im Bereich des Sulcus parietooccipitalis mit der A. cerebri posterior. Diese Anastomosen sind ein Grund dafür, dass bei Verschluss eines Stammes die neurologischen Ausfälle nur schwach ausgeprägt sein können oder ganz fehlen.
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Weitere Äste des A2-Segments sind:
- A. centralis longa (A. striata medialis distalis) - entspringt direkt nach dem Ursprung der A. communicans anterior, macht eine scharfe Umkehr und läuft nahezu parallel zum A1-Segment zurück. Sie wird daher klinisch auch A. recurrens (Heubner) genannt. Die Arterie versorgt den Ncl. caudatus, Ncl. lentiformis, das Putamen und die Capsula interna. Dieser Verlauf findet sich in etwa 60% der Fälle. In rund 30% entspringt sie aus der A. communicans anterior und in rund 10% aus dem A1-Segment.
- A. polaris frontalis und A. frontobasalis medialis (A. orbitofrontalis medialis) - versorgen die mediale Hälfte der basalen Fläche des Vorderhirns sowie den Pedunculus und Bulbus olfactorius.
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Klinik
Infarkte im Stromgebiet der A. cerebri anterior sind relativ selten und in der Regel einseitig lokalisiert. Entspringen beide Arteriae aus nur einer A. carotis interna, ist der Infarkt häufig bilateral. Basiert ein solcher Infarkt auf einer (hochgradigen) Stenose der A. carotis interna, kommt es ggf. zu einer Flussumkehr in der A. communicans posterior, d.h. sie wird dann retrograd aus der A. basilaris durchflossen. Bei normaler Anlage der Gefäße sind einseitige Infarkte der A. cerebri anterior wegen der guten Anastomosierung häufig klinisch stumm.
Im Rahmen endovaskulärer Eingriffe ist gelegentlich ein Zugang über die A. cerebri anterior über das Communicans-Gefäße hin zur Gegenseite die einzige Möglichkeit, die andere Körperseite zu erreichen. Dies gilt beispielsweise dann, wenn die A. carotis communis bzw. interna der betroffenen Seite stark stenosiert ist.
Die Dilatation stenosierter, in der Regel verkalkter Gefäße, geht mit einem hohen embolischen Risiko einher (Lösung von Fett- und Gerinnselthromben während des Eingriffes). Die Wegfindung über die A. cerebri anterior benötigt zwar etwas weniger Zeit und geht, im Gegensatz zur Dilatation, mit keinem Embolierisiko einher, jedoch ist das Gefäß wegen seines geringen Durchmessers anfällig für Rupturen. Eine solche Ruptur und folgende Einblutung ist neurochirurgisch relativ schwierig zu stillen.
Kann keine der beiden Wege gewählt werden, ändert sich die Situation der Patient:innen gegebenenfalls von einer potentiell therapeutischen hin zu einer palliativen.
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