Fingergelenke
Als Fingergelenke (Articulationes digitorum manus) werden mehrere Gelenke zwischen den einzelnen Fingergliedknochen (Phalangen) und den Mittelhandknochen der Finger II-V und des Daumens zusammengefasst.
Dazu zählen die:
- Fingergrundgelenke (Metacarpophalangealgelenke, MCP),
- Fingermittelgelenke (proximale Interphalangealgelenke, PIP) und
- Fingerendgelenke (distale Interphalangealgelenke, DIP)
Da der Daumen nur aus zwei Fingergliedknochen besteht, besitzt dieser nur zwei Gelenke: das Daumengrundgelenk (Articulatio metacarpophalangea pollicis, MCP I) und -endgelenk (Articulatio interphalangea policis, IP I).
Dieser Artikel beschreibt die Anatomie, den Aufbau und die Funktion der verschiedenen Fingergelenke.
Fingergrundgelenke |
Artikulierende Knochen: Jeweils konvex gewölbte Köpfe der Mittelhandknochen und konkav gewölbte Basen der Grundphalangen der Finger Gelenkart: anatomische Kugelgelenke (Ausnahme Daumen: Scharniergelenk), funktionelle Eigelenke (Finger II-V) bzw. Scharniergelenk (Daumen) Muskeln: lange Handmuskeln, kurze Handmuskeln, Thenar- und Hypothenarmuskulatur Funktion: Extension, Flexion, Adduktion, Abduktion und Zirkumduktion der Finger |
Fingermittelgelenke |
Artikulierende Knochen: Jeweils Köpfe der Grund- und Basen der Mittelphalangen Gelenkflächen: rollenförmige Gelenkköpfe, zapfenförmige Basen Gelenkart: Scharniergelenk Muskeln: lange und kurze Handmuskeln, Thenar- und Hypothenarmuskulatur Funktion: Extension und Flexion |
Fingerendgelenke |
Artikulierende Knochen: Jeweils Köpfe der Mittel- und Basen der Endphalangen Gelenkflächen: rollenförmige Gelenkköpfe, zapfenförmige Basen Gelenkart: Scharniergelenk Muskeln: lange und kurze Handmuskeln, Thenar- und Hypothenarmuskulatur Funktion: Extension und Flexion |
Aufbau
Die einzelnen Gelenkarten ähneln sich in ihren knöchernen Strukturen. Dennoch gibt es einige Besonderheiten, die sich auch auf die Funktionen auswirken.
Fingergrundgelenke
Die Gelenkanteile der Grundgelenke des Zeige- bis kleinen Fingers (Articulationes metacarpophalangeae II-V) sind jeweils die nach außen (konvex) gewölbten Köpfe der Ossa metacarpalia (Mittelhandknochen) sowie die nach innen (konkav) gewölbten Basen der Grundphalangen.
Die Gelenkflächen beider Knochen werden palmar durch kleine Fortsätze bzw. Faserknorpelplatten erweitert. Aufgrund ihrer knöchernen Form handelt es sich anatomisch um Kugelgelenke.
Das Daumengrundgelenk nimmt aufgrund seiner Gelenkkörper eine Sonderstellung ein und erlaubt funktionell die Bewegung eines Scharniergelenks.
Interphalangealgelenke
Als Interphalangealgelenke (Articulationes interphalangeae) werden die Gelenke zwischen den Fingergliedern bezeichnet. Der Zeige- bis kleiner Finger besitzen drei Glieder, wodurch sich jeweils zwei Gelenke ergeben.
Die Verbindungen zwischen den Köpfen der Grund- und den Basen der Mittelphalangen sind die proximalen Interphalangealgelenke. Das distale Gelenk befindet sich zwischen den Köpfen der Mittel- und den Basen der Endphalangen.
Beide Varianten besitzen folglich rollenförmige Gelenkköpfe und zapfenförmige Basen, die als Scharniergelenk zusammenarbeiten.
Kapsel und Bänder
Die Kapseln der Fingergelenke sind weit und dünn, dennoch sorgen mehrere Bänder für eine ausreichende Stabilität und Unterstützung der Handmuskulatur. Zusätzlich werden die Gelenkkapseln durch die Sehnen der auf sie wirkenden Muskeln verstärkt.
