Erkrankungen des Ellenbogengelenks
Pathologien des Ellbogengelenkes umfassen vor allem Frakturen, Luxationen, Arthritis (und im begrenzten Ausmaß auch Arthrosen), die Osteochondrosis dissecans sowie die Bursitis.
Die häufigste Fraktur im Erwachsenenalter ist die distale Humerusfraktur.
Im nachfolgenden Artikel werden wir auf die anatomischen Strukturen des Ellenbogengelenks sowie deren möglichen pathologischen Veränderungen genauer eingehen.
Frakturen | Distale Fraktur des Humerus Fraktur des Olekranons Frakturen des Radiusköpfchens Suprakondyläre Humerusfrakturen Condylus radialis humeri-Fraktur |
Luxation | Kommen bei Erwachsenen und bei Kindern vor Besonderheit beim Kind: Subluxation des Radiusköpfchens |
Arthritis und Arthrose |
Arthrose ist deutlich seltener als in den anderen großen Gelenken Führen zu Deformitäten der knöchernen Strukturen mit Destruktion der Gelenkflächen |
Osteochondrosis dissecans | Morbus Panner -> betrifft entweder Kinder zwischen 6 und 10 oder Erwachsene im Zuge einer "Presslufthammer-Osteochondrose" |
Bursitis olecrani | Entzündung des Schleimbeutels über dem Olekranon nach starker mechanischer Beanspruchung |
Muskuläre Erkrankungen | Tennisellbogen (Epicondylopathia radialis / lateralis humeri) Golferellbogen (Epicondylopathia ulnaris / medialis humeri) Überlastungsschäden der Sehnen und Muskelansätze im Bereich der knöchernen Strukturen |
- Frakturen
- Luxation
- Arthritis und Arthrose
- Osteochondrosis dissecans
- Bursitis olecrani
- Muskuläre Erkrankungen
- Literaturquellen
Frakturen
Die wichtigste adulte Ellenbogengelenksfraktur ist die distale Humerusfraktur, die im Rahmen verschiedener Unfallhergänge entstehen kann und mit Schwellung und Schmerzen einhergeht. Sie wird im konventionellen Röntgen diagnostiziert und muss immer operativ versorgt werden.
Häufigen treten auch Begleitverletzungen wie Kompressionen oder ein Anreißen der A. cubitalis auf. Nervenverletzungen (N. medianus, N. ulnaris) kommen ebenfalls vor und sind durch die topographische Nähe des Gelenkes zu diesen Strukturen bedingt.
Bei Sturz auf den Ellbogen oder auch direktem Schlag in den Bereich des Ellenbogengelenks kommt es nicht selten zu einer Fraktur des Olekranons, die wegen der Zugwirkung des M. triceps brachii nahezu immer disloziert und instabil ist. Gehäuft kommen Mehrfragmentfrakturen und / oder eine Läsion des N. ulnaris vor. Die Diagnose erfolgt mit der konventionellen Röntgenaufnahme, die Therapie wird operativ durchgeführt.
Bei einem Sturz auf die ausgestreckte Hand kommt es regelmäßig zu Frakturen des Radiusköpfchens, häufig ist die Fraktur disloziert. Des Weiteren können die Gelenkflächen abscheren oder die Kollateralbänder reißen. Diagnostisch werden gezielte Röntgenaufnahmen durchgeführt, bei denen eine bestimmte Stellung des Gelenkes abgebildet wird.
Auch ohne sichtbare Fraktur kann die Fraktur durch das dorsale Fettpolsterzeichen erkennbar werden. Die Region des Ellenbogengelenks besitzt ein dorsales und ventrales Fettpolster. Physiologischerweise zeigt sich in der seitlichen Aufnahme nur das vordere Fettpolster angedeutet, da das dorsale in der Fossa olecrani liegt und durch Knochen überlagert ist. Bei einer Fraktur mit begleitendem Gelenkerguss verlagert sich das ventrale Fettpolster und das dorsale wird sichtbar.
Die Therapie erfolgt – abhängig von der Frakturart – durch frühfunktionelle Behandlung mit Hilfe einer Schiene oder bei dislozierten Frakturen mit Hilfe von Schrauben. Ein Erguss wird vorher abpunktiert. Bei Kindern ist in der Regel eine Reposition möglich, in seltenen Fällen erfolgt eine Fixation mit Drähten.
