Rückenmark (Medulla spinalis)
Das Rückenmark (Medulla spinalis) ist der Teil des zentralen Nervensystems, der im Spinalkanal der Wirbelkörper unserer Wirbelsäule verläuft.
Es stellt die Verbindung zwischen dem kraniellen ZNS und der Peripherie dar und besteht aus einer dichten Ansammlung von Neuronen und ihren Axonen.
Es leitet Informationen aus Hirnstamm und höheren Zentren des Gehirns in die Peripherie (Efferenz) und umgekehrt (Afferenz). Darüber hinaus kann das Rückenmark über einen Eigenapparat bestimmte Impulse selbstständig direkt verarbeiten.
In diesem Artikel werden wir näher auf die Anatomie und Histologie des Rückenmarks eingehen.
Lage | Im knöchernen Wirbelkanal (Canalis vertebralis) der Wirbelsäule |
Aufbau |
Rückenmarksegmente: Pars cervicalis: C1 bis C8 Pars thoracica: Th1 bis Th12 Pars lumbalis: L1 bis L5 Pars sacralis: S1 bis S5 Pars coccygea: Co1 |
Histologie |
Graue Substanz (Substantia grisea): besteht aus Zellkörpern (Perikaryen) von Nervenzellen. Weiße Substanz (Substantia alba): besteht aus Axonen und Dendriten. |
Rückenmarkshäute |
Pia mater spinalis: liegt dem Rückenmark fest an und bildet seine direkte Umhüllung Arachnoida mater spinalis: liegt der Dura mater flächenhaft an und besitzt Arachnoidaltrabekel, die sie mit der Pia mater verbinden Dura mater spinalis: umhüllt das Rückenmark im gesamten Bereich des Wirbelkanals ist jedoch nicht mit dem Periost verbunden |
Blutversorgung |
Arteria spinalis anterior und posterior Vena spinalis anterior und posterior |
- Lage
- Aufbau
- Rückenmarkshäute
- Aufhängung
- Histologie
- Gliederung
- Blutversorgung
- Klinik
- Literaturquellen
- Ähnliche Artikel
Lage
Das Rückenmark liegt geschützt im knöchernen Wirbelkanal (Canalis vertebralis) und wird von Rückenmarkshäuten umhüllt.
Aufbau
Die Form des Rückenmarks entspricht der eines schmalen Stabes mit einem Durchmesser von etwa 1 cm, einer Länge von ca. 40 bis 45 cm und einem Gewicht von durchschnittlich 30g.
Es wird segmental in fünf Teile gegliedert:
- Pars cervicalis
- Pars thoracica
- Pars lumbalis
- Pars sacralis
- Pars coccygea
An zwei Stellen, der Intumescentia cervicalis (auf Höhe von C4-Th1) sowie der Intumescentia lumbosacralis (auf Höhe von Th10-Th12), ist es verdickt, weil von dort aus neben dem Rumpf zusätzlich die Extremitäten versorgt werden. Die Verdickung kommt durch die dafür notwendigen zusätzlichen Neurone und das Volumen ihrer Zellkörper zustande.
Makroskopisch finden sich an der Oberfläche fünf Längsfurchen:
- Fissura mediana anterior (ventromedian)
- Sulcus anterolateralis dexter et sinister (ventrolateral)
- Sulcus medianus posterior (dorsomedian)
- Sulcus posterolateralis (dorsolateral bis an die Medulla oblongata)
- Sulcus intermedius posterior (dorsal nur im kranialen Abschnitt, paarig)
Kaudal endet das Rückenmark kegelförmig und spitz zusammenlaufend im Conus medullaris.
An seiner Spitze schließt sich ein dünner bindegewebiger Faden (Filum terminale) an, der bis zum untersten Abschnitt des Os coccygis läuft.
Rückenmarkshäute
Die folgenden Rückenmarkshäute umhüllen das Rückenmark:
- Pia mater spinalis
- Arachnoidea mater spinalis
- Dura mater spinalis
Die Meningen des Rückenmarks gehen ohne eine spezifische Barriere oder Unterbrechung direkt in die des Hirnstammes über. Der Aufbau der Hirnhäute im Gehirn (Meninx encephali) entspricht im Wesentlichen denen des Rückenmarks. Gemeinsam sind sie Teil der Liquorzirkulation des Zentralnervensystems.
