Vordere Extensoren des Unterschenkels
Die Muskeln der vorderen oder ventralen Extensoren sind ein Teil der Unterschenkelmuskulatur. Sie liegen in der gleichnamigen Extensorenloge (Compartimentum cruris extensorum) in der ventrolateralen Unterschenkelregion und prägen dessen Oberflächenrelief.
Die Sehnen der ventralen Extensoren sind auf dem Fußrücken besonders prominent.
Neben der Extensorenloge gibt es noch die Flexorenloge und Fibularisloge.
Dieser Artikel erläutert die Anatomie, den Aufbau und die Funktion der ventralen Extensoren.
M. tibialis anterior |
Ursprung: laterale Tibia, Membrana interossea, Fascia cruris Ansatz: Os cuneiforme mediale, Os metatarsale I |
M. extensor digitorum longus |
Ursprung: Condylus lateralis tibiae, Vorderkante der Fibula, Membrana interossea Ansatz: aufgespaltete Endsehne strahlt in Dorsalaponeurose und Phalanges distales der 2.- 5. Zehe ein |
M. extensor hallucis longus |
Ursprung: Membrana interossea, mediale Seite der Fibula Ansatz: Phalanx distalis der Großzehe |
Retinacula musculorum extensorum | Verankern und führen die Extensorsehnen |
Innervation | Nervus fibularis profundus |
Funktion | Hauptaufgabe: Dorsalextenion (oberes Sprunggelenk) |
Klinik | Kompartmentsyndrom |
Ursprung, Ansatz und Verlauf
Musculus tibialis anterior
Der M. tibialis anterior verläuft von der lateralen Tibia, der Membrana interossea und Fascia cruris mediokaudal. Auf Höhe der unteren Tibia geht er in eine Sehne über, die von beiden Retinacula musculorum extensorum geführt wird und schließlich plantar am Os cuneiforme mediale und Os metatarsale I ansetzt.
Er dient als Leitmuskel für die Gefäß-Nerven-Straße (N. fibularis profundus, A. und V. tibialis anterior), die zum Sprunggelenk zieht.
Musculus extensor digitorum longus
Der M. extensor digitorum longus entspringt am Condylus lateralis der Tibia, Vorderkante der Fibula und Membrana interossea und geht proximal des Retinaculum superius in eine Sehne über. Diese spaltet sich nun distal des Retinaculum inferius in vier Teilsehnen, die ihrerseits sowohl in die Dorsalaponeurose als auch in die Basen der Phalanges distales der 2. bis 5. Zehe einstrahlen.
Bei ca. 90% aller Menschen existiert eine fünfte Sehne, die zum lateralen Fußrand zieht und am Os metatarsale V ansetzt (M. fibularis/peroneus tertius).
Musculus extensor hallucis longus
Der M. extensor hallucis longus hat seinen Ursprung an der Membrana interossea und der medialen Seite der Fibula. Auch sein Muskelbauch geht proximal des Retinaculum superius in eine Sehne über, die schließlich an der Phalanx distalis der Großzehe ansetzt.
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Retinacula musculorum extensorum
Die kanalartigen Retinacula musculorum extensorum stellen quer verlaufende Verdichtungen der Fascia cruris da, die der Verankerung und Führung der Extensorsehnen dienen.
Das Retinaculum musculorum extensorum superius spannt sich proximal der Malleoli zwischen Fibula und Tibia. Das Y-förmige Retinaculum musculorum extensorum inferius liegt weiter distal und spannt sich zwischen Calcaneus, Malleolus medialis und Plantaraponeurose.
Innervation
Alle vorderen Extensoren werden durch den Nervus fibularis profundus (L4-S1) innerviert.
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Funktion
Die Hauptaufgabe aller vorderen Extensoren des Unterschenkels ist die Dorsalextension im oberen Sprunggelenk. Die beiden Mm. extensor digitorum longus und extensor hallucis longus sind zusätzlich für die Hebung der Fußspitze verantwortlich (Extension der Grund-, Mittel- und Endgelenke der Zehen).
Auf Grund der Sehnenverläufe tragen die Extensoren ebenfalls zu Bewegungen im unteren Sprunggelenk bei: Der M. tibialis anterior bewirkt eine schwache Supination, der M. extensor digitorum longus eine kräftige Pronation und der M. extensor hallucis longus - abhängig von der Ausgangsstellung – entweder eine Supination oder Pronation.
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Klinische Aspekte
Die vorderen Extensoren sind für ein natürliches Gangbild unerlässlich. Bei einer Lähmung werden eine Dorsalextension und Hebung der Fußspitze im Prinzip unmöglich. Die betroffenen Patient:innen versuchen das Schleifen der Fußspitze am Boden zu verhindern, indem sie die Beine hoch anheben und zuerst mit der Fußspitze ansetzen („Steppergang“).
Die Extensorenloge ist auf Grund ihrer relativ starren, unflexiblen Struktur äußerst anfällig für kritische Druckanstiege, z.B. bei Blutungen nach Trauma (Kompartmentsyndrom). Häufig entstehen diese nach einer starken Belastung (z.B. eine lange Wanderung) oder einem Trauma. Durch die Muskelschwellung werden die Nerven und Gefäße in der Loge komprimiert, was schnell zu ischämischen Muskelnekrosen führen kann. In diesem Notfall muss unverzüglich die Muskelloge durch eine chirurgische Trennung der Faszien (Fasziotomie) entlastet werden.
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