Video: Retroperitoneum
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Hallo, ich bin Steffi von Kenhub und ich begrüße euch zu einem neuen Tutorial. Heute bespreche ich mit euch das Retroperitoneum.
Das Retroperitoneum ist ein Sammelbegriff für alle Strukturen, die sich ...
Mehr lesenHallo, ich bin Steffi von Kenhub und ich begrüße euch zu einem neuen Tutorial. Heute bespreche ich mit euch das Retroperitoneum.
Das Retroperitoneum ist ein Sammelbegriff für alle Strukturen, die sich dorsal des parietalen Peritoneums, also des Bauchfells, befinden – sie sind hier grün markiert.
In diesem Tutorial werde ich euch die Organe und Gefäße des Retroperitonealraums zeigen. Dabei betrachten wir vor allem diese Abbildung – eine Darstellung der Bauchhöhle aus der ventralen Ansicht. Behaltet im Hinterkopf, dass alle Strukturen, die wir heute besprechen, als „retroperitoneal“ bezeichnet werden können.
Bevor wir ins Retroperitoneum vordringen, möchte ich euch kurz einige Strukturen des parietalen Peritoneums zeigen. Dazu zunächst noch einmal zum Hintergrund: Das Peritoneum, also die Bauchhaut, besteht aus zwei Blättern. Das parietale Blatt, welches die Wände der Bauchhöhle auskleidet und das viszerale Blatt, das die intraperitoneal gelegenen Organe umschließt.
Grün markiert ist die Plica umbilicalis mediana, eine Längsfalte des kaudalen parietalen Peritoneums. Auf Deutsch heißt sie mediane Nabelfalte. Wenn diese Falte zurück in ihre ursprüngliche anatomische Position gebracht würde, dann verliefe sie vom Bauchnabel zur Harnblase. In dieser Falte befindet sich der Urachus. Das ist ein Relikt der Allantois, eines passageren Ganges der Fetalentwicklung. Eine weitere Längsfalte des parietalen Perinoneums ist die Plica umbilicalis medialis, die mediale Nabelfalte. Diese paarige Struktur befindet sich links und rechts der Plica umbilicalis mediana. Passt auf, dass ihr diese sehr ähnlichen Namen nicht verwechselt! Als Eselsbrücke kann man sich merken, dass die Plica umbilicalis mediana näher an der Medianlinie liegt. Die Plicae umbilicales mediales haben ein „L“ in ihrem Namen und liegen weiter lateral. Sie sind Relikte der fetalen Umbilikalarterien und werden bei laparoskopischen Operationen von Leistenhernien als Orientierungspunkte genutzt.
Noch einmal zur Erinnerung: Als Retroperitonealraum, bezeichnet man denjenigen Raum, der sich hinter dem parietalen Blatt des Peritoneums befindet. Strukturen dieses Raumes stehen also nur mit ihrer Vorderseite oder gar nicht mit dem Peritoneum in Kontakt. Im Gegensatz dazu zählen Strukturen, die sich in den Intraperitonealraum vorwölben und vom viszeralen Peritoneum umgeben sind, als intraperitoneal. Ein Beispiel dafür wäre das Colon sigmoideum. Es ist von Peritoneum umgeben und durch seine Duplikatur auf der Rückseite an der dorsalen Bauchwand fixiert. Eine solche Duplikatur des Peritoneums, die den Magen oder einen Teil des Darms befestigt, bezeichnet man als Mesenterium. Handelt es sich um einen Dickdarmabschnitt, sagt man Mesocolon und fügt dann die genauere Bezeichnung an, also z.B. Mesocolon sigmoideum oder Mesocolon transversum. Auf Deutsch kann man dazu auch Gekröse sagen. In diesem Fall Sigmagekröse. Der hier grün markierte Bereich, stellt die Wurzel des Mesocolon sigmoideum dar. Zu dieser Ansicht käme man, wenn man das Sigmoid samt peritonealem Überzug und Duplikatur an seinem Ansatz abschneiden würde. Das Mesenterium des Dünndarms entspringt dieser Struktur hier. Das ist die Radix mesenterii, die Gekrösewurzel. Sie verläuft diagonal vom Ende des Duodenums zur Darmbeingrube und ist beim Erwachsenen circa 15 cm lang.
