Augenlid (Palpebra)
Jedes Auge verfügt über ein oberes und ein unteres Augenlid (Palpebra superior und inferior), sie werden zum Hilfsapparat des Sehorgans gezählt.
Es handelt sich um bindegewebige Muskelplatten, welche die vordere Öffnung der Augenhöhle verschließen.
Durch ihr unwillkürliches und reflektorisches Schließen unterstützen sie die Befeuchtung der Cornea und schützen das Auge vor äußeren Einwirkungen wie z.B. starkem Lichteinfall oder Fremdkörpern.
Dieser Artikel beschreibt die Anatomie und Funktion der Augenlider.
Aufbau |
Äußeres Lidblatt: dünne Haut auf M. orbicularis oculi Inneres Lidblatt: Tarsus mit Meibom-Drüsen, M. levator palpebrae superioris, M. rectus superior, M. tarsalis Orbitalfaszie |
Versorgung | A. opthalmica: A. supraorbitalis, A. lacrimalis A. temporalis superficialis: A. angularis, A. dorsali nasi A. palpebralis medialis und lateralis anastomosieren an Lidkanten |
Funktion | Verteilung des Tränenfilms Schutz des Augapfels |
Aufbau
Das Ober- und Unterlid werden durch die Augenbraue bzw. die Wangen-Lidfurche von den umgebenden Strukturen Stirn und Wangen abgegrenzt. Beide sind jeweils mehrschichtig aufgebaut. Von außen beginnend bestehen sie aus den äußeren und inneren Lidblättern sowie der Orbitafaszie. Der Freiraum zwischen den Lidern wird als Lidspalte bezeichnet. An den Augenwinkeln sind sie miteinander verbunden.
Äußeres Lidblatt
Das äußere Lidblatt besteht aus einer dünnen flexiblen Haut, die auf dem M. orbicularis oculi (Pars palpebralis) liegt. Dieser flächige ringförmige Muskel ist an den seitlichen Lidsehnen befestigt und ermöglicht den aktiven Lidschluss. Der zweite Anteil des Muskels (Pars profunda) befindet sich am hinteren Lidrand und drückt ihn an die Cornea. Darüber hinaus reguliert er den Tränenabfluss.
Das äußere Lidblatt wird nach innen durch das Septum orbitale abgegrenzt und steht durch dieses in Verbindung mit dem inneren Lidblatt.
Inneres Lidblatt
Das innere Lidblatt besteht aus vier Lagen Muskel- und Bindegewebe.
Direkt unterhalb des M. orbicularis oculi liegt der gewölbte Tarsus, eine bindegewebige Platte, die für eine höhere Stabilität des Lids sorgt. Er enthält die Meibom-Drüsen (Glandulae tarsales), die ein Sekret am hinteren Lidrand (Limbus palpebrae posterior) abgeben, das sich mit der Tränenflüssigkeit vermischt.
Durch diesen Talg verdunstet der Tränenfilm auf der Cornea langsamer. Bei Kontraktion des M. orbicularis oculi werden die Ausführungsgänge der Drüsen ausgepresst.
Am Oberlid wirkt der Tarsus dem Zug des M. levator palpebrae superioris entgegen. Dieser zieht über die Oberseite des Augapfels und den M. rectus superior hinweg nach vorn und bildet eine breite Sehne aus, die aus einer oberen kollagenfaserigen und einer unteren elastischen Lamelle besteht. Erstere setzt an der Vorderseite des Tarsus an, die obere Lamelle am Oberrand des Tarsus. Letztere ist zugleich Ursprung des M. tarsalis (Müller-Muskel).
Der M. tarsalis befindet sich zwischen M. levator palpebrae superioris und der Bindehaut (Tunica conjunctiva). Seine glatten Muskelzellen werden durch den Sympathikus innerviert, während der M. levator palpebrae superioris durch den N. oculomotorius angesteuert wird.
Beide Muskeln sind für die Hebung des Oberlides zuständig. Während der M. levator palpebrae superioris die Grobeinstellung vornimmt, sorgt der M. tarsalis für die Feinregulierung.
Dadurch entstehen verschiedene Gesichtsausdrücke: bei Sympathikusaktivierung ist die Lidspalte durch Anspannung beider Muskeln weit, die Person wirkt erschreckt. Im Gegensatz dazu steht ein verschlafener Blick, das Oberlid hängt herunter (Ptosis).
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Weiterhin gehen vom Tarsus des Ober- und Unterlids die Lidsehnen (Ligamenta palpebralia mediale und laterale) aus, die für die Befestigung an der Periorbita sorgen und gleichzeitig die Lider spannen und den Augapfel anlegen.
An der Innenseite des Tarsus liegt die Conjunctiva tarsi an, die am oberen und unteren Limbus der Cornea eine Übergangsfalte (Fornix conjunctivae) bildet und in die Conjunctiva des Augapfels (Conjunctiva bulbi) übergeht. Sie bedingt die Gleitfähigkeit des Augenlids auf dem Augapfel. Zusammen bilden Conjunctivae tarsi und bulbi und die Übergangsfalte die Bindehaut (Tunica conjunctiva).
