Oberes Sprunggelenk (Articulatio talocruralis)
Das obere Sprunggelenk (Articulatio talocruralis, kurz OSG) bildet zusammen mit dem unteren Sprunggelenk (USG) die bewegliche Verbindung zwischen Unterschenkel und Fuß.
Es setzt sich aus Teilen der Tibia, der Fibula und des Talus zusammen.
Durch Muskeln, die sowohl auf das obere als auch das untere Sprunggelenk wirken, entsteht eine funktionelle Einheit. Dabei ermöglicht das OSG Bewegungen um die Horizontalachse.
Die Details zu seiner Anatomie, Mechanik und auch zu klinischen Aspekten erfährst du in diesem Artikel.
Knöcherne Anteile | Tibia, Fibula, Talus |
Bänder | Kollateralbänder |
Muskulatur |
Plantarflexion: M. triceps surae, Fibularisgruppe, tiefe Flexorengruppe Dorsalextension: Mm. tibialis anterior, extensor hallucis longus, extensor digitorum longus |
Funktion | Plantarflexion, Dorsalextension |
Aufbau
Knöcherne Strukturen
Die distalen Anteile der Fibula und der Tibia bilden die Malleolengabel. Medial findet sich der Malleolus medialis (Innenknöchel) der Tibia, lateral bildet die Fibula den Malleolus lateralis (Außenknöchel). Beide Malleolen flankieren die proximale Gelenkfläche und umfassen die Trochlea des Talus seitlich.
Der artikulierende Anteil des Talus ist die Trochlea tali (Sprungbeinrolle), die sich von ventral nach kaudal um ca. 4-5 mm verjüngt. Ihre Gelenkfläche (Facies superior) befindet sich auf der kranialen Seite und weist in der Mitte eine Führungsrinne auf.
Gelenkkapsel
Die Gelenkkapsel setzt an der Knorpel-Knochen-Grenze des Gelenks an, wobei die Malleolen extrakapsulär liegen. An den Seiten wird sie durch Bänder stabilisiert. Ihre ventrale und dorsale Seite ist relativ dünn und schlaff, was dem OSG mehr Bewegungsfreiheit erlaubt.
Bänder
Das Gelenk wird auf der medialen und lateralen Seite durch starke Kollateralbänder stabilisiert.
Das Ligamentum mediale (klinisch Ligamentum deltoideum) zieht vom Innenknöchel zum Talus (Pars tibiotalaris posterior und anterior), Os naviculare (Pars tibionavicularis) und Sustentaculum tali des Calcaneus (Pars tibiocalcanea).
Die lateralen Kolleteralbänder bestehen aus dem Ligamentum calcaneofibulare, Ligamentum talofibulare anterius und posterius. Das Ligamentum calcaneofibulare zieht vom Außenknöchel auf die laterale Seite des Calcaneus, das Ligamentum talofibulare anterius und posterius vom Außenknöchel zum Collum bzw. Processus posterior des Talus.
Die Ligg. tibiofibulare anterius und posterius werden als Teil der Syndesmosis tibiofibularis gesehen. Die Bänder verklammern die Malleolengabel.
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Muskeln
Mit Ausnahme der Achillessehne werden alle Sehnen der Muskeln, die an der Bewegung des OSG und USG beteiligt sind, durch Retinacula (straffe Bindegewebszüge) und Knochenkerben umgeleitet. Dies hat zur Folge, dass der Talus in einem rechten Winkel zum Unterschenkel stehen kann und somit der aufrechte Gang ermöglicht wird.
Folgende Muskeln sind an der Bewegung des OSG beteiligt:
Plantarflexoren
Zu den wichtigsten Flexoren zählen der M. gastrocnemius, M. soleus und M. plantaris, die gemeinsam als M. triceps surae zusammengefasst werden.
Des Weiteren sind der M. fibularis longus und M. fibularis brevis an der Fibularisgruppe beteiligt.
Aus der tiefen Flexorengruppe tragen der M. tibialis posterior, M. flexor digitorum longus und der M. flexor hallucis longus zur Plantarflexion bei.
Dorsalextensoren
Die an der Dorsalextension maßgeblich beteiligten Muskeln sind der M. tibialis anterior, M. extensor hallucis longus und M. extensor digitorum longus.
Mechanik
Das OSG ist ein Scharniergelenk, wodurch die Dorsalextension und die Plantarflexion ermöglicht werden. Die Achse des Scharniergelenks verläuft durch die Spitzen der Malleolen und liegt so in der Frontalebene.
Zu beachten ist, dass am Talus selbst keine Muskeln ansetzen, sodass die Kraftübertragung der Muskeln auf beide Sprunggelenke wirkt. Das OSG und USG bilden somit eine funktionelle Einheit.
Dorsalextension
Die Dorsalextension ist bis zu 25° und die Plantarflexion bis zu 50° möglich. Da sich die Talusrolle wie oben beschrieben nach dorsal verjüngt, wird sie bei der Dorsalextension durch die Malleolengobel begrenzt. Außerdem begrenzen die Ligg. tibiofibulare anterius und posterius die Dorsalextension.
Die Hemmung durch Knochen und Ligamente in der Dorsalextension bietet daher die größtmögliche Stabilität.
Plantarflexion
In der Plantarflexion hingegen gleitet die Talusrolle weiter aus der Malleolengabel, wodurch die Stabilität der knöchernen Führung abnimmt. Nur die Kollateralbänder sichern in Plantarflexion das OSG. Ein Umknicken in der Plantarflexion (wie beim Bergabgehen) ist daher am wahrscheinlichsten.
Versorgung
Die Blutversorgung des OSG erfolgt über Äste der großen Arterien der unteren Extremität: Arteria tibialis anterior und Arteria tibialis posterior bzw. der Arteria dorsalis pedis. Diese geben kleinere Äste auf Höhe der Malleolengabel ab (Rami malleolares mediales und laterales).
Der Nervus fibularis profundus, N. saphenus, N. tibialis und N. suralis übernehmen variabel die sensible Innervation des Gelenks.
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Klinik
Aufgrund der exponierten Lage des Sprunggelenks kommt es häufig zu Traumen (Sprunggelenksverletzungen) in diesem Bereich. Am häufigsten zeigen sich neben Frakturen Bänderreizungen mit Bandanrissen. Ein typischer Mechanismus ist das sogenannte Supinationstrauma, bei dem die lateralen Bänder beim Umknicken des Fußes in Supination überstrapaziert werden.
Am häufigsten ist dabei das Ligamentum talofibulare anterius betroffen, welches dabei gezerrt werden oder schlimmstenfalls auch rupturieren kann. Neben starken Schmerzen findet sich häufig eine Schwellung, bei einer Ruptur zusätzlich ein Hämatom im Bereich des Rückfußes. Zudem findet sich in der klinischen Untersuchung bei einer Ruptur des Ligamentum talofibulare anterius ein Stabilitätsverlust und eine Auslenkbarkeit nach vorne.
Nach Ausschluss weiterer knöcherner Verletzungen mittels Röntgen wird die Zerrung bzw. Ruptur konservativ mit Kühlung, Schonung, Analgesie und Orthesenversorgung behandelt.
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