Jetzt kommen wir zu den retroperitonealen Strukturen, beginnend mit der Ren dextra, der rechten Niere. Die Nieren haben wichtige Funktionen im Elektrolyt- und Flüssigkeitshaushalt des Körpers. Außerdem sind sie endokrin aktiv. Die rechte Niere befindet sich dorsal des parietalen Peritoneums und leicht kaudal der linken Niere, weil die Leber im rechten Oberbauch viel Platz einnimmt. Auf der rechten Abbildung ist die Zwerchfellseite der Leber in grün markiert. Etwas später in diesem Tutorial gehe ich auf die Signifikanz dieser Oberfläche genauer ein. Kranial und etwas medial der rechten Niere befindet sich die Glandula suprarenalis dextra, die rechte Nebenniere. Die Nebennieren sind endokrine Organe, die Hormone und Steroide wie Adrenalin und Cortisol produzieren und ausschütten. In dieser Abbildung ist die Ren sinister, die linke Niere, in grün markiert. Sie liegt ebenfalls retroperitoneal, ist in der Regel etwas größer und liegt etwas höher als ihr rechtes Gegenstück.
Medio-kranial der linken Niere ist die Glandula suprarenalis sinistra, die linke Nebenniere lokalisiert. Sie ist etwas größer als die rechte, wobei beide nur etwa fünf Gramm wiegen. Ein großer Teil der Leberoberfläche wird vom Peritoneum überzogen. Ein kleiner Anteil ist jedoch unbedeckt und steht in direktem Kontakt zur rechten Zwerchfellhälfte, das ist die Facies diaphragmatica hepatis, die Zwerchfellseite der Leber. Diese nackte Fläche ist eine Fortsetzung des retroperitonealen Raums. Pathologische Prozesse können über diesen Raum in die Brusthöhle gelangen – umgekehrt geht das natürlich auch. Die Vv. hepaticae, die Lebervenen, liegen ebenfalls retroperitoneal. Sie entspringen dem inneren Lebergewebe als kleine Venolen. Diese Venen verlaufen größtenteils innerhalb der Leber und verlassen diese nur, um im retroperitonealen Raum in die Vena cava inferior zu drainieren. In dieser Abbildung könnt ihr drei Vv. hepaticae ausmachen, die in die V. cava inferior münden.
Zwischen den Nieren liegt eine weitere retroperitoneal gelegene Struktur: Das Duodenum, der Zwölffingerdarm. Er besteht aus vier Anteilen: Der Pars superior, der Pars descendens, der Pars horizontalis und der Pars ascendens. Der größte Teil des Duodenums liegt im Retroperitoneum, nur die Pars superior liegt intraperitoneal. Wenn ihr euch schon gefragt habt, was das hier für eine Struktur über der Pars superior des Duodenums ist: das ist das Ligamentum hepatuduodenale, das Leber-Zwölffingerdarm-Band. Es liegt nicht retroperitoneal, fungiert aber als Brücke für Gefäße und Fettgewebe zwischen den Anteilen des retroperitonealen Raumes.
Hier seht ihr eine große Drüse, das Pankreas oder die Bauchspeicheldrüse. Sie besteht aus vier Teilen: Einem Kopf, einem Hals, einem Körper und einem Schwanz. Die ersten drei Teile des Pankreas befinden sich retroperitoneal, da sie ventral von parietalem Peritoneum bedeckt werden. Wie die Pars superior des Duodenums liegt der Schwanz des Pankreas jedoch intraperitoneal und befindet sich im Lig. splenorenale. Das Pankreas ist eine exokrine Drüse, die Verdauungsenzyme sekretiert. Zudem hat es wichtige endokrine Funktionen. Es schüttet die Hormone Insulin und Glukagon aus, die den Zuckermetabolismus regulieren.
