Stimmbänder
Die Stimmbänder (Ligg. vocalia) bezeichnen zwei paarig angelegte elastische Bänder im Kehlkopf (Larynx). Sie sind Teil der Stimmfalten (= Plicae vocales, Stimmlippen) und formen die dazwischenliegende Stimmritze (Rima glottidis). Ihre grundlegende Funktion liegt in der Stimmbildung des Menschen.
Besonders bei Operationen an der Schilddrüse ist die Innervation der Stimmbänder gefährdet. Eine Verletzung des im OP-Gebiet verlaufenden N. laryngeus recurrens kann zu Heiserkeit bis hin zu akuter Atemnot führen.
Dieser Artikel beschreibt im Detail die Anatomie, Histologie und Funktion der Stimmbänder.
Aufbau
Die paarig angelegten Stimmbänder ziehen vom Proc. vocalis des Stellknorpels (Cartilago arytaenoidea) nach medial bis zur dorsalen Fläche des Schildknorpels (Cartilago thyreoidea). Sie sind dem gleichfalls paarig vorhandenen M. vocalis aufgelegt. Die Ligg. vocalia setzen sich nach kranial in der Membrana quadrangularis fort und nach kaudal im Conus elasticus.
In der Klinik werden die Stimmfalten/Stimmlippen häufig als Synonym für die Stimmbänder gebraucht. Tatsächlich aber bilden die Stimmbänder zusammen mit dem M. vocalis und einer Lamina propria aus lockerem Bindegewebe die Stimmfalte.
Histologisch setzen sich die Stimmbänder aus quergestreifter Muskulatur, Bindegewebe und wegen der hohen mechanischen Beanspruchung aus mehrschichtig verhorntem Plattenepithel zusammen. Dadurch wird ihnen eine weiße bis graue Farbe verliehen.
Innervation
Die Innervation der Muskeln, die die Stellung der Stimmbänder beeinflussen, erfolgt über Äste des N. vagus. Dieser gibt einerseits den N. laryngeus superior und andererseits den N. laryngeus recurrens (Nervus laryngeus inferior) ab.
Der Nervus laryngeus superior bildet zwei Äste: Mit seinem Ramus externus innerviert er den äußeren Kehlkopfmuskel M. cricothyroideus (häufig auch Anticus genannt), während er mit seinem sensiblen Ramus internus ins Kehlkopfinnere zieht und die Schleimhaut bis zur Stimmritze innerviert.
Der N. laryngeus reccurens innerviert alle inneren Kehlkopfmuskel und die Schleimhaut unterhalb der Stimmritze.
Funktion
Die Stimmbänder sind wichtig für die Phonation, also die Entstehung der Stimme im Kehlkopf.
Durch den Luftstrom bei der Ausatmung werden die Stimmbänder in Schwingung versetzt und es entstehen Töne.
Je nach Stärke des Anblasedrucks kann eine andere Lautstärke erzeugt werden. Die verschiedenen Tonhöhen kommen durch unterschiedliche Spannungszustände der Stimmbänder zustande.
Die grundlegende Stimmhöhe wird durch die Länge der Stimmbänder bestimmt, welche wiederum die Grundschwingungsfrequenz der Stimmlippen bedingt. Je höher die Schwingungsfrequenz, desto höher die Stimme. Weil die Stimmbänder bzw. Stimmlippen von Männern länger und kräftiger sind, haben diese eine tiefere Stimme als Frauen.
Für die Funktion der Phonation sind die Kehlkopfmuskeln unerlässlich, welche die Stimmbänder entweder spannen oder deren Stellung verändern können.
Der M. cricothyroideus (auch äußerer Spanner der Stimmbänder genannt) nähert durch Kontraktion die Schildknorpelunterkante der vorderen Oberkante des Ringknorpels, das heißt, er kippt den Schildknorpel nach vorne bzw. den Ringknorpel nach hinten. Dadurch kommt es zum groben Vorspannen der Stimmbänder.
Auch der M. vocalis (auch innerer Spanner der Stimmbänder genannt) verändert die Spannung und Dicke der Stimmbänder. Dieser Muskel ist verantwortlich für den Charakter der Stimme.
Die inneren Kehlkopfmuskeln (Mm. cricoarytenoideus posterior und lateralis, M. thyroarytaenoideus) werden auch als Stellmuskeln bezeichnet, da sie die Stellung der Stimmbänder beeinflussen können.
Der M. cricoarytenoideus posterior (auch Posticus genannt) kann als einziger Kehlkopfmuskel eine Öffnung der Stimmritze auslösen. Der M. cricoarytenoideus lateralis (auch Phonationsmuskel genannt) kann entweder einen Teil der Stimmritze öffnen oder verschließen. Durch seine Funktion, die Pars intercartilaginea der Stimmritze zu öffnen und die Parts intermembranacea zu verschließen, werden die Procc. vocales einander angenähert. Durch diesen Mechanismus wird die Phonation eingeleitet.
Je nach Stellung der Stimmfalten, verändert sich auch die Funktion (von 1 nach 4 nimmt die Größe der Stimmritze zu):
- Median- oder Phonationsstellung: Stimmbildung (Phonation)
- Paramedianstellung: Flüsterstellung
- Intermediärstellung: normale Atmung
- Respirationsstellung: forcierte Atmung
Entwicklung der Stimme
Bei Jungen wird durch den Wachstumsschub in der Pubertät auch eine Verlängerung und Verdickung der Stimmbänder herbeigeführt (Längenwachstum bei Jungen ca. 1 cm). Dadurch senkt sich die Stimmhöhe um ungefähr 1 Oktave.
Die Ursache für den Stimmbruch liegt in der Tatsache begründet, dass die Stimmlippen durch unregelmäßiges Wachstum in der Pubertät ungleich schwingen und die Stimme infolgedessen rau, instabil und brüchig wirkt. Zusätzlich besteht beim pubertären Wachstum eine Art nervale Instabilität, die mit neuromuskulären Anpassungsschwierigkeiten einhergeht.
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Klinik
Bei Schilddrüsenoperationen besteht eine besonders hohe Gefahr für Schädigung oder gar Durchtrennung des N. recurrens, da er der Schilddrüse rückseitig aufliegt. Eine einseitige Verletzung des N. laryngeus recurrens führt zu einer dauerhaften Paramedianstellung einer Stimmlippe.
Symptomatisch stellt sich dies meist als Heiserkeit dar. Diese sollte sich in den ersten drei Monaten nach der Läsion zurückbilden. Ist dies nicht der Fall, muss eine logopädische Therapie erfolgen.
Bei einer beidseitigen Schädigung des N. laryngeus recurrens kommt es zur Medianstellung der Stimmlippen. Daraus resultiert für Patient:innen eine lebensgefährliche Notfallsituation mit schwerer Atemnot, weil sich die Stimmritze nicht mehr weit genug öffnen kann (Lähmung des M. cricoarytaenoideus posterior). Die Akuttherapie besteht in einer Notfall-Tracheotomie.
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