Am vorderen Lidrand (Limbus palpebrae) befinden sich die Schweiß-absondernden Moll-Drüsen (Glandulae ciliares) sowie die Talg-absondernden Zeis-Drüsen (Glandulae sebaceae) nebst den Wimpern (Cilia). Die Wimpern bilden am Ober- und Unterlid einen Kranz, der das Auge vor starker Lichteinstrahlung sowie Fremdkörpern schützt. Sie sind durch die Afferenzen des Lidschlussreflexbogens innerviert.
Orbitafaszie
Die Orbitafaszie (Septum orbitale) ist eine kräftige bindegewebige Faszie, die zwischen dem Rand der Orbita und dem Tarsus gespannt ist. Sie grenzt das Fettgewebe der Orbita nach vorne von den Lidmuskeln ab.
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Versorgung
Die Blutversorgung der Augenlider erfolgt sowohl aus dem Stromgebiet der A. carotis interna über die A. supraorbitalis und A. lacrimalis aus der A. ophthalmica, als auch aus der A. carotis externa über die A. temporalis superficialis, A. angularis und A. dorsali nasi. Die feinen Äste (Aa. palpebrales medialis et lateralis) anastomosieren an den Lidkanten.
Die Innervation von Ober- und Unterlid ist nicht identisch. Während das Oberlid sensibel durch die Nn. supratrochlearis, infratrochlearis und lacrimalis (Äste von N. ophthalmicus bzw. N. trigeminus) innerviert wird, erfolgt dies beim Unterlid hauptsächlich durch den N. infraorbitalis.
Lidschlussreflex
Der Lidschluss, oftmals auch als Kornealreflex bezeichnet, ist ein polysynaptischer Fremdreflex. Er wird bei Berührung des Auges oder seiner Umgebung reflektorisch ausgelöst. In der Praxis wird dieser Reflex mittels eines Wattebauschs getestet, mit dem die Kornea leicht berührt wird.
Das Signal wird über den N. nasociliaris (einem Ast des N. ophthalmicus) zum Ganglion trigeminale geleitet, von wo aus es über den N. trigeminus zu dessen Kernen weitergeleitet wird. Der afferente Schenkel endet nach Verbindungen über die Colliculi superiores oder den Nucleus ruber im Facialiskern. Hier erfolgt die Umschaltung auf den efferenten Schenkel des Reflexbogens: Die viszeromotorischen Fasern des N. facialis innervieren den M. orbicularis oculi, der den Lidschluss ermöglicht.
Tränenapparat
Der Tränenapparat besteht aus der Tränendrüse (Glandula lacrimalis) und den ableitenden Tränenwegen.
Die verzweigte tubuloazinöse Tränendrüse befindet sich an der Lateralseite des Oberlides in der Fossa glandulae lacrimalis und wird durch den M. levator palpebrae superioris in zwei Anteile (Pars orbitalis und palpebralis) gegliedert. Sie beinhaltet kleine Läppchen, die Sekret (Tränenflüssigkeit) in die Fornix conjunctivae abgeben.
Die Sekretion wird parasympathisch und sympathisch gesteuert. Da Tränendrüsen und Lider durch gleiche Nerven innerviert sind, ist auch der Tränenapparat reflektorisch eingebunden. Dadurch wird bei Auslösung des Lidschlussreflexes die Sekretion von Tränenflüssigkeit mit angeregt und somit die Ausspülung eines Fremdkörpers erreicht.
Die farblose, leicht basische, eiweißarme Flüssigkeit hält Cornea und Conjunctiva feucht und ernährt sie. Weiterhin enthält sie Substanzen, die keimabtötend wirken.
Bei jedem Lidschluss wird die Tränenflüssigkeit auf der Cornea verteilt und bildet einen Tränenfilm, der aus einer äußeren Lipidschicht, einem wässrigen Hauptanteil und einer inneren Schicht mit membrangebundenen Muzinen zur Anhaftung an den Häuten besteht.
Überschüssige Tränenflüssigkeit sammelt sich im inneren Augenwinkel und wird über die Puncta lacrimalia (Tränenpunkte) in die Tränenkanälchen (Canaliculi lacrimales) abgeführt, welche durch den Tränensack (Saccus lacrimalis) mit dem Tränennasengang (Ductus nasolacrimalis) verbunden ist. Der Lidschlag beeinflusst die Weite der Tränenkanälchen, wodurch ein Sogeffekt entsteht, der den Abfluss der Tränenflüssigkeit unterstützt.
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Klinik
Relativ häufige pathologische Veränderungen des Augenlids entstehen durch Entzündungen der Drüsen. Beispielsweise kann eine akute bakterielle Infektion (Straphylokokken) die Meibom-Drüsen, manchmal auch die Zeis- oder Moll-Drüsen, betreffen und ein Gerstenkorn (Hordeolum externum) hervorrufen.
Dabei wird am Augenlid eine gerötete oftmals auch schmerzhafte Schwellung am Lidrand sichtbar, oft auch mit eitrigem Ausfluss. Zudem tritt eine Bindehautreizung auf. Weitere Symptome sind die Schwellung der präaurikularen Lymphknoten durch den Entzündungsprozess und ein leichtes Fieber. Die Entzündung kann zu einer Verstopfung der Drüsen-Ausführgänge führen und sich zu einer chronischen granulomatösen Entzündung entwickeln.
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