Waldeyer-Rachenring
Der Waldeyer-Rachenring (Anulus lymphoideus pharyngis) beschreibt das lymphatische Gewebe am Übergang vom Mund- und Nasenraum hin zum Rachenraum (Pharynx).
Er besteht aus den Tonsillen, den Seitensträngen sowie kleinen, diffus verteilten Einheiten von lymphatischem Gewebe.
Hier findet ein erster Kontakt des Immunsystems mit Antigenen aus Nahrung und Atemluft statt.
Dieser Artikel beschreibt die Anatomie, die Bestandteile und die Funktion des Waldeyer-Rachenrings.
Tonsilla pharyngealis (Rachenmandel) | Im Dach des Nasopharynx Mit respiratorischem Epithel bedeckt |
Tonsillae palatinae (Gaumenmandeln) | Im Oropharynx Bedeckt mit mehrschichtigem, unverhorntem Plattenepithel |
Tonsilla lingualis (Zungenmandel) | Im hinteren Drittel der Zunge Bedeckt mit mehrschitigem, unverhorntem Plattenepithel |
Tonsillae tubariae (Tubenmandeln) | Im Dach des Nasopharynx Mit respiratorischem Epithel bedeckt |
MALT | Mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebe, das in der Darmschleimhaut (GALT) und den Bronchien (BALT), sowie in allen Schleimhäuten des Körpers vorkommt |
Klinik | Adenoiditis Tonsillitis |
Lage und Aufbau
Das lymphatische Gewebe des Waldeyer-Rachenrings wird zum Mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebe (MALT) gezählt und befindet sich diffus verteilt oder streng organisiert in der Lamina propria der Mukosa im Mund- und Rachenraum.
Genauer handelt es sich dabei um:
- eine Tonsilla pharyngea (Rachenmandel), die sich als Schleimhautfalte am Rachendach (Fornix pharyngis) befindet,
- zwei Tonsillae palatinae (Gaumenmandeln), beidseits zwischen vorderem und hinterem Gaumenbogen in der Mandelbucht (Fossa tonsillaris) gelegen,
- die Tonsilla lingualis (Zungenmandel), die sich über den gesamten Zungengrund (Fornix linguae) erstreckt, sowie
- zwei Tonsillae tubariae (Tubenmandeln) beidseits an der Rachenhinterwand, genauer gesagt in der Rachenwulst (Torus tubarius) in der Nähe des Eingangs zur Tuba auditiva (Ostium pharyngeum tubae auditivae) und
- zwei Seitenstränge ab dem Ostium pharyngeum tubae auditivae entlang der Plica salpingopharyngea als Fortsetzung der Tonsillae tubariae.
Gefäßversorgung und Innervation
Die Leitungsbahnen des Waldeyer-Rachenrings entsprechen denen des Rachens. Die genaue Versorgung der einzelnen Strukturen hängt von deren Lokalisation ab.
Die arterielle Versorgung erfolgt durch die:
- A. pharyngea ascendens aus der A. carotis externa (Tonsilla pharyngea und Tonsilla tubaria),
- Aa. palatina ascendens und descendens aus der A. facialis bzw. der A. maxillaris (Tonsillae palatinae) sowie
- die A. lingualis, ebenfalls aus der A. carotis externa (Tonsilla lingualis).
Die venöse Drainage erfolgt durch den Plexus pharyngeus venosus in die V. jugularis interna.
Der lymphatische Abfluss erfolgt in die:
- Lnn. retropharyngeales (Tonsilla pharyngea) sowie
- die Lnn. submandibulares (Tonsillae palatinae und Tonsilla lingualis) und von dort oder direkt in die tiefen Halslymphknoten (Lnn. cervicales profundi).
Innerviert werden die Strukturen des Waldeyer-Rachenrings durch Fasern des N. glossopharyngeus (IX. Hirnnerv) oder des N. vagus (X. Hirnnerv).
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Funktion
Die Funktion des Waldeyer-Rings besteht in der Kontrolle und Abwehr von Antigenen, die mit der eingeatmeten Luft oder Nahrung in den Rachenraum eintreten. Da sie unmittelbar nach Eintritt in den Körper mit diesen Antigenen Kontakt haben, werden sie auch als „immunologisches Frühwarnsystem“ bezeichnet.
Die spezielle Histologie des MALT mit B-Zell-Follikeln und T-Zell-Regionen erlaubt den direkten Kontakt von Immunzellen wie Lymphozyten, dendritischen Zellen und Plasmazellen mit den aufgenommenen Antigenen durch das Epithel hindurch. Falls nötig, kann daraufhin eine lokale und systemische Immunreaktion mit Lymphozytenproliferation und Antikörperproduktion initiiert werden.
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Klinik
Es gibt verschiedene Pathologien, die mit den Strukturen des Waldeyer-Rachenring assoziiert sind. Besonders häufig sind die Tonsillae palatinae und der Tonsilla pharyngea betroffen.
Zu diesen Pathologien zählen die Vergrößerung, vor allem der Tonsillae palatinae, im Rahmen von Infekten. Diese werden häufig durch ß-hämolysierenden A-Streptokokken (z.B. Streptococcus pyogenes) verursacht und äußern sich oft durch starke Halsschmerzen, Schluckstörungen und Fieber. Jedoch können auch andere Erreger zu einer Vergrößerung führen, bspw. verschiedene Rhinoviren oder auch SARS-CoV-2.
Häufige Krankheitsbilder sind die infektiöse Seitenstrang-Angina, Tonsillitis oder peritonsilläre Abszesse, welche durch die Bildung von „Mandelpfröpfchen“ aus Detritus (abgeschilferte Epithelzellen, Bakterien, Leukozyten) in den Krypten begünstigt werden.
Des Weiteren tritt vor allem im Kindesalter häufig eine Hyperplasie der Tonsilla pharyngea (Adenoide, Polypen) im Rachenraum auf, die zur Behinderung der Nasenatmung oder Hörstörungen durch Verlegung der Tuba auditiva führt.
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