Tonsilla palatina (Gaumenmandel)
Die paarige Tonsilla palatina (Gaumenmandel) ist Teil des Waldeyer-Rachenrings (lymphatischer Rachenring), dem Mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebe (MALT) am Übergang vom Mund- und Nasenraum zum Rachenraum (Pharynx).
Sie wird zum lymphatischen System gezählt, genauer gesagt den sekundären lymphatischen Organen.
Die Tonsillae palatinae fungieren als immunologische Wächter für Antigene aus Atemluft und Nahrung.
Dieser Artikel beschreibt die Anatomie und Funktion der paarigen Tonsilla palatina.
Lage und Aufbau |
Beidseits lateral zwischen Arcus palatoglossus und Arcus palatopharyngeus im Isthmus faucium in der Fossa tonsillaris B-Zell-Follikeln (Folliculi lymphatici) und T-Zell-Regionen bedeckt mit mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel |
Gefäßversorgung und Innervation |
Arterien: Aa. palatina ascendens und descendens Venen: Plexus pharyngeus venosus Lymphabfluss: Lnn. cervicales profundi Innervation: N. glossopharyngeus und N. vagus |
Funktion | Immunologisches Frühwarnsystem |
Lage und Aufbau
Die Tonsillae palatinae sind von mehrschichtigem unverhornten Plattenepithel bedeckt und befinden sich beidseits lateral zwischen vorderem (Arcus palatoglossus) und hinterem Gaumenbogen (Arcus palatopharyngeus) im Isthmus faucium (Schlundenge) in der Fossa tonsillaris.
Ihre Oberfläche wird durch 10-15 Fossulae tonsillae (Mandelgrübchen) deutlich vergrößert. Von den Mandelgrübchen gehen tiefe, verzweigte Krypten (Cryptae palatini) ab, in die die Ausführungsgänge muköser Drüsen münden und in denen sich „Detritus“ findet und eine Masse aus Lymphozyten, Bakterien und abgeschilferten Epithelzellen. Was mikroskopisch zu einer Oberflächenvergrößerung auf ca. 300 cm² pro Tonsille führt, kann makroskopisch als “Zerklüftung” der Tonsillenoberfläche wahrgenommen werden. Dies führt zu einer deutlich erhöhten Kapazität der Tonsillen, Pathogene abzufangen.
Unter dem Epithel befindet sich lymphatisches Gewebe in Form von B-Zell-Follikeln (Folliculi lymphatici) und T-Zell-Regionen. Zusätzlich ermöglichen postkapilläre Venolen das Austreten von Immunzellen aus dem Blutkreislauf, ein Prozess, der auch als Leukodiapedese bezeichnet wird. In den Krypten ist das Epithel aufgelockert, es existieren spezielle Zellen zur Antigenaufnahme und die Basalmembran fehlt, was den Kontakt der aufgenommenen Antigene mit den darunter befindlichen Lymphozyten, Plasmazellen und dendritischen Zellen ermöglicht.
Auf der dem Epithel abgewandten Seite grenzt eine kräftige Bindegewebskapsel (Capsula tonsillaris) das lymphatische Tonsillen-Gewebe vom umliegenden Gewebe ab. Dies verhindert eine Ausbreitung von Infektionen.
Gefäßversorgung und Innervation
Die arterielle Versorgung der Tonsillae palatinae erfolgt durch die Aa. palatina ascendens und descendens aus der A. facialis, beziehungsweise der A. maxillaris, beides Äste aus der A. carotis externa.
Die venöse Drainage erfolgt über den Plexus pharyngeus venosus in die V. jugularis interna.
Es findet kein Lymphzufluss, wohl aber ein Lymphabfluss in die Lnn. submandibulares statt und von dort aus weiter zu den tiefen Halslymphknoten (Lnn. cervicales profundi).
Innerviert werden die Tonsillae palatinae durch Fasern des N. glossopharyngeus (IX. Hirnnerv) und des N. vagus (X. Hirnnerv).
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Funktion
Die Tonsillae palatinae sind wie alle anderen Tonsillen des Waldeyer-Rachenrings (Tonsilla pharyngea, Tonsilla lingualis, Tonsillae tubariae) Teil des „immunologischen Frühwarnsystems“. Hier können inspiratorische oder ingestive (mit der Nahrung aufgenommene) Antigene bereits frühzeitig kontrolliert und gegebenenfalls eine Abwehrreaktion durch Lymphozytenproliferation und spezifischer Antikörperproduktion getriggert werden.
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Klinik
Es gibt einen physiologischen Zusammenhang zwischen der Aktivität des Immunsystems und der Tonsillengröße. Im Grundschulalter sind die Tonsillae palatinae aufgrund der starken Erregerexposition daher am größten. Mit zunehmendem Alter verkleinern sich die Tonsillae palatinae.
Ein häufiges Krankheitsbild ist die infektbedingte follikuläre Hyperplasie der Tonsillae palatinae, die bereits bei einfacher Mundöffnung sichtbar wird. Symptome sind oftmals Halsschmerzen sowie, bei sehr stark ausgeprägter Vergrößerung, auch Sprechstörungen und Schluckbeschwerden. Nicht selten können sogenannte Mandelsteine, die durch die Ansammlung abgestorbener Zellreste in den Krypten (Detritus) entstehen, zu Mundgeruch führen.
Des Weiteren kann es durch intratonsilläre Keimvermehrung zur Tonsillitis (Mandelentzündung) kommen, deren häufigste Komplikation der peritonsilläre Abszess darstellt. Häufige Erreger sind ß-hämolysierende A-Streptokokken wie der Streptokokkus pyogenes.
Klinische Zeichen der Tonsillitis sind Halsschmerzen sowie die Schwellung des Ln. jugulodigastricus, eines zervikalen Halslymphknotens, der eine wichtige Lymphdrainagestation der Tonsillae palatinae darstellt. Außerdem können punktförmige weißliche Beläge durch Leukozyten, abgeschilferte Epithelien und Bakterien (Detritus) auftreten.
Chronisch-rezidivierende Mandelentzündungen können mittels Tonsillektomie (chirurgische Entfernung der Tonsillae palatinae) kausal therapiert werden.
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