Pia mater spinalis
Die Pia mater spinalis liegt dem Rückenmark fest an und bildet seine direkte Umhüllung. Sie besteht, genau wie die Pia mater encephali des Gehirns, aus zwei Schichten:
- Lamina interna (Intima)
- Lamina externa (Epipia), enthält kollagene und elastische Fasern
Auf die Pia mater folgt die Arachnoidea mater, zwischen beiden liegt ein Spaltraum, der Subarachnoidalraum (Spatium subarachnoideum). In diesem befinden sich die ein- und austretenden Fasern des Vorder- und Hinterhorns.
Arachnoida mater spinalis
Die Arachnoida mater liegt der Dura mater flächenhaft an und besitzt einige wenige Arachnoidaltrabekel, die sie mit der Pia mater verbinden.
Sie enthält keine Leitungsbahnen und Mechansosensoren, weswegen sie nicht schmerzempfindlich ist und nicht auf mechanische Reize reagiert.
Die Versorgung mit Sauerstoff erfolgt vor allem durch Diffusion aus dem Kapillarbett der Dura mater.
Dura mater spinalis
Die Dura mater umhüllt das Rückenmark im gesamten Bereich des Wirbelkanals als lang gezogener Durasack, ist dabei jedoch nicht mit dem Periost verbunden. Zwischen Dura mater und Knochen liegt der Epiduralraum (Spatium epidurale), bestehend aus lockerem Bindegewebe und durchsetzt mit reichlich Fettgewebe sowie einem ausgeprägten Venenplexus (Plexus venosus vertebralis internus).
Der Durasack besitzt seitliche Ausziehungen, die den Austritt der Spinalwurzeln ermöglichen. Diese gehen im Bereich der Foramina intervertebralia kontinuierlich in die Bindegewebskapsel und das Epineurium von Spinalganglion und Spinalnerven über.
Die Dura mater besitzt ein gut entwickeltes Kapillarbett mit teilweise fenestriertem Endothel, das die Arachnodia mitversorgt.
Bei den Arterien handelt es sich um Rr. durales sowie Aa. radiculares aus den Rr. spinales verschiedener vorgeschalteter Arterien. Ventral und dorsal besteht eine Verbindung mit Arterien der Wirbel, im oberen Zervikalmark bestehen direkte Verbindungen zu Meningealarterien der Aa. vertebrales und Aa. inferior posterior cerebelli.
Der Blutabfluss erfolgt über den Plexus venosus vertebralis internus.
Die Rr. meningei der Spinalnerven versorgen die Dura mater sensibel. Dabei treten sie rückläufig durch das jeweilige Foramen intervertebrale an die Dura mater und teils an die Pia mater heran.
Aufhängung
Das Rückenmark wird durch drei Systeme verankert und gestützt: das paarig angelegte Ligamentum denticulatum, die Arachnoidaltrabekel sowie den Liquor cerebrospinalis.
Um die Lage des Rückenmarkes konstant zu halten und Bewegungen in Richtung seiner Begrenzungen auf Grund von Trägheitskräften zu verhindern, ist es durch die Ligamenta denticulata fixiert. Jeweils eines davon hat seinen Ursprung lateral, wobei es leicht nach dorsal versetzt ist und in Richtung Spinalganglion läuft.
Ventral und dorsal befinden sich außerdem von der Arachnoidea mater abgehende Arachnoidaltrabekel. Sie sind spärlich verteilt und verlaufen septumartig, median findet sich eine verdichtete Ansammlung (Septum posterius).
Beide Systeme bestehen aus kollagenem Bindegewebe und können durch ihre Spannung geringen Krafteinwirkungen entgegenwirken.
Zusätzlich ist das Rückenmark von Liquor umgeben, der Stöße und andere Bewegungen, denen der Körper ausgesetzt ist, mechanisch abfängt.
Das Nervensystem zu verstehen geht leichter, wenn die Strukturen aktiv trainiert werden. Erleichtere dir das mit unseren Arbeitsblättern zum Beschriften!
Histologie
Ein menschliches adultes Rückenmarkspräparat ist in der Regel zu groß für einen einzelnen Objektträger. Daher werden meist Tierpräparate verwendet, die einen vollständigen Blick auf das gesamte Rückenmark erlauben.
Im Querschnitt ist in nahezu jeder Färbung die typische Schmetterlingsform des Rückenmarks zu erkennen. Ventral findet sich die Fissura mediana anterior, dorsal der Sulcus medialis dorsalis sowie Anschnitte der versorgenden Gefäße.
Das Parenchym ist unterteilt in die graue Substanz (Substantia grisea), die ihre dunkle Färbung durch die in ihr liegenden Perikaryen erhält, sowie die weiße Substanz (Substantia alba). Sie ist die äußere der beiden Schichten und besteht aus Axonen und Dendriten.
