Guyon-Loge
Die menschliche Hand ist ein erstaunliches Konstrukt aus komplexen Strukturen, die in perfekter Harmonie zusammenarbeiten. Eine weniger bekannte, aber dennoch wichtige Region in der Hand ist die Guyon-Loge.
Die Guyon-Loge (Canalis ulnaris) ist eine anatomische Engstelle im Handgelenk, durch die der Nervus und die Arteria ulnaris verlaufen. Sie befindet sich im Bereich des Übergangs vom Unterarm zur Hand und liegt auf der palmar-ulnaren Seite des Handgelenks.
Sie wird von Knochen, Bändern und einer Sehnenplatte begrenzt und ist aufgrund der anatomischen Engstelle anfällig für Druckschädigungen, wobei es zur Kompression des Nervus ulnaris kommen kann, was man als Guyon-Loge Syndrom bezeichnet.
In diesem Artikel werden wir uns eingehend mit den anatomischen Strukturen, die die Guyon-Loge beinhaltet, ihre Begrenzungen und klinisch relevanten Themen dieser Struktur befassen.
Begrenzungen | Os pisiforme, Hamulus ossis hamati, Retinaculum flexorum, Lig. pisohamatum, Lig. carpi palmare, M. palmaris brevis |
Inhalt |
N. und A. ulnaris spalten sich innerhalb der Loge jeweils in die Rr. superficialis und profundus. |
Klinik | Loge-de-Guyon-Syndrom |
Aufbau
Die Guyon-Loge wird von kleinen Knochen und straffen Bindegewebsstrukturen gebildet. Die Begrenzungen dieser Loge umfassen:
- Ulnar: Os pisiforme
- Radial: Hamulus ossis hamati
- Dorsal: Retinaculum flexorum und Ligamentum pisohamatum
- Palmar: Ligamentum carpi palmare und M. palmaris brevis
Inhaltlich beherbergt die Guyon-Loge den N. ulnaris und die A. ulnaris, die hier in ihrem Verlauf geschützt sind. Diese Strukturen spielen eine entscheidende Rolle für die motorische Steuerung, Sensibilität und Blutversorgung bestimmter Abschnitte der Hand.
Der N. ulnaris zieht von proximal in die Guyon-Loge und teilt sich innerhalb der Loge in den Ramus superficialis sowie den Ramus profundus auf.
Der R. superficialis versorgt rein sensibel die ulnaren Finger.
Der R. profundus ist ein gemischter Nerv mit überwiegend motorischem Anteil und versorgt verschiedene Handmuskeln. Die exakte Höhe, auf der die Aufteilung erfolgt, variiert individuell recht stark.
Neben dem Nerv teilt sich innerhalb der Loge auch die A. ulnaris in einen oberflächlichen (R. superficialis) und einen tiefen (R. profundus) Ast.
Zahlen und Fakten
- Die Guyon-Loge ist etwa 4 cm lang und erstreckt sich entlang des Handgelenks.
- Der Nervus ulnaris, der die Hauptinnervation dieser Region ist, ist unter anderem für die Feinmotorik und Sensibilität von Teilen des kleinen Fingers und des Ringfingers verantwortlich.
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Wenn du noch mehr zur A. ulnaris, dem N. ulnaris oder anderen Nerven und Blutgefäßen des Unterarms erfahren möchtest, schau die folgende Lerneinheit an:
Klinik
Loge-de-Guyon-Syndrom
Die Enge im Bereich der Guyon-Loge bedingt, dass Raumforderungen sowie Fehl- und Überbelastungen des Handgelenkes zur Kompression der darin verlaufenden Strukturen führen können.
Die häufigste Raumforderung ist ein vom Handgelenk ausgehendes Ganglion (Überbein), das die Guyon-Loge komprimiert. Weitere häufige Ursachen für eine Fehl- oder Überbelastung sind ungewohnt lange Rad- oder Motorradfahrten, oder die falsche Verwendung von stützenden Krücken.
Dadurch, dass sich das Handgelenk in ungewohnt langer oder extremer Dorsalextension befindet, kommt es zu einer Streckung und Ventralisierung des N. ulnaris. Dies führt wiederum zu Druck und Kompression des Nervus ulnaris, was als "Loge-de-Guyon-Syndrom" bezeichnet wird.
Erste Symptome sind Parästhesien im Bereich des Ringfingers und des kleinen Fingers. Unbehandelt können eine muskuläre Schwäche und Probleme beim Spreizen und Zusammenführen der Finger hinzukommen. Besteht die Belastung über einen längeren Zeitraum, können motorische Ausfälle, wie die Lähmung der Daumenadduktion dazukommen.
Beim “Loge-de-Guyon-Syndrom” ist das Froment-Zeichen positiv. Es wird getestet, indem Patient:innen ein Blatt Papier zwischen Daumen und Zeigefinger so halten, dass der oder die Untersucher:in das Papier nur schwer wegziehen kann. Ist der N. ulnaris lädiert, kommt es während des Tests kompensatorisch zu einer Beugung im Daumenendgelenk, physiologisch wäre eine Adduktion zu erwarten.
Die Diagnose wird zunächst klinisch gestellt und kann durch elektroneurographische Messungen bestätigt werden.
Das Syndrom wird nach Gross und Gelbermann klassifiziert, in Abhängigkeit von der Höhe der Kompression:
- Typ I: Schädigung der sensiblen und motorischen Anteile und entsprechende Schädigung im proximalen Bereich der Loge vor Auftrennung des Nervs in seine beiden Äste.
- Typ II: rein motorische Ausfällen der Handbinnenmuskulatur und entsprechende Schädigung des R. profundus distal der Nervenaufzweigung
- Typ III: sensible Störungen und Lähmung des M. palmaris brevis durch Schädigung des R. superficialis
Die Therapie erfolgt in Abhängigkeit der Ursache. Einfache, druckbedingte Irritationen wie nach einer langen Rad- oder Motorradtour bilden sich meist spontan zurück. Auch ein einzelnes Ganglion kann sich ohne weitere Therapie zurückbilden.
Bei andauernden Beschwerden umfassen konservative Therapiemaßnahmen die Entlastung und Ruhigstellung des Nervs, z.B. mithilfe von Schienen. Kann der Nerv nicht dauerhaft beruhigt werden, ist eine operative Dekompression notwendig.
Die Operation kann sowohl konventionell als auch endoskopisch vorgenommen werden und in lokaler oder regionaler Anästhesie erfolgen. Ziel ist es, das Dach des Nervenkanals zu spalten, um den Druck auf die eingeengten Strukturen des Nervus ulnaris zu beseitigen.
Ist noch keine Atrophie der Muskeln eingetreten, ist die Prognose gut und die Paresen bilden sich im Regelfall innerhalb einiger Monate zurück. In schweren Fällen können die Paresen persistieren, wenn die Muskeln bereits atrophiert und komplette motorische Lähmungen beispielsweise im Bereich der Daumenadduktoren aufgetreten sind.
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