Rückenmark und Spinalnerven
Du kennst doch sicher die folgende Situation: Du hast vergessen, dass du dein Handy in die Gesäßtasche gesteckt hast und beim Hinsetzen hörst du ein Knacken... Du zuckst für einen Moment zusammen und denkst: "Oh, hoffentlich war das nur meine Wirbelsäule".
Nun, auch wenn ein kaputtes Display so viel kostet wie eine Niere auf dem Schwarzmarkt, garantieren wir dir, dass nichts so viel wert ist wie ein gesundes Rückenmark. Dein Rückenmark ist wichtig, um Impulse vom Gehirn zum Körper zu leiten und Reflexe zu erzeugen, die dich täglich reibungslos funktionieren lassen.
Aus diesem Grund konzentrieren wir uns auf dieser Seite auf die Anatomie des Rückenmarks. Wir werden dir einen Überblick darüber verschaffen, warum diese dünne gelbe Struktur eine wesentliche Voraussetzung für die normale Funktion deines Körpers ist.
Definition und Funktion | Ein Teil des zentralen Nervensystems innerhalb der Wirbelsäule, das Informationen zwischen dem Gehirn und den peripheren Körperbereichen übermittelt. |
Struktur und Segmente |
Es besteht aus einer äußeren Schicht weißer Substanz und der innen liegenden grauen Substanz. Innerhalb seines Verlaufs besteht das Rückenmark aus cervikalen, thorakalen, lumbaren, sakralen und coccygealen Abschnitten |
Spinalnerven |
31 Nervenpaare gehen vom Rückenmark aus und innervieren die verschiedenen Körperstrukturen: 8 Paare cervikal 12 Paare thorakal 5 Paare lumbar 5 Paare sakral 1 Paar coccygeal |
Rückenmark
Das Rückenmark ist ein Teil des Zentralnervensystems (ZNS) und befindet sich im Wirbelkanal der Wirbelsäule. Während der menschlichen Entwicklung kommt es zu einem Missverhältnis zwischen dem Wachstum des Rückenmarks und der Wirbelsäule: Das Rückenmark wächst ab einem Alter von ungefähr vier Jahren nicht mehr, während die Wirbelsäule bis zu einem Alter von 14-18 Jahren wächst. Aus diesem Grund nimmt das Rückenmark bei Erwachsenen nur die oberen zwei Drittel des Wirbelkanals ein.
Das Rückenmark ist eine Fortsetzung des Hirnstamms (Truncus encephali). Es erstreckt sich vom Foramen magnum an der Schädelbasis bis zu den Wirbeln auf Höhe von L1/L2 und endet dort als Conus medullaris. Ein dünner Faden, das Filum terminale, zieht dann von der Spitze des Conus medullaris bis zum 1. Sakralwirbel und verankert das Rückenmark dort.
In seinem Verlauf weist das Rückenmark zwei Verdickungen auf: eine auf zervikaler Ebene (obere Extremitäten) und eine auf lumbosakraler Ebene (untere Extremitäten). Sie entstehen durch die erhöhte neuronale Dichte in diesen Bereichen, die zur Versorgung der Extremitäten erforderlich sind.
Wie auch die Wirbelsäule ist das Rückenmark in Abschnitte unterteilt: Hals-, Brust-, Lenden-, Sakral- und Steißabschnitt. Jeder Abschnitt des Rückenmarks bildet mehrere Paare von Spinalnerven, die durch die Foramina intervertebralia aus dem Wirbelkanal austreten. Es gibt acht Hals-, zwölf Brust-, fünf Lenden-, fünf Sakral- und ein Steißbein-Nervenpaar (insgesamt 31 Paare).
Querschnitt
Das Rückenmark besteht, wie auch andere Teile des ZNS, aus grauer und weißer Substanz. Es zeigt vier Oberflächen: anterior, posterior und zwei lateral. Die Oberflächen weisen Fissuren (anterior) und Sulci (anterolateral, posterolateral und posterior) auf.
Die graue Substanz ist der schmetterlingsförmige zentrale Teil des Rückenmarks und besteht aus neuronalen Zellkörpern. Sie bildet vordere, seitliche und hintere Hörner. Die weiße Substanz umgibt die graue Substanz und besteht aus Axonen. Sie enthält Verbindungen, die das Gehirn mit dem Rest des Körpers verbinden.
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Meningen des Rückenmarks
Das Rückenmark und die Wurzeln des Spinalnervs werden von drei Häuten umgeben, die Meningen genannt werden. Das äußerste Haut ist die Dura mater, darunter liegt die Arachnoidea und am tiefsten liegt die Pia mater.
Die Dura mater besteht aus zwei Schichten (Stratum periostale oder "äußeres Blatt" und Stratum meningeale das "innere Blatt"), welche sich an einigen Stellen trennen und die so genannten Sinus bilden. Der Raum zwischen Arachnoidea und Pia mater ist der Subarachnoidalraum und mit Liquor cerebrospinalis gefüllt.
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Blutversorgung
Die arterielle Versorgung des Rückenmarks und der Wirbel erfolgt über die unpaare A. spinalis anterior sowie eine paarig angelegte A. spinalis posterior (Spinalarterien).
Die A. spinalis anterior entspringt aus den Aa. vertebrales, welche sich auf Höhe des 1.-2. zervikalen Spinalnervensegmentes zu einem Stamm vereinigen. Die Aa. spinales posteriores entstammen in der Regel ebenfalls der A. vertebralis und verlaufen an der Dorsalseite des Rückenmarks.