Vom Vorderhorn (Columna ventralis) der Substantia grisea gehen Fasern ab, die nahezu alle motorischer Qualität sind, die Radix ventralis.
Ins Hinterhorn (Columna posterior) führen sensible Fasern, die in ihrer Gesamtheit als Radix dorsalis bezeichnet wird.
An der äußeren Begrenzung von Rückenmarkspräparaten lässt sich meist die Pia mater spinalis erkennen.
Gliederung
Makroskopisch ist das Rückenmark durch die Spinalnerven in Segmente unterteilt. Ein Spinalnerv besteht jeweils aus Vorder- und Hinterwurzel, die aus dem Vorderhorn entspringen bzw. im Hinterhorn münden.
Die Gesamtheit aller Fasern des Rückenmarks bildet den Leitungsapparat. Dieser beinhaltet das afferente und das efferente Wurzelsystem, welches Impulse aus der Peripherie nach zentral (zum Gehirn) leitet und umgekehrt.
Sind zwischen afferenten und efferenten Fasern nur Zellen des Rückenmarks eingeschaltet, handelt es sich um den Eigenapparat.
Der Leitungsapparat bedingt den inneren Aufbau des Rückenmarks, bestehend aus der weiße und grauen Substanz.
Das Rückenmark ist außerdem somatotop gegliedert, d.h. bestimmten Regionen der Peripherie sind bestimmte Neuronengruppen zugeordnet. Dies trifft vor allem auf Motoneurone und sensible Hinterwurzelneurone zu.
Annähernd alle Prozesse laufen auf großen Strecken über die gesamte Länge des Rückenmarks ab – rein segmentale Verarbeitungsvorgänge existieren praktisch nicht. Auch "monosynaptische" Reflexe laufen in der Regel über mehr als eine Schaltstelle.
Blutversorgung
Arterien
Das Gefäßsystem des Rückenmarks ist ein komplexes Geflecht, dessen arterielle Versorgung aus drei Quellgebieten stammt. Die größte Arterie ist die Arteria spinalis anterior, die ventral in der Fissura mediana anterior verläuft.
Dorsal ziehen im linken und rechten Sulcus posterolateralis die Arteriae spinales posteriores kaudalwärts. Im Verlauf werden diese Arterien von Ästen der A. subclavia, Aorta descendens und Aa. iliacae gespeist.
Venen
Das venöse Blut fließt hauptsächlich in zwei longitudinal verlaufende Venenpaare (V. spinalis anterior und posterior), die in der Fissura mediana anterior bzw. Sulcus medianus posterior liegen. Von dort wird es in den epiduralen Plexus venosus vertebralis internus weitergeleitet.
Vom Venengeflecht im Wirbelkanal drainiert es nun über segmentale Vv. radiculares, die durch die Foramina intervertebralia ziehen, in die großen zentralen Venen des Körpers.
Zum Abschluss kannst du dein Wissen zum Rückenmark mit unserem Quiz testen:
Möchtest du mehr über das Rückenmark erfahren, bieten dir die folgende Lerneinheiten weiterführende Informationen:
Klinik
Tumore, Entzündungen, Durchblutungsstörungen oder andere degenerative Prozesse können Schäden des Rückenmarks hervorrufen.
Im Falle einer Durchtrennung des Rückenmarks kommt es zu einer Querschnittslähmung, welche mit den heutigen therapeutischen Möglichkeiten im Wesentlichen noch irreparabel ist. Mithilfe elektrophysiologischer Verfahren lassen sich zumindest teilweise quergestreifte Muskeln wieder stimulieren. Dabei kommen sogenannte Nervenschrittmacher zum Einsatz, welche efferente Impulse imitieren. Bei vollständiger Durchtrennung ist das nicht möglich.
Tumoren des Rückenmarks sind insgesamt eher selten. Astrozytome, Ependymome und Neuroblastome zählen zu den häufigsten Erkrankungen. Sie zeigen sich meist durch Schmerz, motorische Ausfälle und Inkontinenz. Die Lokalisation des Tumors, extradural, intradural oder intramedullär, kann in der Kernspintomographie festgestellt werden. Die Therapie richtet sich dann nach der Histologie des Tumors.
Ähnliche Artikel
Artikel zu diesem Themenbereich:
Du willst mehr über das Thema Rückenmark (Medulla spinalis) lernen?
Unsere Videotutorials, interaktiven Quizze, weiterführenden Artikel und ein HD Atlas lassen dich Prüfungen mit Bestnoten bestehen.
Womit lernst du am liebsten?
”Ich kann ernsthaft behaupten, dass Kenhub meine Lernzeit halbiert hat.”
–
Mehr lesen.