Handwurzelknochen
Die Handwurzel (Carpus) ist der proximale knöcherne Anteil der Hand und zählt zusammen mit der Mittelhand (Metacarpus) und den Fingern (Digiti) zum Handskelett.
Die Handwurzel besteht aus zwei Reihen unförmiger, kleiner Knochen, die dicht gepackt und durch nahezu unbewegliche Gelenke miteinander verbunden sind.
In der proximalen Reihe liegen das Os scaphoideum, Os lunatum, Os triquetrum und das Os pisiforme.
Die distale Reihe wird durch das Os trapezium, Os trapezoideum, Os capitatum und Os hamatum gebildet.
In diesem Artikel besprechen wir die Anatomie, Lagebeziehungen und Funktion der Handwurzelknochen.
Knochen |
Proximale Reihe: Os scaphoideum, Os lunatum, Os triquetrum, Os pisiforme Distale Reihe: Os trapezium, Os trapezoideum, Os capitatum Os hamatum |
Gelenke | Articulationes intercarpales, Articulationes carpometacarpales, Articulatio mediocarpalis (distal), Articulatio radiocarpalis (proximal) |
Bänder | Ligamenta intercarpalia dorsalia, Ligamenta intercarpalia palmaria, Ligamenta intercarpalia interossea |
Klinik | Skaphoidfraktur |
Knochen
Man kann die Handwurzelknochen einer proximalen und einer distalen Reihe zuordnen.
Die proximale Reihe besteht aus (von radial nach ulnar):
- Os scaphoideum (Kahnbein)
- Os lunatum (Mondbein)
- Os triquetrum (Dreiecksbein)
- Os pisiforme (Erbsenbein)
Die distale Reihe aus (von radial nach ulnar):
- Os trapezium (großes Vielecksbein)
- Os trapezoideum (kleines Vielecksbein)
- Os capitatum (Kopfbein)
- Os hamatum (Hakenbein)
Das Os pisiforme stellt eine anatomische Besonderheit dar: Es befindet sich als Sesambein für die Sehne des M. flexor carpi auf dem Os triquetrum.
Tipp: Um dir die Reihenfolge der Handwurzelknochen von proximal nach distal und von radial nach ulnar schnell und leicht zu merken, nutze gerne diesen sehr bekannten Merkspruch: “Ein Kahn der fährt im Mondenschein im Dreieck um das Erbsenbein. Vieleck groß, Vieleck klein, der Kopf, der muss am Haken sein
Gelenke
Proximales Handgelenk (Articulatio radiocarpalis)
Das proximale Handgelenk befindet sich zwischen der proximalen Reihe der Handwurzelknochen und dem Unterarm. Bei diesem Gelenk handelt es sich um ein Eigelenk (Articulatio ellipsoidea, auch Ellipsoidgelenk), das 2 Freiheitsgrade besitzt:
- Palmarflexion/Dorsalextension
- Radialabduktion/Ulnarabduktion
Die Gelenkpfanne wird durch die Facies articularis carpalis des distalen Radius und den Discus articularis, welcher sich distal des Caput ulnae befindet, gebildet. Die Ulna selbst ist nicht direkt an diesem Gelenk beteiligt. Aus der proximalen Reihe der Handwurzelknochen artikulieren das Os scaphoideum und das Os lunatum mit dem Radius und das Os triquetrum mit dem Discus articularis.
Distales Handgelenk (Articulatio mediocarpalis)
Das distale Handgelenk ist ein verzahntes Scharniergelenk und bietet lediglich 1 Freiheitsgrad:
- Dorsalextension/Palmarflexion
In diesem Gelenk artikuliert die proximale mit der distalen Handwurzelknochenreihe.
Das distale und das proximale Handgelenk bilden eine funktionelle Einheit und haben gemeinsam die folgenden Bewegungsumfänge:
- Palmarflexion/Dorsalextension: 60°-0°-60°
- Radialabduktion/Ulnarabduktion: 30°-0°-30°
Interkarpalgelenke (Articulationes intercarpales)
Hierbei handelt es sich um die Gelenke, die sich zwischen den einzelnen Handwurzelknochen einer Reihe befinden. Diese echten Gelenke werden auch als straffe Gelenke (Amphiarthrosen) bezeichnet und zeichnen sich wegen straffer Bänder und Kapseln durch eine besonders geringe Bewegungsmöglichkeit aus. Die Gelenke sind vor allem dorsal durch die Ligamenta intercarpalia interossea sehr straff fixiert.
Karpometakarpalgelenke (Articulationes carpometacarpales)
Unter den Karpometakarpalgelenken versteht man die gelenkige Verbindung zwischen der distalen Handwurzelknochenreihe und den Mittelhandknochen II-IV (Ossa metacarpi). Auch bei diesem Gelenk handelt es sich um eine Amphiarthrose und demnach echte Gelenke.
Bänder
Grundlegend lassen sich an der Handwurzel abhängig von der Lokalisation drei verschiedene Typen an Bändern unterscheiden: Ligamenta intercarpalia dorsalia, Ligamenta intercarpalia palmaria und Ligamenta intercarpalia interossea.
