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Mikroglia

Mikroglia oder Mikrogliazellen sind eine bestimmte Art der Gliazellen, die für die Abwehrmechanismen und Immunreaktionen des zentralen Nervensystems (ZNS) zuständig sind. Sie gehören zu den weniger häufig vorkommenden Zelltypen des ZNS, ihre genaue Anzahl variiert jedoch je nach Region.

Morphologisch und funktionell sind sie den Makrophagen des Gewebes sehr ähnlich.

Trotz ihrer Zugehörigkeit zu den Gliazellen, sind Mikrogliazellen deutlich kleiner. So lassen sie sich gut von anderen Zelltypen der Makroglia-Kategorie, einschließlich Astrozyten, Oligodendrozyten und Ependymzellen unterscheiden.

In diesem Artikel besprechen wir die Physiologie der Mikroglia, sowie deren Struktur und Funktion.

Kurzfakten zu den Mikrogliazellen
Vorkommen Zentrales Nervensystem (ZNS)
Struktur Ruhezustand: Kleiner Zellkörper, ein länglicher Zellkern, verzweigte Fortsätze
Aktivierter Zustand:
Größerer Zellkörper,weniger oder keine Fortsätze
Phagozytose:
Größtes Zellkörperstadium mit Fetttröpfchen (lipid granula), ohne Fortsätze (amöboid)
Embryologischer Ursprung Dottersack, mesenchymale Stammzellen
Marker Moleküle, die zu einem phagozytären und antigenpräsentierenden Zellphänotyp gehören.
Mikroglia Marker (wie TMEM119, P2RY12, und SALL1)
Funktion Phagozytose
Antigen Präsentation
Beseitigung von Stoffwechselendprodukten
Regulierung der Neurone und anderen Gliazellen
Immunantwort auf (Verletzungen, Entzündungen, Infektionen, Degeneration und Entartung)
Wachstum, Erneuerung und Rekonstruktion des Nervengewebes
Inhalt
  1. Vorkommen
  2. Struktur
    1. Ruhezustand
    2. Aktivierter Zustand
    3. Phagozytose
  3. Embryologische Entwicklung
  4. Marker der Mikrogliazellen
  5. Funktion
    1. Erkennen und Beseitigen von Mikroorganismen, Toxinen und anderen Antigenen
    2. Beseitigung von Stoffwechselendprodukten und beschädigten Zellen
    3. Auslösen der Immunreaktion
    4. Beseitigung zerstörter oder defekter Neurone
    5. Unterstützung der Entwicklung und Regeneration von Nervengewebe
    6. Antwort auf Gewebeschäden
  6. Klinik
  7. Literaturquellen
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Vorkommen

Mikrogliazellen befinden sich ausschließlich im ZNS und sind dort sowohl in der grauen als auch in der weißen Substanz vorhanden. Im Hirnstamm, Hippocampus und in den Basalganglien sind die Mikroglia zahlreich vertreten, während sie in anderen Bereichen, wie dem Kortex des Kleinhirns und im Neokortex variieren können.

Die Zahl der Mikrogliazellen steigt durch lokale Proliferation als Reaktion auf ein kürzlich erlittenes Trauma oder eine Entzündung in der betroffenen Region an. Mikroglia können sich durch amöboide Bewegung innerhalb des ZNS gezielt zu den betroffenen Geweben bewegen, um dort ihre Immunfunktion zu erfüllen.

In Hirngewebe, in dem eine umfangreiche neuronale Degeneration auftrat, wurde ebenfalls eine höhere Konzentration von Mikrogliazellen beobachtet.

Struktur

Mikrogliazellen sind, wie ihr Name schon verrät, die kleinste Art von Gliazellen. Unter dem Mikroskop erkennt man ihre kleinen, länglichen Zellkerne, wodurch sie leicht von den großen runden Kernen anderer Zelltypen zu unterscheiden sind.

Die Morphologie der Mikrogliazellen kann jedoch deutlich variieren, je nach ihrem Zustand:

Ruhezustand

Im Ruhezustand kann man an der Zelloberfläche die zahlreichen, kurzen und ungleichmäßig geformten Fortsätze erkennen, die sich in verschiedene Richtungen verzweigen. Die Fortsätze sind dynamisch, d.h. sie verändern ständig ihre Länge und Form. Dadurch ist es der Mikrogliazelle möglich, ihre Umgebung zu überwachen.

Aktivierter Zustand

Im aktivierten Zustand nimmt die Anzahl ihrer Fortsätze ab und sie verkürzen sich, da die Mikrogliazelle nun die Produktion von Vesikeln und Proteinen einleitet. Gleichzeitig wächst ihr Zellkörper, bis die Mikroglia schließlich eine amöboide Form mit kaum sichtbaren Fortsätzen annimmt, die morphologisch dem Makrophagen ähnelt. Die gefaltete Membran der Mikrogliazelle ist charakteristisch für den aktivierten Zustand und wird oft mit phagozytärer Aktivität in Verbindung gebracht. Unter dem Elektronenmikroskop sind im Zytoplasma ein vergrößerter Golgi-Apparat sowie zahlreiche Lysosome und Phagosome zu sehen.