An den Fingern selbst befinden sich die Ringbänder, Kreuzbänder, Kollateralbänder sowie Ligg. palmaria.
Ring- und Kreuzbänder
Die Ringbänder (Ligg. anularia) dienen insbesondere der Befestigung der Sehnenscheiden. Sie sind palmar auf Höhe der jeweiligen Fingergelenke sowie an den Schäften von Grund- und Mittelphalangen angebracht. Sie verhindern, dass die Sehnenscheiden bei der Flexion abheben.
Zwischen den Ringbändern verlaufen die Kreuzbänder (Ligg. obliqua), die eine Verstärkung der Sehnenscheiden darstellen.
Kollateralbänder
Des Weiteren stützen die Kollateralbänder (Ligg. collateralia) die Kapseln der Fingergelenke und erhöhen somit deren Stabilität. Im Bereich der Grundgelenke entspringen sie dorsolateral an den Köpfen der Mittelhandknochen und verlaufen schräg nach palmar, wo sie an den Basen der Grundphalangen und an den Ligg. palmaria einziehen.
Eine zusätzliche Verstärkung wird durch die weiter proximal liegenden Ligg. collateralia accessoria erreicht, die ebenfalls palmar an den Faserknorpelplatten befestigt sind.
Im Bereich der übrigen Gelenke verlaufen die Kollateralbänder vom Kopf einer Phalanx zur Basis der darauffolgenden Phalanx.
Der komplexe Aufbau der Hand mit ihren Gelenken, Muskeln und Zusatzeinrichtungen sorgt für unsere einzigartigen feinmotorischen Fähigkeiten. Damit du dir alles gut merkst, haben wir Tipps, wie du richtig Anatomie lernst!
Ligamenta palmaria und metacarpea transversa
Die Ligg. palmaria befinden sich auf der Palmarseite der Finger und entspringen an der Wurzel der Kollateralbänder, von wo aus sie bis hin zu den Faserknorpelplatten an den Basen der Phalangen ziehen.
Im Übergang von der Mittelhand zu den Fingern befinden sich die Ligg. metacarpea transversa profunda und superficialia, welche die Köpfe der Mittelhandknochen miteinander verbinden und in die Gelenkkapseln der Fingergrundgelenke einziehen.
Mechanik
Entsprechend der verschiedenen Gelenktypen haben die Fingergelenke ein unterschiedlich großes Bewegungsausmaß.
Die Grundgelenke des Zeige- bis kleinen Fingers sind Eigelenke. Sie besitzen drei Freiheitsgrade und können Bewegungen um zwei Achsen ausführen.
Um die Horizontalachse sind Extension (bis 30°) und Flexion (bis 90°) möglich. Um die Sagittalachse erfolgen Adduktion (bis 10°) und Abduktion (bis 20°).
In Flexion sind diese Bewegungen nicht möglich, da die Finger ineinander verkeilen.
Zusätzlich ermöglicht die Anatomie des Eigelenks eine Zirkumduktion (Kreiselbewegung), die sich aus der Kombination aller Bewegungsrichtungen ergibt. Passiv können die Grundgelenke auch nach außen und innen rotiert werden.
Die Mittel- und Endgelenke des Zeige- bis kleinen Fingers sowie das Daumengrund- und endgelenk wirken als Scharniergelenke. Hier ist die Bewegung nur um eine Achse (Horizontalachse des 2.-5. Fingers bzw. Querachse des Daumens) in Form von Extension und Flexion möglich.
Ähnlich wie bei den Fingergrundgelenken kann die Flexion in wesentlich größerem Ausmaß erfolgen als die Extension, beim Daumen bis zu 50°, bei den übrigen Gelenken bis zu 90°. Befinden sich alle Fingergelenke in Flexion ergibt sich der Faustschluss.
Muskulatur
Die Fingergelenke werden durch die kurzen und langen Handmuskeln bewegt. Bei den langen Handmuskeln handelt es sich um mehrgelenkige Unterarmmuskeln, die eine Wirkung sowohl auf das Handgelenk als auch auf die einzelnen Fingergelenke und mitunter auch auf das Ellenbogengelenk haben. An den Fingern selbst sind nur die Endsehnen der Handmuskeln befestigt.
