Spinalganglion
Ein Spinalganglion ist eine spindelförmige Auftreibung an der Hinterwurzel (Radix posterior) jedes Spinalnervs.
Die Axone sensibler Neurone ziehen über die Hinterwurzel in das Rückenmark. Ihre Perikaryen liegen im Spinalganglion.
Innerhalb der Spinalganglien finden sich keine Synapsen, da es sich bei den Neuronen um pseudounipolare Neurone handelt.
In diesem Artikel werden die Anatomie, Histologie und Funktion vom Spinalganglion beschrieben.
Lage und Aufbau |
Spindelförmig geformte Auftreibung der Hinterwurzel (Radix posterior) jedes Spinalnervens Besteht aus Ansammlungen neuronaler Zellkörper |
Histologie |
Perikaryen pseudounipolarer sensibler Neurone und Nervenfasern im Inneren Dicht gepackte Zellen und Fasern Septenbildendes Bindegewebe |
Embryologie |
Entstehung beidseits des Neuralrohrs aus Neuralleiste Fortsätze bipolarer Neurone bilden gemeinsamen, T-förmig aufgabelnden Stamm (pseudounipolare Neurone) |
Funktion | Somato- und viszeroafferente Fasern leiten sensible Informationen aus Haut, Skelettmuskulatur, Gelenken, Eingeweiden und Meningen zum Hinterhorn des Rückenmarks |
Lage
Die Spinalganglien liegen in der Hinterwurzel der Spinalnerven.
Jeder Spinalnerv ist einem Rückenmarkssegment zugeordnet. Die efferenten Anteile des Nervs entspringen an der Vorderwurzel (Radix anterior), die afferenten Anteile an der Hinterwurzel (Radix posterior) der grauen Substanz des Rückenmarks. Nach Verlassen des Wirbelkanals vereinigen sie sich zum Spinalnerv.
Pro Rückenmarkssegment ist beidseits je ein Spinalganglion ausgebildet, das im Bereich der Foramina intervertebralia zwischen zwei benachbarten Wirbeln liegt.
Aufbau
Spinalganglien sind spindelförmig und relativ klein, ihr Längsdurchmesser beträgt 4 bis 7 mm.
Die äußere Hülle eines Spinalganglions besteht aus straffem kollagenen Bindegewebe, das geflechtartig aufgebaut ist. Die Kapsel setzt sich nach zentral in die Dura mater des Rückenmarks und nach peripher in das Epineurium des Spinalnervenstammes fort.
An die Kapsel aus straffem kollagenen Bindegewebe schließt sich eine Ummantelung aus lockerem kollagenen Bindegewebe an, die stark vaskularisiert ist. Der Aufbau aus lockerem Bindegewebe erlaubt den Durchtritt von Gefäß- und Nervenästen zur Versorgung des Ganglieninneren.
Nach innen schließt sich an das Bindegewebe der Kapsel das Perineurium an. Dieses geht einerseits in das Perineurium des Spinalnervs über und andererseits in das Neurothel zwischen Dura mater spinalis und Arachnoidea mater spinalis.
Innerhalb der Kapsel findet sich reichlich lockeres Bindegewebe mit vielen Zellen, vor allem Mastzellen. Das Stroma weist ein Milieu auf, das dem des Liquor cerebrospinalis recht ähnlich ist.
Zudem ist das Ganglion sehr stark vaskularisiert. Das Endothel der intraganglionären Gefäße ist weniger dicht als im restlichen ZNS sowie in peripheren Nerven. Die sich daraus ergebende erhöhte Permeabilität erklärt womöglich die erhöhte Empfindlichkeit von Neuronen der Ganglien gegenüber Pathogenen und neurotoxischen Substanzen.
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Histologie
Innerhalb des Ganglions liegen die Perikaryen der Ganglienzellen dicht beieinander und in Gruppen angeordnet. Der Zellkern ist jeweils zentral gelegen, der Nukleolus ist gut abgrenzbar.
Um jede Ganglienzelle herum finden sich Mantelzellen. Diese wirken zunächst wie zusätzliche Zellkerne. Sie können allerdings identifiziert werden, denn sie haben nur einen Bruchteil der Größe des Zellkerns der Ganglienzelle und ihr eigener Zellkern ist in der Hämatoxylin-Eosin-Färbung (HE-Färbung) stärker angefärbt. Er erscheint in einem kontrastreicheren Blauton.