Phagozytose

In diesem Zustand nimmt die Mikrogliazelle nochmal an Größe zu und reichert Fetttröpfchen (lipid granula) an, was ihr ihr charakteristisches Aussehen verleiht. Dieses Erscheinungsbild findet sich typischerweise in Regionen des ZNS, die von einer Infektion, Entzündung oder einem Trauma betroffen sind.

Embryologische Entwicklung

Mikrogliazellen entwickeln sich im Gegensatz zu den anderen Gliazellen nicht aus dem Ektoderm, sondern aus dem Mesoderm. Sie gehören zusammen mit den Monozyten und den Subtypen der Makrophagen zum mononukleär-phagozytären System.
Ihr Phänotyp deutet auf einen gemeinsamen Ursprung mit den Makrophagen hin, der auf mesenchymale Stammzellen im Dottersack zurückzuführen ist. Diese Stammzellen differenzieren direkt zu Gewebemakrophagen, darunter Mikrogliazellen. Letztere wandern im späten Embryonalstadium in das ZNS ein und entwickeln sich weiter zur primitiven Form der Mikrogliazellen. Dieses Ereignis findet gleichzeitig mit der Vaskularisierung des ZNS statt, insbesondere während der Entwicklung der Blut-Hirn-Schranke, an deren Bildung die Astrozyten beteiligt sind.

Mikrogliazellen wandern während der Embryonalentwicklung aus dem Dottersack in das ZNS ein, noch bevor die Blut-Hirn-Schranke vollständig ausgebildet ist. Nach der Etablierung der Blut-Hirn-Schranke verbleiben sie als die einzigen dauerhaften ortsansässigen Immunzellen im ZNS, während periphere Immunzellen nur unter pathologischen Bedingungen eindringen können

Aufgrund ihrer frühzeitigen Abweichung der typisch mononukleären Differenzierung sind Mikrogliazellen für ihre Erneuerung nicht auf die Stammzellen des Knochenmarks angewiesen und besitzen stattdessen die Fähigkeit zur Selbstregeneration.

Marker der Mikrogliazellen

Da Mikrogliazellen im Wesentlichen den Phänotyp von Phagozyten aufweisen, haben sie die meisten ihrer Membran- und intrazellulären Proteine mit den Makrophagen gemeinsam. Sie produzieren zahlreiche CD-Membranproteine (z. B. CD11, CD14, CD16, CD40, CD45, CD68, CD80) und das ionisierte Calcium-Bindungsadaptermolekül 1 (IBA-1). Die Produktion findet selbst im Ruhezustand statt.

Die Aktivierung führt zur Präsentation verschiedener Oberflächenmarker (cluster of differentiation), wie (CD32, CD86, MHC II (HaupthistokompatibilitätskomplexII)) oder zur Hochregulierung anderer Marker (CD16, CD40, IBA-1), die hauptsächlich mit Prozessen der Phagozytose und der Regulation des Immunsystems zusammenhängen.

Viele dieser Marker sind wie bereits erwähnt nicht spezifisch für Mikrogliazellen und können auch in anderen Zellen nachgewiesen werden. Es konnten jedoch auch einige Marker der Mikrogliazellen identifiziert werden, die sie von Makrophagen oder anderen Gliazellen unterscheiden. Zu den bekannten spezifischen Markern der Mikroglia gehören:

  • Transmembranprotein 119 (TMEM119)
  • Purinerge Rezeptor P2Y12R
  • Salähnliches Protein 1 (SALL1)

Es gibt zwar allgemeine Marker für Mikrogliazellen sowie spezifische Marker, die den aktuellen Zellphänotyp betreffen, aber auch Marker, die die ausgeprägte Heterogenität innerhalb der Zellpopulation zeigen. Diese Unterschiede stehen vor allem im Zusammenhang mit der jeweiligen Lokalisation in verschiedenen Gehirnregionen.

Funktion

Mikrogliazellen bilden die einzige Form der angeborenen aktiven Immunität im ZNS und dienen als dessen primärer Abwehr- und Schutzmechanismus. Sie sind durch ihre Fähigkeit, sich amöboid fortzubewegen sehr mobil und können sich weiträumig durch das Neuropil (besteht aus Nervenfasern, Dendriten, Gliafortsätzen und Axonen) bewegen. Dabei überwachen sie kontinuierlich das Nervengewebe und suchen es nach Fremdkörpern ab. Diese einzigartige Funktion der Mikrogliazellen beruht auf mehreren spezifischen Merkmalen, die wir im Folgenden zusammenfassen.