Kranial des Pankreas seht ihr hier eine weitere retroperitoneale Struktur. Das ist der abdominelle Teil des Ösophagus, der Speiseröhre. In grün markiert ist der Mageneingang, also der Übergang des Ösophagus zum Magen. Weiter kaudal liegt das Colon ascendens, der aufsteigende Dickdarm. Er befindet sich im rechten Abdomen und liegt ebenfalls retroperitoneal. Das Colon ascendens übernimmt – zusammen mit dem Colon transversum – den größten Teil der Wasser- und Elektrolytabsorption des Dickdarms.
In dieser Abbildung seht ihr den Teil der Bauchwand, der dorsal des Colon ascendens liegt. Es wurde also das Colon ascendens samt des Überzugs mit parietalem Peritoneum auf dessen Ventralseite entfernt. Medial davon könnt ihr den Ureter dexter, den rechten Harnleiter, ausmachen. Das ist ein dünnes Rohr, das Urin von der rechten Niere zur Harnblase transportiert. Auf der Gegenseite gibt es den entsprechenden Ureter sinister. Die Harnleiter sind etwa 25 bis 30 cm lang und besitzen muskuläre Wände, die mit peristaltischen Bewegungen den Urin befördern. Sie überkreuzen die jeweilige A. iliaca communis an der Stelle, an der diese sich in die A. iliaca interna und A. iliaca externa teilt.
Neben dem Colon ascendens liegt auch das Colon descendens, der absteigende Dickdarm, retroperitoneal. Es ist etwa 25 cm lang und befindet sich zwischen dem Colon transversum und dem Colon sigmoideum. Die ventrale, mediale und laterale Seite des Colon descendens sind vom parietalen Peritoneum bedeckt. In der zweiten Abbildung seht ihr, wie auch schon beim Colon ascendens, den Teil der Bauchwand grün markiert, der dorsal des Colon descendens liegt.
Wenn ihr euch den unteren Teil dieser Abbildung genauer anseht, erkennt ihr das Rektum zwischen dem Colon sigmoideum und dem Anus. Nur das mittlere Drittel des Rektums liegt retroperitoneal.
Im Retroperitoneum befinden sich auch Blutgefäße, wie zum Beispiel die Aorta abdominalis, die Bauchaorta. Sie ist in der Mitte dieser Abbildung zu erkennen. Die Aorta abdominalis beginnt auf der Höhe des 12. Brustwirbels. Hier tritt sie durch das Zwerchfell hindurch und zieht vom Mediastinum in das Abdomen. Bei genauerem Betrachten der Aorta abdominalis seht ihr, dass sie sich in die Aa. iliacae communes dextra und sinistra teilt. Diese Bifurkation befindet sich auf Höhe des 4. Lendenwirbels. Diese auch als gemeinsame Darmbeinarterien bezeichneten Gefäße sind beidseitig vorhanden und teilen dich dann wiederum in die innere Darmbeinarterie - die A. iliaca interna dextra bzw. A. iliaca interna sinistra - und in die äußere Darmbeinarterie - die A. iliaca externa dextra bzw. A. iliaca externa sinistra.
Die A. iliaca communis dextra, die rechte gemeinsame Darmbeinarterie ist etwa 5 cm lang und befindet sich medial der Vena cava inferior. Die A. iliaca communis dextra wird an ihrer Bifurkation in die interne und externe Iliakalarterie vom rechten Harnleiter überkreuzt. Die äußeren Darmbeimarterien sind die Hauptarterien der unteren Extremität, die inneren Darmbeinarterien hingegen diejenigen des Beckens. Spiegelbildlich zur A. iliaca communis dextra seht ihr jetzt die A. iliaca communis sinistra, die linke gemeinsame Darmbeinarterie. Sie ist etwa einen Zentimeter kürzer als ihr rechtes Gegenstück.
In der oberen rechten Ecke des Bildes ist die A. splenica, die Milzarterie, grün markiert. Das ist ein Ast des Truncus coeliacus, dem ersten Ast der Aorta abdominalis. Die A. splenica versorgt die Milz, die wichtige immunologische Funktionen hat. In dieser Abbildung kann man die Milz nicht sehen, aber ihr erkennt, dass sie intraperitoneal lokalisiert ist. Trotzdem verlaufen große Anteile der A. splenica retroperitoneal.
