Video: Zungenpapillen
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Hallo, ich bin Astrid von Kenhub und ich begrüße euch zu einem neuen Tutorial.
Heute geht es um die Zungenpapillen und einige Strukturen in ihrer Nachbarschaft.
Hier seht ihr die Zunge in der ventralen ...
Mehr lesenHallo, ich bin Astrid von Kenhub und ich begrüße euch zu einem neuen Tutorial.
Heute geht es um die Zungenpapillen und einige Strukturen in ihrer Nachbarschaft.
Hier seht ihr die Zunge in der ventralen Ansicht. Die Zungenpapillen oder Papillae linguales liegen oberflächlich auf der Schleimhaut. Sie sind primär in der Pars presulcalis des Zungenrückens und am seitlichen Zungenrand zu finden. Man kann sie oft schon mit dem bloßen Auge sehen - und wenn ihr mit dem Finger entlangfahrt, fühlt sich die Zungenoberfläche dort rauer an als in den papillenfreien Arealen.
Papillenfrei ist der vordere Zungenabschnitt, welcher deshalb eine eher glatte Oberfläche besitzt. Die Grenze zwischen beiden Regionen wird durch diese V-förmige Vertiefung gebildet, dem Sulcus terminalis. Er trennt die vorderen zwei Drittel, die Pars postsulcalis, vom hinteren Drittel der Zunge, der Pars presulcalis.
In diesem Tutorial werden wir die verschiedenen Arten der Zungenpapillen anhand dieser Abbildung besprechen.
Insgesamt unterscheiden vier Unterformen: Papillae filiformes, fungiformes, foliatae und vallatae. Einzig die Papillae foliatae sind auf diesem Bild nicht dargestellt. Daneben sieht man weitere Strukturen, auf die ich ebenfalls eingehen werde. Zum Beispiel die Zungenmandeln, das Drüsengewebe und die Geschmacksknospen.
Fangen wir mit den Papillae filiformes an. Wörtlich übersetzt heißt das in etwa „Faden-„ oder „fadenförmige Papillen“. Sie sind konus- bis zylinderförmig und besitzen leicht verhornte Spitzen, die typischerweise Richtung Rachen zeigen. Diese sind hauptsächlich für die raue Erscheinung der Zungenoberfläche verantwortlich. Die Fadenpapillen erscheinen bei genauerer Betrachtung eher weißlich und heben sich so von der rosafarbenen Schleimhaut ab. Sie kommen von allen Papillen am häufigsten vor und können über den gesamten Zungenrücken gefunden werden.
Die Fadenpapillen besitzen spezielle Nervenendigungen und Tastkörperchen im Bindegewebe, die mechanische Reize detektieren. Sie bilden dadurch die Basis für den Tastsinn der Zunge. Als Tastpapillen besitzen sie deshalb auch keine Geschmacksknospen.
Die zweite Art von Zungenpapille besitzt eine breite, glatte Oberfläche. Da ihre Form an einen Pilz erinnert, werden sie als Pilzpapillen oder Papillae fungiformes bezeichnet. Sie sind weniger zahlreich als die Fadenpapillen und kommen zerstreut vor allem an der Zungenspitze und am Zungenrand vor. Mit bloßem Auge könnt ihr sie als kleine rote Punkte auf der Zunge zwischen den weißen Fadenpapillen sehen.
Auf der Kuppe der Pilzpapillen liegen die Geschmacksknospen. Der Sockel hingegen enthält Thermo- und Mechanorezeptoren. Die Pilzpapillen tragen also sowohl zum Tastsinn als zum Geschmacksempfinden bei.
Blattpapillen oder Papillae foliatae erhielten ihre Bezeichnung aufgrund ihrer blatt- oder rippenartigen Struktur. Sie befinden sich vorwiegend am hinteren Seitenrand der Zunge, wo sie sich typischerweise in jeweils zwei Reihen gruppieren. Insgesamt sind sie beim Menschen jedoch eher spärlich vorhanden. Charakteristisch für die Blattpapillen ist, dass in den Seitenwänden ihrer tiefen Einfaltungen die Ausführungsgänge von Speicheldrüsen münden. Diese werden nach ihrem Erstbeschreiber Ebner-Spüldrüsen genannt.
Unmittelbar vor dem Sulcus terminalis verläuft eine Reihe von warzenähnlichen Papillen. Das sind die Wallpapillen oder Papillae vallatae. Durchschnittlich hat eine Zunge 8 bis 10 dieser Papillen.
Die Wallpapillen liegen alle in einer Vertiefung und werden so von allen Seiten von der Zungenschleimhaut überragt. Da dies an eine Art Wasser- oder Wallgraben erinnert wie bei einer Burg, bekamen die Wallpapillen ihren Namen.
Der Graben wird im Lateinischen Sulcus papillae genannt. Ihr seht, wie dieser ringförmig um die gesamte Wallpapille geht. In ihm finden wir neben den Geschmacksknospen auch Ausführungsgänge der Ebner-Spüldrüsen.