Erkennen und Beseitigen von Mikroorganismen, Toxinen und anderen Antigenen

Da Bindegewebe im zentralen Nervensystem sehr begrenzt zu finden ist (Plexus choroideus, größere Gefäße), kann bei einer Verletzung oder Infektion keine typische Entzündungsreaktion erfolgen.

Im ZNS übernehmen die Mikrogliazellen diese Aufgabe und sorgen für eine entsprechende Immunantwort. Über Mustererkennungsrezeptoren (PRRs) reagieren sie auf Antigene und toxische Substanzen und gehen in einen aktivierten, phagozytierenden Zustand über. Gleichzeitig produzieren sie Zytokine und zytotoxische Faktoren wie beispielsweise TNF und NADPH-Oxidase. 

Beseitigung von Stoffwechselendprodukten und beschädigten Zellen

Mithilfe von PRRs identifizieren Mikrogliazellen auch nutzlose Moleküle und zelluläre Komponenten innerhalb des Neuropils und entfernen sie hauptsächlich durch Pinozytose, einer Form der Endozytose. Diese Funktion ist für die Aufrechterhaltung des molekularen Gleichgewichts im Nervengewebe von entscheidender Bedeutung, da die neuronale Aktivität sehr empfindlich auf Veränderungen in der Zusammensetzung des extrazellulären Raums reagiert.

Auslösen der Immunreaktion

Mikrogliazellen haben nicht nur phago- und pinozytierende Eigenschaften, sondern sind auch als Antigen-präsentierende Zellen tätig. Diese Eigenschaft ist für die Verteidigung des ZNS von entscheidender Bedeutung, da es im gesundem Zustand keine andere Art von Antigen-präsentierenden Zellen gibt, die eine intakte Blut-Hirn-Schranke überwinden können.

Nachdem die Mikrogliazelle sich mit dem Antigen verbunden und es phagozytiert hat, präsentiert sie es auf ihrer Oberfläche und setzt dabei Zytokine, wie beispielsweise Interleukine frei. Diese Zytokine unterstützen die Kommunikation mit Lymphozyten, die außerhalb der Blut-Hirn-Schranke aktiviert werden. In der Folge können die Lymphozyten die Blut-Hirn-Schranke überwinden und in das Nervengewebe eindringen, um eine Immunreaktion auszulösen.

Beseitigung zerstörter oder defekter Neurone

Bei Apoptose, Nekrose oder extremem Stress wandern Signale der Zielzellen in Form von Phosphatidylserin oder Calreticulin an die zerstörte neuronale Membran und werden als Zelloberflächenproteine erkannt. Dadurch werden spezielle Rezeptoren der Mikrogliazellen stimuliert, was zum Einschluss und zur Beseitigung des Neurons führt. Eine solche Reaktion kann auch durch sehr empfindliche Kaliumkanäle ausgelöst werden, die kleinste Veränderungen des extrazellulären Kaliums wahrnehmen können (im Falle von Zellnekrose wird intrazelluläres Kalium in den extrazellulären Raum abgegeben). Dieser Prozess ist zum Beispiel bei neurodegenerativen Erkrankungen weit verbreitet und wird als Neuronophagie bezeichnet.

Unterstützung der Entwicklung und Regeneration von Nervengewebe

Im sich entwickelnden Gehirn phagozytieren Mikrogliazellen neurale und gliale Vorläuferzellen, Neurone und Oligodendrozyten und tragen so zur Bildung von Schaltkreisen, zur Myelinisierung der Axone und Differenzierung bei. Mikrogliazellen treten auch mit neuronalen Somata in Kontakt, modulieren deren Aktivität und pflegen die Neuronen. Sie spielen eine Rolle bei der Beseitigung toxischer Abfälle, der Freisetzung entzündungshemmender Faktoren und der Beseitigung ineffektiver Synapsen, wodurch neuronale Schaltkreise geformt werden. Diese Eigenschaften tragen auch im ZNS von Erwachsenen zur neuronalen Plastizität, Gewebeerneuerung und -reparatur bei.

Antwort auf Gewebeschäden

Aufgrund des fehlenden Bindegewebes unterscheidet sich die beobachtete Reaktion bei ausgedehnten Schäden im ZNS von der typischen Narbengewebebildung. Stattdessen setzen Astrozyten im geschädigten Bereich Signalmoleküle frei, die Mikrogliazellen aktivieren und anziehen. Die Mikrogliazellen vermehren sich und bewegen sich innerhalb des ZNS in den geschädigten Bereich. Nach einigen Stunden ist das geschädigte Gewebe voll mit aktivierten Mikrogliazellen, die sich weiter vermehren, Knötchen bilden, Zytokine freisetzen und die Phagozytose, sowie die Sekretion zytotoxischer Faktoren einleiten.

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Kim Bengochea Kim Bengochea, Regis University, Denver
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