Ligamenta intercarpalia interossea verbinden die Handwurzelknochen untereinander straff und lassen nur geringe Verschiebungen zu. Ligamenta intercarpalia dorsalia und palmaria vernetzen ihrer Namensgebung nach dorsalseitig bzw. palmarseitig die Handwurzelknochen untereinander.
Als Beispiel für ein dorsalseitiges Band kann das Ligamentum carpi arcuatum gesehen werden. Dieses zieht vom Os scaphoideum über das Os lunatum zum Os triquetrum. Dorsalseitige Bänder begrenzen die Palmarflexion, sind allerdings etwas schwächer ausgebildet als die palmarseitigen Bänder. Deswegen besteht etwas mehr Bewegungsumfang bei der Palmarflexion als bei der Dorsalextension.
Ein Beispiel für ein palmarseitiges Band ist das Ligamentum carpi radiatum, das vom Os capitatum in jegliche Richtung ausstrahlt. Palmarseitige Bänder begrenzen die Dorsalextension.
Karpaltunnel
Der Karpaltunnel (Canalis carpi) ist ein osteofibröser Kanal, in welchem der Nervus medianus und einige Sehnen der Fingerbeuger (M. flexor pollicis longus, M. flexor digitorum superficialis und profundus) verlaufen.
Der Boden des Tunnels wird von den Handwurzelknochen gebildet. Als ulnare Begrenzung bildet das Os pisiforme zusammen mit dem Hamulus ossis hamati eine Art Wand (Eminentia carpi ulnaris). Die radiale Begrenzung wird durch Höckerchen auf dem Os trapezium und dem Os scaphoideum (Tubercula ossis scaphoidei et trapezii) gebildet.
Diese knöchernen Strukturen formen gemeinsam eine Art Rinne, die Sulcus carpi genannt wird. Der Sulcus carpi wird von dem Retinaculum musculorum flexorum überdacht, sodass eine kanalförmige Struktur entsteht, die als Karpaltunnel bekannt ist.
Begrenzungen |
Dach: Retinaculum musculorum flexorum Boden: Handwurzelknochen Radial: Tubercula ossis scaphoidei et trapezii Ulnar: Eminentia carpi ulnaris |
Inhalt |
N. medianus Sehne des M. flexor pollicis longus Sehne des M. flexor digitorum superficialis Sehne des M. flexor digitorum profundus |
Guyon-Loge
Die Guyon-Loge ist ein osteofibröser Kanal. Sie befindet sich ulnar und ventral des Karpaltunnels und wird von der A. und V. ulnaris, sowie dem N. ulnaris durchlaufen.
Der Boden der Guyon-Loge wird von dem Retinaculum musculorum flexorum gebildet. Gleichzeitig bildet eine Abspaltung des Retinaculum musculorum flexorum, das Ligamentum carpi palmare, auch die Überdachung der Loge.
Ihre seitlichee Begrenzungen sind der Hamulus des Os hamatum und das Os pisiforme.
Begrenzungen |
Radial: Hamulus ossis hamati Ulnar: Os pisiforme Dach: Ligamentum carpi palmare Boden: Retinaculum musculorum flexorum |
Inhalt | Arteria, Vena und Nervus ulnaris |
Entwicklung
Die Handwurzelknochen entstehen aus der Handplatte, die bereits ab der 6. SSW ausgebildet ist.
Durch gesteuerte apoptotische Vorgänge kommt es während der weiteren Embryonalentwicklung zur Aufteilung dieser Platte in einzelne Segmente, wodurch im weiteren Verlauf die jeweiligen Handwurzelknochen entstehen.
Die Mechanismen der gezielten Apoptose unterliegen einem komplexen molekularen Geschehen. Eine Gruppe von Genen, die maßgeblich daran beteiligt ist, sind die HOX-Gene.
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Klinik
Kahnbeinfraktur
Die häufigste Fraktur der Handwurzel ist die Fraktur des Os scaphoideum (Skaphoidfraktur bzw. Kahnbeinfraktur). Sie tritt gehäuft bei einem Sturz auf die ausgestreckte Hand auf und stellt dann ein indirektes Trauma dar. Auch im Rahmen von distalen Radiusfrakturen kommt sie vor.
Statistisch sind vor allem jüngere Männer betroffen.
Hochgradig typisches Symptom ist ein Druckschmerz in der Tabatière sowie Bewegungsschmerz, vor allem bei Radialabduktion. Auch eine radialseitige Schwellung kann hinweisend sein.
Die Diagnose erfolgt im Röntgen.
Die Therapie richtet sich nach dem Art der Fraktur. Sie orientiert sich an der sogenannten Krimmer-Klassifikation:
- Typ A1: Fraktur ohne Dislokation
- Typ A2: Fraktur im mittleren oder distalen Drittel des Kahnbeins
- Typ B: komplexere Frakturen
Typ A1 wird konservativ behandelt: Schonung, Analgesie und Ruhigstellung. Bei Typ A2 richtet sich die Therapie nach den Ansprüchen an die Belastbarkeit. Soll diese schnell wiederhergestellt werden, erfolgt eine operative Therapie, ansonsten ist eine konservative Therapie ausreichend. Alle Typ B-Frakturen werden operativ versorgt.
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