Das venöse Blut des Rückenmarks fließt in zwei Venenpaare (V. spinalis anterior und posterior) ab. Von dort wird es in den epiduralen Plexus venosus vertebralis internus weitergeleitet. Von diesem Venengeflecht drainiert es dann über segmentale Vv. radiculares, die durch die Foramina intervertebralia ziehen, in die großen zentralen Venen des Körpers.
Die Blutversorgung ist immer ein unvermeidlicher Bestandteil jeder anatomischen Lerneinheit. Hier erfährst du alles, was du über die Blutversorgung des Rückenmarks wissen solltest.
Bahnen
In der weißen Substanz des Rückenmarks befinden sich eine Vielzahl an auf- und absteigenden Bahnen. Sowohl die linke als auch die rechte Hälfte des Rückenmarks ist in drei Funiculi unterteilt: Vorderstrang (Funiculus anterior), Seitenstrang (Funiculus lateralis), Hinterstrang (Funiculus posterior)
Vorderstrang (Funiculus anterior) |
Aufsteigend Tractus spinothalamicus anterior Tractus spinoolivaris Tractus spinoreticularis Tractus spinotectalis Absteigend Tractus corticospinalis anterior Tractus reticulospinalis Tractus vestibulospinalis Tractus tectospinalis |
Seitenstrang (Funiculus lateralis) |
Aufsteigend Tractus spinothalamicus lateralis Tractus spinocerebellaris anterior Tractus spinocerebellaris posterior Absteigend Tractus corticospinalis lateralis Tractus reticulospinalis Tractus rubrospinalis Tractus olivospinalis |
Hinterstrang (Funiculus posterior) |
Aufsteigend Tractus spinobulbaris |
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Spinalnerven
Abhängig davon, von welchem Abschnitt des Rückenmarks sie ausgehen, werden die Spinalnerven in zervikale (C1-C8), thorakale (T1-T12), lumbale (L1-L5), sakrale (S1-S5) und einen coccygealen Nerven eingeteilt.
Die Unterteilung des Rückenmarks in verschiedene Abschnitte entspricht der Entwicklung während der Schwangerschaft, in der das Rückenmark den gesamten Wirbelkanal einnimmt. Aus diesem Grund befindet sich im Erwachsenenalter, wenn die Wirbelsäule länger als das Rückenmark ist, jedes Spinalnervensegment höher als sein entsprechender Wirbel (Ausnahme C1 bis C4). Diese Unterschiede werden in den Lenden- und Sakralabschnitten des Rückenmarks besonders deutlich - das Spinalnervensegment L5 befindet sich zum Beispiel auf Höhe des L1-Wirbels.
Spinalnerven hingegen treten an den Wirbeln aus, die ihrer Nummerierung entsprechen. Die Spinalnerven der Halswirbelsäule ab C3 treten durch die Foramina intervertebralia direkt über ihren entsprechenden Wirbeln aus, während die Spinalnerven der Brust-, der Lenden- und der Sakralwirbel direkt darunter austreten. Damit die weiter distal gelegenen Spinalnerven austreten können, müssen sie zuerst im Wirbelkanal absteigen. Dadurch zählen die lumbalen und sakralen Spinalnerven zu den längsten Spinalnerven und bilden ein Bündel, das als Cauda equina (Pferdeschwanz) bezeichnet wird.
Jeder Spinalnerv hat eine vordere und hintere Wurzel. Die vorderen Wurzeln übertragen motorische Informationen, stammen aus den vorderen Hörnern der grauen Substanz und treten durch den anterolateralen Sulkus aus dem Rückenmark aus. Die hinteren Wurzeln erhalten sensible Informationen. Vor der Hinterwurzel befindet sich das Spinalganglion.
Die vorderen und hinteren Wurzeln gehen kurz vor dem Foramen intervertebrale ineinander über und bilden den Stamm des Spinalnervs. Der gemeinsame Stamm ist nur sehr kurz und teilt sich nach dem Austritt aus der Wirbelsäule in vier Äste: Ramus anterior, Ramus posterior, Ramus communicans und Ramus meningeus.
Reflexbogen
Ein großer Teil der Funktion des Rückenmarks steht unter dem Einfluss des Gehirns, da dieses Informationen an die Peripherie weiterleitet und aus der Peripherie empfängt. Es gibt aber auch viele Reflexe, die unabhängig vom Gehirn im Rückenmark erzeugt werden. Reflexe sind entweder monosynaptisch oder polysynaptisch.
An den monosynaptischen Reflexbögen (Eigenreflex) sind nur zwei Neurone beteiligt, ein sensibles und ein motorisches. Das Neuron der ersten Ordnung (sensibel) befindet sich im Ganglion spinale, während sich das Neuron der zweiten Ordnung (motorisch) im vorderen Horn des Rückenmarks befindet. Das sensible Neuron sammelt Impulse aus dem Muskel und sendet diese Informationen an das Motoneuron, das den Muskel innerviert. Das Motoneuron bewirkt daraufhin eine Kontraktion des innervierten Muskels. Ein Beispiel für einen monosynaptischen Reflex ist der Dehnungsreflex wie z.B. der Patellarsehnenreflex.
Bei polysynaptischen Reflexen (Fremdreflexe) sind dagegen mehrere Neurone beteiligt. Neben einem sensiblen und einem motorischen Neuron sind zusätzlich auch ein oder mehrere Interneurone zwischengeschaltet, wodurch die Kommunikation indirekt stattfindet. Sie sind komplexer als monosynaptische Reflexe, da sie ganze Muskelgruppen anstelle nur eines einzelnen Muskels ansprechen. Ein Beispiel ist der Cornealreflex.
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