Das gesamte Spinalganglion ist von einer Kapsel umgeben. Diese besteht aus straffem Bindegewebe und bildet Septen, die in das Parenchym hineinreichen. Das Bindegewebe ist schwach vaskularisiert, in den Septen und nahe der Ganglienzell-Gruppen finden sich jedoch größere Mengen an Blutgefäßen. Die einzelnen Ganglienzell-Gruppen sind ebenfalls von Bindegewebe umgeben, welches mit den Septen in Verbindung steht.
Im Zytoplasma der Ganglienzellen findet sich eine feine Körnung, die als Nissl-Substanz bezeichnet wird. Sie entspricht einer Häufung von rauem endoplasmatischen Retikulum und freien Ribosomen, ist also ein Hinweis auf intensive Proteinbiosynthese. Bei manchen Zellen sind Nissl-Substanz-freie, meist dreieckige Aussparungen erkennbar, das Axoninitialsegment.
Embryologie
Spinalganglien entstehen beidseits des Neuralrohrs aus Zellen der Neuralleiste.
Sie werden zunächst als bipolare Neurone angelegt. Die ausgebildeten Fortsätze wachsen aufeinander zu und bilden einen gemeinsamen Stamm, der sich T-förmig aufgabelt.
Aufgrund dieser Entwicklung werden die Neurone als pseudounipolar bezeichnet.
Funktion
Die im Ganglion enthaltenen Neurone bestehen aus sensiblen Fasern, die Signale, die von Rezeptoren in der Peripherie registriert wurden, an das ZNS weiterleiten.
Dabei leiten ihre somatoafferenten Fasern sensible Informationen aus der Haut, der Skelettmuskulatur und den Gelenken. Die viszeroafferenten Fasern leiten die Informationen aus den Organen und den Meningen des Rückenmarks weiter.
Die somato- und viszeroafferenten Fasern gelangen über den Ramus anterior und den Ramus posterior des Spinalnervs zum Spinalganglion, die meningealen Fasern über den Ramus meningeus des Spinalnervs.
Im Spinalganglion findet keine Umschaltung statt. Die Fasern gelangen zum Hinterhorn des Rückenmarks, wo sie umgeschaltet werden.
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Klinik
Eine Erkrankung, bei der die aus der Peripherie zum Spinalganglion führenden Fasern gehäuft betroffen sind, ist das Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Dabei handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung mit der Bildung von Autoantikörpern gegen Strukturen des peripheren Nervensystems.
Die Erkrankung betrifft etwa 1 von 100.000 Personen und bevorzugt junge Männer. Rund ein Viertel der Betroffenen haben in direktem zeitlichen Zusammenhang einen respiratorischen Infekt oder einen Infekt des Gastrointestialtraktes durchgemacht.
Sofern ein Erreger nachgewiesen wird, handelt es sich meist um Campylobacter jejuni, aber auch virale Erreger wie Epstein-Barr, Varizella-Zoster und Influenzaviren sowie Mykoplasmen werden diskutiert. Auch Impfungen, v.a. gegen Tetanus, Polio, Influenza oder Tollwut können ein GBS triggern.
Bei der klassischen Form des GBS finden sich entzündliche Läsionen, die zum Untergang von Markscheiden führen. In der Nähe der Läsionen finden sich Lymphozyten und Makrophagen. Bevorzugt sind die Spinalwurzeln sowie proximale Nervenabschnitte befallen.
Die Demyelinisierung steht bei diesem Geschehen pathophysiologisch im Vordergrund, üblicherweise bleiben die Axone erhalten. Eine axonale Beteiligung ist allerdings auch möglich, was die Prognose in Bezug auf eine vollständige Erholung erheblich verschlechtert.
Die Erkrankung entwickelt sich akut oder subakut über einige Wochen. Die Rückbildung der Symptome beginnt meist einige Wochen nach dem Stillstand des Progresses und kann sich über Monate hinziehen. Meist ist der Verlauf und die Prognose gut. Allerdings kommen auch protrahierte, chronische sowie schwerste Verläufe vor.
Kennzeichnendes Symptom sind symmetrische Lähmungen mit proximaler Betonung. Vegetative Begleitscheinungen sowie Hirnnervenausfälle sind ebenfalls typisch.
Das GBS ist eine klinische Diagnose aus der Zusammenschau vor allem von Liquoruntersuchung, Elektroneurographie, EMG und vegetativer Anamnese.
Referenzstandard in der Behandlung ist die Gabe von Immunglobulinen oder die Durchführung einer Plasmapherese. Die Gabe von Kortikosteroiden bringt keinen Nutzen, was beachtlich ist, als da diese üblicherweise Standard in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen sind. Der Wirkmechanismus der Immunglobulin-Gabe ist noch immer nicht abschließend geklärt.
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