Lendenwirbelsäule (LWS)
Der Abschnitt der Wirbelsäule zwischen der Brustwirbelsäule und dem Kreuzbein wird als Lendenwirbelsäule (LWS) bezeichnet.
Sie besteht in der Regel aus 5 Lendenwirbeln mit den dazwischen liegenden Bandscheiben, die physiologisch in der Sagitallebene nach vorne gekrümmt sind (Lendenlordose).
Die LWS ist an der Stabilisierung der Hüfte und des Beckens beteiligt.
Dieser Artikel erläutert die Anatomie, den Aufbau und die Funktion der Lendenwirbelsäule (LWS).
Aufbau der Lendenwirbel | Corpus vertebrae (Wirbelkörper) Arcus vertebrae (Wirbelbogen) Zwei Processus costales (Querfortsätze) Zwei Processus articulares superior und inferior (obere und untere Gelenkfortsätze) Dornfortsatz (Processus spinosus) |
Gelenke |
Zwei benachbarte Lendenwirbel: über die Bandscheibe (Discus intervertebralis) über zwei Wirbelbogengelenke (Articulationes zygapophysiales) L5 mit S1: Lumbosakralgelenk (Articulatio lumbosacralis) |
Lendenwirbel
Die fünf Lendenwirbel (Vertebrae lumbales), auch L1-L5 genannt, sind die größten und kräftigsten aller wahren Wirbel, d.h. der beweglichen Wirbelsäule. Sie zeigen prinzipiell den Aufbauplan des klassischen Wirbels, jedoch mit einigen kleinen Unterschieden:
- Corpus vertebrae (Wirbelkörper)
- Arcus vertebrae (Wirbelbogen)
- zwei Processus costales (Querfortsätze)
- zwei Processus articulares superior und inferior (obere und untere Gelenkfortsätze)
- Dornfortsatz (Processus spinosus)
Der Lendenwirbelkörper und die Bogenwurzel (Pediculus arcus vertebrae) sind deutlich stärker ausgebildet als bei den anderen Wirbeln, die Bogenplatte (Lamina arcus vertebrae) fällt dagegen relativ kurz aus. Das Wirbelloch (Foramen vertebrale) ist vergleichsweise klein und hat eine dreieckige Form. Die Foramen werden klinisch als Neuroforamen bezeichnet, da hier der Spinalnerv durchzieht.
Bei den Querfortsätzen der LWS handelt es sich um rudimentäre Rippenanlagen, weshalb sie als Processus costales bezeichnet werden. In manchen Fällen verschmelzen einzelne Rippenanlagen nicht mit dem Wirbel und liegen als sogenannte "Lendenrippen" vor.
Dorsal der Processus costales befindet sich jeweils ein großer zusätzlicher Fortsatz (Processus accessorius).
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Auf den oberen Gelenkfortsätzen sitzt beidseitig der sogenannte Zitzenfortsatz (Processus mammillaris), der als Ansatzfläche für Muskeln dient.
Zwischen dem oberen und unteren Gelenkfortsatz befindet sich ein Knochenbereich, der relativ wenig Spongiosa enthält. Er wird auch Interartikularportion (Pars interarticularis) genannt und spielt klinisch eine wichtige Rolle.
Bei bis zu 12% aller Menschen ist der L5 mit dem Kreuzbein teilweise oder komplett verschmolzen, was als Sakralisation bezeichnet wird. Umgekehrt kann der oberste Sakralwirbel (S1) auch unvollständig mit dem Kreuzbein vereint sein und Merkmale eines Lendenwirbels aufweisen (Lumbalisation), was bei bis zu 8% der Menschen vorkommt.
Gelenke
Wie für die bewegliche Wirbelsäule typisch, sind auch in der LWS zwei benachbarte Wirbel jeweils über drei Gelenke miteinander verbunden:
- über die Bandscheibe (Discus intervertebralis), die zwischen den Wirbelkörpern liegt
- über zwei Wirbelbogengelenke (Articulationes zygapophysiales), bei denen die oberen und unteren Gelenkfortsätze miteinander artikulieren.