Ein weiterer Ast der Aorta abdominalis ist die A. mesenterica superior, die obere Eingeweidearterie. Sie entspringt nur etwa einen Zentimeter kaudal des Truncus coeliacus. Diese Arterie befindet sich in der Radix mesenterii neben der V. mesenterica superior. Sie versorgt über ihre vielen Äste den Dünn- und den Dickdarm. Der Abgang der A. mesenterica superior aus der Aorta liegt im retroperitonealen Raum hinter dem Pankreas. Sie verläuft dann intraperitoneal über das Duodenum zum Mesenterium.
Rechts der A. mesenterica superior in der Radix mesenterii befindet sich die V. mesenterica superior, die obere Eingeweidevene. Diese Vene drainiert den Dünndarm, das Zäkum, das Colon ascendens und das Colon transversum. Nach ihrem Verlauf in der Radix mesenterii tritt sie in den Retroperitonealraum ein und endet unter dem Pankreas. Die weiter aboral befindlichen Darmabschnitte werden durch die A. mesenterica inferior, die untere Eingeweidearterie versorgt. Aus dieser entspringt ein weiteres Gefäß, die A. colica sinistra, die linke Dickdarmarterie. Wie alle Gefäße die wir betrachtet haben, liegt auch diese Arterie retroperitoneal. Sie gibt viele Äste ab, die das Colon transversum versorgen.
Das Wissen darüber welche Arterien für die Versorgung welches Dickdarmabschnittes verantwortlich sind, spielt in der Darmchirurgie beispielsweise bei der Resektion eines Kolonkarzinoms eine entscheidende Rolle.
Rechts der Aorta abdominalis könnt ihr ein weiteres Gefäß erkennen, das ist die Vena cava inferior, auf Deutsch die untere Hohlvene. Sie entsteht durch den Zusammenfluss der Vv. iliacae communes und wird auch vom Peritoneum bedeckt. Diese Vene verläuft dorsal des Duodenums und des Pankreas nach kranial zum Herzen.
Es ist wichtig, die Organe des Retroperitonealraums zu kennen. Und das nicht nur, weil sie gerne in Prüfungen abgefragt werden. Zwei Merksprüche können euch helfen, alle wichtigen Strukturen parat zu haben. Die primär retroperitoneal gelegenen Organe – also die, die sich schon während der Embryonalentwicklung dort entwickelt haben, lassen sich mit dem Satz „Nehmt niemals unseren Kaffee ab“ merken: Nebenniere, Niere, Ureter, Vena cava inferior und Aorta abdominalis. Der Merkspruch für die sekundär retroperitoneal gelegenen Organe, die im Laufe der Embryonalentwicklung von intraperitoneal eingewandert sind, lautet: „Du Punker komm auf und ab ins Rektum“: Duodenum, Pankreas, Colon ascendens, Colon descendens und ein Teil des Rektums.
Zum Ende dieses Tutorials gehe ich noch kurz auf die klinische Bedeutung des Retroperitonealraums ein. Hämatome in diesem Bereich entstehen bei schweren Brüchen des Beckens, Rupturen von arteriellen Aneurysmen oder im Rahmen einer Bauchspeicheldrüsenentzündung. Ein retroperitoneales Hämatom führt zu abdominellen Schmerzen, Blut im Urin und einem hypovolämischen Schock. Blut kann ins retroperitoneale Fettgewebe eindringen und sogar zu Hämatomen führen, die auf der Haut, meist im Bereich der Flanken, sichtbar sind. Ein solches Hämatom wird in der Klinik als „Grey-Turner-Zeichen“ bezeichnet und gilt als typisches Zeichen für eine akute Pankreatitis. Zur weiteren Abklärung muss eine CT-Untersuchung durchgeführt werden. Je nach Ursache und Schweregrad der Verletzung kann eine konservative oder chirurgische Therapie indiziert sein.