Neben der Radiusköpfchenfraktur kommt es bei Kindern vor allem zu suprakondylären Humerusfrakturen, Frakturen des Condylus radialis humeri und des Radiushalses.
Kindliche suprakondyläre Humerusfrakturen sind die häufigsten Frakturen des Kindes überhaupt. Meist entstehen sie auf Grund eines Hyperextensionstraumas mit Sturz auf die ausgestreckte Hand, während der Ellbogen leicht gebeugt oder gestreckt ist.
Die Therapie erfolgt durch Reposition unter Durchleuchtung in Narkose. Grund dafür ist, dass kindlicher Knochen noch im Wachstum befindlich und höchst regenerativ ist, sodass Frakturen bei ordnungsgemäßer Stellung des Knochens und des Frakturstückes gut ausheilen. Zudem kommen auch Drähte zum Einsatz.
Bei Sturz auf die ausgestreckte Hand mit supiniertem Unterarm kann es zur Fraktur des Condylus radialis humeri kommen, die in der Regel operativ behandelt werden muss.
Kindliche Frakturen des Radiushalses können im Rahmen von Luxationen und Stauchungen des Ellbogengelenkes entstehen und werden in Narkose reponiert oder mit Hilfe von Drähten behandelt.
Luxation
Luxationen des Ellbogengelenks kommen beim Erwachsenen und beim Kind vor, beide werden normalerweise in Allgemeinanästhesie reponiert.
Eine Besonderheit des Kindes ist die Subluxation des Radiusköpfchens (= Chassaignac-Luxation), die durch ruckartigen Zug am Arm des Kindes entstehen. Weil das kindliche Gelenk nur ungenügend muskulär gestützt ist, besitzt es eine hohe Luxationstendenz.
Die Diagnose wird klinisch gestellt und die Therapie erfolgt durch sofortige Reposition (ohne Anästhesie) unter Druck auf das Radiusköpfchen und Extension des gebeugten Ellbogens in supinierter Stellung.
Arthritis und Arthrose
Das Ellbogengelenk ist im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis gehäuft betroffen (Ellbogengelenks-Arthritis). Durch Kapselschrumpfung und Gelenkdestruktion kann sich eine Beuge-Pronations-Kontraktur ausbilden. Im Zustand der akuten Reizung kommt es gegebenenfalls zur Synovialitis mit Ergussbildung, die normalerweise auf der Beugeseite radial der Bizepssehne getastet werden kann.
Eine Arthrose des Ellbogengelenkes ist deutlich seltener als in den anderen großen Gelenken (Schultergelenk, Hüftgelenk, Kniegelenk) und vor allem nach Entzündungen, Frakturen und Osteochondrosis dissecans zu finden. Diese Erkrankungen führen gehäuft zu Deformitäten der knöchernen Strukturen mit Destruktion der Gelenkflächen und damit zu einer sekundären Arthrose, wenngleich diese auch klinisch stumm verlaufen kann.
Osteochondrosis dissecans
Eine bei Erwachsenen und Kindern vorkommende aseptische Nekrose des Humerusköpfchens ist der Morbus Panner (Osteochondrosis dissecans des Ellbogengelenkes). Er betrifft entweder Kinder, vor allem Jungen, zwischen 6 und 10 Jahren oder Erwachsene im Zuge einer "Presslufthammer-Osteochondrose".
Die Ätiologie der kindlichen Form ist ungeklärt, es sind jedoch Risikofaktoren bekannt. Beim Erwachsenen kann es bei der Arbeit z.B. mit einem Presslufthammer oder anderen Geräten zu erheblichem Vibrationsdruck kommen, der zu Knorpel-Knochen-Schäden im Gelenk führt.
Pathologisch findet sich in beiden Fällen ein Knorpel-Knochen-Sequester, der in das Gelenk abgestoßen wird und dort Einklemmungserscheinungen hervorrufen kann.
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Bursitis olecrani
Eine vor allem junge Menschen, überwiegend Schüler:innen und Studierende betreffende Erkrankung ist die Bursitis olecrani. Dabei handelt es sich um eine Entzündung des Schleimbeutels über dem Olekranon nach starker mechanischer Beanspruchung, längerem Aufstützen und nach Fraktur.
Ein häufiger Auslöser ist vor allem das längere Aufstützen des Ellenbogens, wie er in Schule und Universität häufig über Stunden am Stück erfolgt. Dabei können sich in der Bursa erhebliche Flüssigkeitsmengen ansammeln.