Lasst uns einen kurzen Blick auf die Geschmacksknospen werfen, die Caliculi gustatorii. Sie kommen in allen drei Geschmackspapillen vor, d.h. den Wall-, Blatt- und Pilzpapillen. Vereinzelt sind sie auch in der Schleimhaut des Rachens und des weichen Gaumens zu finden. In diesem Bild seht ihr sie beispielhaft am Seitenrand einer Wallpapille, wo sie auch am häufigsten auftreten. In Blatt- und Pilzpapillen kommen sie dagegen seltener vor.
Eine Geschmacksknospe enthält ca. 40 bis 80 sekundäre Sinneszellen. Bestimmte Nahrungsinhalte lösen dort Aktionspotenziale aus, d.h. der Kontakt zu den Rezeptoren verursacht ein elektrisches Signal. Dieses wird dann an die dahinter geschaltete Nervenzelle weitergegeben, die es wiederum an das Gehirn weiter leitet.
Heute wissen wir, dass es neben den vier klassischen Qualitäten süß, salzig, sauer und bitter eine fünfte gibt, die sich „umami“ nennt. Das kommt aus dem Japanischen und meint den herzhaften, vollmundigen Geschmack bei fleischiger und proteinreicher Nahrung. Die Empfindung wird durch Glutamat verursacht, welches häufig in der asiatischen Küche angewandt wird. Jede Geschmacksknospe besitzt Sinneszellen für alle fünf Qualitäten, jedoch unterscheiden sich die Maxima der Geschmackswahrnehmung je nach Region. Bitterstoffe nehmen wir beispielsweise intensiver in den hinteren Zungenabschnitten wahr als seitlich oder vorne.
Übrigens: Die Geschmacksknospen erlauben nur eine grobe Einschätzung des Geschmacks. Das Feinschmecken wird uns dagegen erst mit den olfaktorischen Zellen ermöglicht, d.h. den Riechzellen in unserer Nase.
Neben den Geschmacksknospen liegen auch die Ausführungsgänge der Ebner-Spüldrüsen im Graben der Wallpapillen. Ich hatte sie vorhin einmal kurz gezeigt. Ihr lateinischer Name lautet Glandulae gustatoriae, also übersetzt „Geschmacksdrüsen“. Sie sondern seröse Flüssigkeit ab, die zwei Funktionen erfüllt:
Erstens enthält sie spezielle Proteine, welche die ankommenden Geschmacksstoffe bindet und so überhaupt erst deren Wahrnehmung an den Rezeptoren ermöglicht.
Zweitens spült sie die angesammelten Geschmacksstoffe anschließend wieder weg und schafft so freie Bindungsstellen für neue Nahrungspartikel.
Die Weiterleitung des gustatorischen Signals, d.h. des elektrischen Impulses der Geschmacksrezeptoren, erfolgt über drei verschiedene Hirnnerven. Für die vorderen zwei Drittel der Zunge sowie den weichen Gaumen ist die Chorda tympani des N. facialis zuständig. Das hintere Drittel der Zunge innerviert der N. glossopharyngeus sensibel. Und für die Innervation der Epiglottis ist der N. vagus zuständig. Die Übertragung des Geschmackssignals erfolgt also - abhängig von der Region - vom 7., 9. oder 10. Hirnnerven.
Betrachten wir noch einmal den Querschnitt der Zungenschleimhaut. Neben den Ebner-Spüldrüsen befindet sich hier noch weiteres Drüsengewebe, die Glandulae radicis linguae. Das sind muköse Drüsen im Bereich des Zungengrunds, die dorsal des Sulcus terminalis liegen. Aufgrund dieser Lokalisation werden sie auch als Glandulae linguales posteriores bezeichnet.
Merkt euch also: Die Ebner-Drüsen produzieren seröse und die Glandulae radicis linguae muköse Flüssigkeit. Die seröse ist sehr dünnflüssig, fast wie Wasser, und enthält vor allem Proteine und Enzyme. Muköses Sekret ist wesentlich dickflüssiger und beinhaltet insbesondere Glykoproteine und Lipide. Die Aufgabe der Glandulae radicis linguae steht in enger Verbindung mit den Zungenmandeln.
Denn neben den Papillen und dem Drüsengewebe weist die Zungenschleimhaut auch lymphatisches Gewebe auf. Dieses erscheint hier in Form der Zungenmandel, auch Tonsilla lingualis oder Zungentonsille genannt. Beachtet dabei, dass sie kein geschlossenes, scharf abzugrenzendes Organ ist, wie auf diesem Bild dargestellt. Vielmehr meint man mit der Zungenmandel die Gesamtheit aller Lymphfollikel, die sich im Bereich des Zungengrunds befinden.