Der unterste Lendenwirbel L5 ist mit obersten Sakralwirbel S1 über das Lumbosakralgelenk (Articulatio lumbosacralis) verbunden. Dabei liegt die Bandscheibe zwischen dem Lendenwirbelkörper und der Grundfläche des Kreuzbeins (Basis ossis sacri). Zusätzlich artikulieren die unteren Gelenkfortsätze des L5 mit den oberen Gelenkfortsätzen des S1.
Bänder
In der LWS zeigen sich die typischen Bänder, die entlang der Wirbelsäule ziehen wie z.B. die vorderen und hinteren Längsbänder (Lig. longitudinale anterius et posterius) und die gelben Bänder (Ligg. flava). Darüber hinaus wird sie über folgende zwei Bänder gestärkt und gesichert:
Entwicklung
Die LWS entsteht - wie der Rest der Wirbelsäule - um die Chorda dorsalis herum. Ähnlich wie bei den anderen Wirbeln haben die Lendenwirbel zwei perichondrale Knochenanlagen in den Wirbelbögen und eine enchondrale Knochenanlage im Wirbelkörper. Darüberhinaus entwickeln sich die Procc. costales jeweils durch einen eigenständigen Ossifikationszentrum, insgesamt besitzt ein Lendenwirbel also fünf Knochenkerne.
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Oberflächenanatomie
Die Procc. spinosi der LWS lassen sich in Bauchlage normalerweise gut ertasten, die Schwierigkeit besteht jedoch darin, den lumbosakralen Übergang richtig zu erkennen und Variationen (z.B. 4 oder 6 Lendenwirbel) nicht zu übersehen. Folgende Grundsätze können bei der Palpation helfen:
- Die Verbindungslinie zwischen der linken und rechten Crista iliaca des Os ilium trifft auf den Proc. spinosus des L4.
- Der Proc. spinosus des L5 ist stets kleiner und liegt meist tiefer als die Procc. spinosi der L4 und S1.
Eine gern genutzte Methode zur Unterscheidung des L5 vom S1 ist die Ausnutzung der Tatsache, dass der L5 im Gegensatz zum S1 in der Regel beweglich ist.
Allerdings ist dies keine zuverlässige Methode um den lumbosakralen Übergang zu erfassen, denn der L5 kann bei einer Hemisakralisation sehr wohl unbeweglich sein, genauso wie sich der S1 bei einer Lumbalisation bewegen kann.
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Klinik
Die Anatomie der LWS spielt für der Lumbalpunktion (auch Liquorpunktion) eine wichtige Rolle, bei der mit einer langen Nadel bis in Wirbelkanal eingedrungen und aus dem äußeren Liquorraum des Rückenmarks Nervenwasser (Liquor cerebrospinalis) entnommen wird.
Dieses wird primär für die Analyse durchgeführt (z.B. bei Verdacht einer ZNS-Infektion oder Hirnblutung), die Entnahme selbst kann aber auch therapeutisch genutzt werden (z.B. bei einem Hydrocephalus malresorptivus).
Als Punktionsort eignen sich am besten die Zwischenwirbelräume L3/L4 und L4/L5, da hier das Risiko sehr gering ist, das kaudale Ende des Rückenmarks (Conus medullaris) zu treffen. Die Punktion sollte in liegender Position bei gebeugtem Oberkörper erfolgen, sodass die Zwischenwirbelräume gut zugänglich sind. Anschließend lokalisiert man den Proc. spinosus des L4 und sticht mit der Kanüle ober- bzw. unterhalb (ca. 4 bis 4,5 cm).
Zu den möglichen Komplikationen zählen u.a. die Durchstechung des Venenplexus der Wirbelsäule (Plexus venosus vertebralis) und die Irritation von Nervenwurzeln. Darüberhinaus führt der Liquorverlust oft zu Kopfschmerzen und Übelkeit für bis zu einige Tage.
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