Die Therapie erfolgt durch Ruhigstellung, ggf. Gabe eines Analgetikums und eventuell spätere Entfernung des Schleimbeutels. Allerdings ist die Rezidivrate sehr hoch und die Schleimbeutel bilden sich relativ rasch neu, sodass womöglich bereits zügig eine weitere Schleimbeutelentfernung indiziert ist.
Mehrere dieser Operationen führen jedoch zu Vernarbungen und sind mit den sonstigen allgemeinen Operationsrisiken verknüpft. Vernarbungen wiederum können zu Kontrakturen und Bewegungseinschränkungen führen.
Aus diesem Grund muss – trotz der zunächst scheinbar einfachen Lösung – die operative Entfernung wohl durchdacht sein, um keinen endlosen Kreislauf von Operationen zu provozieren, der aufgrund von Rezidiven und Operationsfolgen zu weiteren Operationen führt.
Muskuläre Erkrankungen
Eine muskuläre bzw. bindegewebige Erkrankung des Ellbogengelenkes ist der Tennisellenbogen (Epicondylopathia radialis / lateralis humeri) bzw. Golferellenbogen (Epicondylopathia ulnaris / medialis humeri). Dabei handelt es sich um Überlastungsschäden der Sehnen und Muskelansätze im Bereich der knöchernen Strukturen, die an der Bildung des Ellbogengelenkes beteiligt sind.
Untersuchungen haben gezeigt, dass sich regressive Veränderungen der Sehnenursprünge und -ansätze zeigen, die mit Verfettungen und Aufsplittung von Sehnenfasern einhergehen. Diese entstehen zumeist durch Über-, aber vor allem Fehlbelastung wie sie beim Tennisspielen oder beim Golfspielen auftreten können, aber auch bei Berufskraftfahrern auf Grund ihrer einseitigen Bewegungen bei häufig über viele Stunden andauerndem Führen des Kraftfahrzeuges.
Auch andere Fehlbelastungen wie z.B. über Stunden dauernde Schraubbewegungen und andere sich wiederholende, unnatürlich monotone Tätigkeiten (beispielsweise bei bestimmten Fließbandarbeiten) können solche Fehlbelastungen bedingen.
Die Diagnose erfolgt vor allem klinisch. Bei der Untersuchung findet sich ein Druckschmerz über dem betroffenen Epikondylus. Beim Tennisellenbogen kommt es bei passiver Dehnung des M. extensor carpi radialis zu Spontanschmerzen am Epicondylus radialis. Der Schmerz wird durch Faustschluss in der Regel (erheblich) verstärkt.
Der Golferellenbogen präsentiert sich klinisch ähnlich, allerdings kann hier der Druckschmerz auch einziges Symptom überhaupt sein. Laborbefunde, Röntgenaufnahmen und oft auch MRT-Aufnahmen sind in der Regel ohne pathologischen Befund.
Weil durch den Schmerz und die Schmerzverstärkung durch Faustsschluss sowohl die Funktionalität des Ellbogengelenkes als auch des Handgelenkes und der Hand eingeschränkt ist, ist der Leidensdruck und die Einschränkung der Beweglichkeit im Alltag oft erheblich.
Wird die ursächlich belastende Handlung eingestellt, kommt es häufig zur Abheilung auch ohne Therapie, wenngleich dies Tage (akutes Geschehen) oder Wochen bis Monate dauern kann. Sind die Betroffenen gezwungen ihrer Tätigkeit weiter nachzugehen (z.B. aus finanziellen oder sozialmedizinischen Gründen), ist die Therapie oft ein monatelanger Prozess, der nicht selten mit nur geringem Erfolg verläuft.
Therapeutisch kommen lokal schmerzlindernde Salben und Cremes, Bandagen, physikalische, krankengymnastische oder manuelle Therapien zur Anwendung. Zudem gibt es die Möglichkeit der Behandlung mit lokaler Kältetherapie, transkutaner Nervenstimulation, Akupunktur, Botulinumtoxin-Injektion, Injektion analgetischer und entzündungshemmender Wirkstoffe oder Stoßwellentherapie. Operative Therapien sind meist nur von mäßigem Erfolg.
Mitunter kommt es nach Monaten der – nicht selten sehr unbefriedigenden Therapieergebnisse – zu einer langsamen Rückbildung der Symptome. Kontrakturen oder Folgeschäden bleiben in der Regel nicht zurück.
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