Sie gehört zu einem großen Netzwerk von lymphatischem Gewebe in Mund, Nase und Rachen, dem sogenannten Waldeyer-Rachenring. Dieser lymphatische Rachenring hat die Aufgabe, Fremdkörper und Erreger aus der eingeatmeten Luft und in der Nahrung frühzeitig zu erkennen.
Die Zungenmandel weist typischerweise eine oder mehrere Einstülpungen auf, auch Crypta tonsillaris genannt. Sie ist von Schleimhautepithel ausgekleidet, d.h. mehrschichtigem Plattenepithel.
Die Krypta enthält wiederum ein kanalartiges System, in denen die Lymphozyten und Makrophagen sitzen. In ihr sammelt sich das muköse Sekret der Glandulae radicis linguae. Somit wird dieser Bereich konstant gesäubert und das Infektionsrisiko, z.B. durch eine Bakterienansammlung, verringert.
Die Krypten sind dicht von Lymphfollikeln umlagert, die ihr hier beispielhaft seht. Sie enthalten sowohl follikulär dendritische Zellen als auch Makrophagen. Diese erkennen pathogene Antigene, z.B. von Bakterien oder Viren, und rufen dadurch eine immunologische Stimulation hervor. Die B-Lymphozyten produzieren daraufhin Antikörper gegen die Antigene, während die T-Lymphozyten die Erreger direkt angreifen.
Jetzt sind wir schon fast am Ende dieses Tutorials angelangt, welches ich gerne mit einigen Hinweisen für die Klinik abschließen möchte. Es gibt nämlich eine Reihe von Erkrankungen, die euch im klinischen Alltag begegnen werden, bei denen die Zungenpapillen betroffen sind.
Eine recht häufige ist die Exfoliatio areata linguae. Bei dieser kommt es zu einer Atrophie der weißen Fadenpapillen. Die betroffenen Areale erscheinen daher rot mit einem weißen Randsaum. Diese wandern mit der Zeit und konfluieren typischerweise zu einem landkartenähnlichen Muster, weshalb diese Erkrankung auch „Lingua geographica“ genannt wird. Wie ihr euch vorstellen könnt, ist das Geschmacksempfinden in den atrophischen Bezirken stark eingeschränkt. Die Ursache der Erkrankung ist zwar unklar, aber glücklicherweise heilt sie in der Regel von alleine wieder ab.
Eine wichtige Kinderkrankheit, bei der sich die Zunge entzündet, ist Scharlach. Am Anfang verfärbt sich dabei feuerrot und die Pilzpapillen vergrößern sich. Man spricht auch von einer „Himbeerzunge“. Nach einigen Tagen kommt es anschließend zur kompletten Abschuppung der Zungenschleimhaut, sodass sich die Zungenpapillen hervorheben. Dieses klinische Bild nennt man auch Erdbeerzunge.
Ein allgemeines Krankheitsbild, bei denen die Zungen auch betroffen sein können, ist die Anämie. Dabei kommt es zu einer zunehmenden Atrophie bis hin zu einem vollständigen Fehlen der Zungenpapillen. Die Zungenoberfläche wird dadurch spiegelglatt, was man als Lack- oder Spiegelzunge bezeichnet. Die häufigste Anämieform, bei denen die Zungenpapillen atrophieren, sind die perniziöse sowie die Eisenmangelanämie.
Ist der Geschmackssinn aufgrund einer Erkrankung beeinträchtigt, kann sich das unterschiedlich äußern. Um die Pathologie fachsprachlich korrekt zu beschreiben, solltet ihr in der Praxis folgende vier Begriffe verwenden und voneinander unterscheiden können:
Ist der Geschmackssinn noch vorhanden, aber deutlich abgeschwächt ist, sprechen wir von einer Hypogeusie. Sie tritt häufig bei Zinkmangel auf oder als Nebenwirkung von Medikamenten, insbesondere Chemotherapeutika.
Ein kompletter Verlust des Geschmackssinns wird Ageusie genannt. Sie basiert meistens auf einer Schädigung der Nerven, die die gustatorischen Signale weiterleiten. Am häufigsten sind die Chorda tympani oder der N. glossopharyngeus betroffen.
Die Dysgeusie beschreibt jede Störung des Geschmackssinns oder des Schmeckens. Man könnte auch von einer Verzerrung des Geschmackssinns sprechen. Achtung: Eine Dysgeusie tritt im hohen Alter physiologisch auf, da die Zungenpapillen mit der Zeit zunehmend atrophieren.
Eine Sonderform der Dysgeusie ist die Parageusie. Dabei nimmt der Patient eine oder mehrere Geschmacksqualitäten verfälscht wahr. Z.B. empfindet er süße Speisen als sauer oder umami als bitter. Eine Parageusie kann im Rahmen eines banalen viralen Infekts auftreten oder aber auch Ausdruck einer tiefergehenden Hormon- oder Nervenerkrankung sein.
Jetzt seid ihr informiert über die Papillen der Zunge. Ich hoffe, wir hören uns bald wieder.
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