Diese Muskeln können je nach Lage und Funktion verschiedenen Gruppen zugeordnet werden:
Die langen Hand- und Fingerbeuger befinden sich ventral am Unterarm und werden in oberflächliche und tiefe Muskulatur unterteilt. Zu ersteren zählt der M. flexor digitorum superficialis. Der tiefliegenden Muskulatur gehören der M. flexor digitorum profundus und der M. flexor pollicis longus an.
Nachfolgend kannst du dein Wissen zu den langen Hand- und Fingerbeugern testen:
Die langen Hand- und Fingerstrecker befinden sich dorsoulnar am Unterarm. Auch hier kann zwischen oberflächlicher und tiefer Muskulatur unterschieden werden. Die oberflächlich verlaufenden Mm. extensor digitorum und extensor digiti minimi liegen über den Mm. extensor pollicis brevis und longus sowie dem M. extensor indicis.
Brauchst du noch mehr Infos zu den langen Hand- und Fingerstreckern? Die folgende Lerneinheit ist dazu perfekt!
Die dritte Gruppe ist die der kurzen Handmuskeln. Sie bewirken die Flexion der Fingergrundgelenke und die Extension in den Mittel- und Endgelenken sowie die Seitwärtsbewegung der Finger. Zu ihnen zählen die Mm. interossei palmares und dorsales sowie die Mm. lumbricales.
Die Daumen-und Kleinfingergelenke verfügen zusätzlich über eigene Muskeln. Die Thenarmuskulatur (M. abductor pollicis brevis, M. adductor pollicis, M. flexor pollicis brevis, M. opponens pollicis) unterstützt die Flexion und Extension im Daumengrundgelenk sowie im Daumenendgelenk.
Die Hypothenarmuskulatur (M. abductor digiti minimi, M. flexor digiti minimi, M. opponens digiti minimi, M. palmaris brevis) bewirkt die Flexion, Extension und Abduktion in den Gelenken des kleinen Fingers.
Mehr zu den kurzen Muskeln der Hand, erfährst du mit folgender Lerneinheit:
Klinik
Durch die Feingliedrigkeit der Finger und die perfekt aufeinander abgestimmten Funktionen der einzelnen Gelenke wird die Hand zu einem Universalwerkzeug des Menschen. Diese Eigenschaft kann durch verschiedene Erkrankungen verloren gehen. Die Fingergelenke sind besonders häufig im Rahmen einer rheumatischen Arthritis, einer chronisch-entzündliche Gelenkerkrankung, betroffen.
Autoimmunreaktionen rufen hierbei inflammatorische Prozesse im Gelenk hervor, welche zu Schwellungen, Schmerzen und im Verlauf zur Zerstörung der Gelenke führen. Letztere zeigt sich in Deformierungen wie der Schwanenhals- oder Knopflochdeformität.
Die Schwanenhalsdeformität ist durch eine dauerhafte Extension der Fingermittelgelenke und die Flexion der Fingerendgelenke gekennzeichnet; bei der Knopflochdeformität ist es umgekehrt. Beide Fehlstellungen führen zu einer enormen Einschränkung der Greiffähigkeit und können letztlich nur durch eine Operation mit anschließender funktioneller Therapie behoben werden.
Um einen solchen Schritt verhindern zu können soll eine jede rheumatoide Arthritis von Beginn an konsequenz behandelt werden. Dafür steht eine Vielzahl an medikamentösen Optionen zur Verfügung, welche die autoimmunen Prozesse bremst oder gar zum Stillstand bringt.
Häufiger noch als die rheumatoide Arthritis ist die Fingergelenkarthrose. Sie tritt im Alter auf und kann einzelne oder mehrere Gelenke betreffen. Ihre Behandlung ist funktionell und symptomatisch: mit NSAR (akut), Röntgenschmerzbestrahlung, je nach Lokalisation auch mit Bandagen oder Orthesen und mit Akupunktur. Die Prognose ist abhängig vom Befallsmuster und variiert stark in ihrem Erfolg. Ultima ratio ist die Gelenkversteifung, die mit erheblichen Einbuße an Funktionalität einhergeht.
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