Atemzyklus
Der Atemzyklus beschreibt den sich dauerhaft wiederholenden Vorgang der Lungenatmung (äußere Atmung). Dieser ist von der inneren Atmung in den Mitochondrien abzugrenzen, wo Sauerstoff für Energie gewinnende Prozesse verwendet wird.
Voraussetzung für den Atemvorgang sind aktive Kräfte, welche eine Zu- und Abnahme des Thoraxvolumens bewirken können, die Atemmuskeln. Gleichzeitig muss ein Unterdruck im Pleuraspalt herrschen, welcher die Lunge in alle Richtungen gleichmäßig auseinanderzieht. Dies ist notwendig, da bei normalem Luftdruck die Lunge aufgrund elastischer Rückstellkräfte kollabieren würde.
Dieser Artikel erläutert die Physiologie und beteiligte Muskulatur des Atemzyklus.
Atemphasen |
Inspiration: Ausweitung des Thorax durch Atemmuskeln, sinkender Pleuradruck, Ausdehnung der Lunge, einströmende Luft Expiration: Zusammenziehen von Thorax und Lungen durch Rückstellkräfte und Schwerkraft + Atemhilfsmuskeln |
Lungenvolumina |
Residualvolumen (RV): Restvolumen nach max. Expiration (ca. 1-1,5l) Atemzugvolumen (AZV): Volumen eines Atemzugs (ca. 0,5l in Ruhe) Insp. Reservevolumen (IRV): Maximales zusätzlich inspirierbares Volumen (ca. 3l) Exp. Reservevolumen (ERV): Maximales zusätzlich expirierbares Volumen (ca. 1,5l) Totale Lungenkapazität (TC/TLC): Lungenvolumen nach maximaler Inspiration (ca. 6l) Vitalkapazität (VC): Volumen zwischen max. Expiration und max. Inspiration (ca. 5l) |
Atemphasen
Der im Pleuraspalt vorhandene Unterdruck bedingt, dass die Lunge den Atembewegungen "folgt". Diese Bewegungen laufen wie folgt ab:
Inspiration (Einatmung)
Bei der Inspiration weitet sich der Thorax, d.h. der sagittale Durchmesser vergrößert sich - dadurch nimmt der Unterdruck im Pleuraspalt zu (wird negativer, in Ruheatmung -4 kPa). Da die Lunge diesen Bewegungen folgt, wird sie in alle Richtungen aufgedehnt. Es steht der einströmenden Luft eine große Fläche zur Verfügung um sich in den Alveolen zu verteilen, sodass Sauerstoff aus der Einatemluft die Blut-Luft-Schranke passieren und in das Blut der Lungenkapillaren diffundieren kann. Dabei gilt: je größer die Diffusionsfläche, desto mehr Sauerstoff gelangt in das Blut.
Die Weitung des Thorax (Brust- oder Rippenatmung) geschieht durch folgende inspiratorische Atemmuskeln:
- Mm. intercostales externi
- Mm intercartilaginei
- Mm. scaleni (teilweise)
Im Ruhezustand erfolgt die Kontraktion der Atemmuskeln nicht bewusst. Bei besonderem Sauerstoffbedarf können zusätzliche inspiratorische Atemhilfsmuskeln rekrutiert und willentlich kontrahiert werden, es findet eine forcierte Einatmung statt. Zu den inspiratorischen Atemhilfsmuskeln zählen:
- M. serratus anterior und M. serratus posterior superior
- M. pectoralis minor und M. pectoralis major
- M. sternocleidomastoideus
Die Kontraktion dieser Muskeln bewegt die Rippen voneinander weg, d.h. die Interkostalräume erweitern sich. Da der knöcherne Thorax von kranial nach kaudal einen immer größeren Durchmesser einnimmt, bewirkt diese Bewegung nicht nur eine Vergrößerung des inneren Volumens, sondern auch eine Anhebung des Thorax.
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Zusätzlich zur Rippenatmung kontrahiert sich das Diaphragma, was eine Abflachung des Muskels bewirkt und den Thorax nach unten zieht (Zwerchfellatmung). Die Zwerchfellkuppen senken sich und die Lungen dehnen sich noch weiter aus. Durch die Bewegung wird Druck auf das Abdomen ausgeübt, sodass sich die Bauchwand zunehmend nach außen wölbt. Etwa 2/3 der Inspiration wird durch die Zwerchfellatmung erzeugt und 1/3 durch die Rippenatmung.
Da der durch das Anheben der Rippen gewonnene Raum durch den knöchernen Thorax begrenzt ist, kann die Lunge nach kranial nur sehr begrenzt weiteres Volumen gewinnen. Dies ist jedoch nach kaudal möglich, wo die Lunge zusätzlich Platz in besonderen Spalträumen, den Recessus, findet.
Exspiration (Ausatmung)
Im Gegensatz zur Inspiration ist die Exspiration ein Vorgang, der in Ruhe keine besondere Beteiligung der Muskulatur voraussetzt. Die bei der Einatmung aufgewendete mechanische Energie sorgt für einen Spannungszustand, welchem durch die elastischen Rückstellkräfte der Lunge sowie der Schwerkraft entgegengewirkt wird, d.h. die Lunge zieht sich selbstständig zusammen. Dabei wirken exspiratorische Atemmuskeln zwar unterstützend, jedoch werden diese nur schwach kontrahiert. Zu den exspiratorischen Atemmuskeln zählen:
Unter besonderen Belastungsbedingungen kann auch die Ausatmung forciert werden. Dies geschieht durch willentliche Kontraktion der Bauchwandmuskulatur (Bauchpresse) sowie des M. latissimus dorsi, welcher besonders beim Husten beansprucht wird („Hustenmuskel“).
Lungenvolumina & -kapazitäten
Die Lungenvolumina beschreiben die Menge an Luft, die sich während verschiedener Phasen des Atemzyklus in der Lunge befindet. Lungenkapazitäten setzten sich aus den verschiedenen Lungenvolumina zusammen. Alle Werte sind abhängig von Alter, Geschlecht und Größe und werden durch verschiedene Lungenerkrankungen beeinflusst. Die wichtigsten Lungenvolumina und -kapazitäten sollen hier kurz erläutert werden:
- Residualvolumen (RV): Volumen, das auch nach maximaler Ausatmung in der Lunge bleibt, Normwert: 1-1,5l
- Atemzugvolumen (AZV): Volumen, das bei einem Atemzug ein- und wieder ausgeatmet wird, Normwert in Ruhe: ca. 0,5l, bei Belastung maximal 3l
- Inspiratorisches Reservevolumen (IRV): Luftmenge, die nach normaler Einatmung zusätzlich maximal inspiriert werden kann, Normwert: 3-3,5l
- Exspiratorisches Reservevolumen (ERV): Luftmenge, die nach normaler Ausatmung zusätzlich noch maximal ausgeatmet werden kann, Normwert: 1,5l
- Totale Lungenkapazität (TC/TLC): Volumen in der Lunge nach maximaler Inspiration, setzt sich also zusammen aus RV, ERV, AZV und IRV, Normwert: 6-6,5l
- Vitalkapazität (VC): Volumen in der Lunge zwischen maximaler Exspiration und maximaler Inspiration, setzt sich also zusammen aus ERV, AZV und IRV, Normwert ca. 5l
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Klinik
Bei obstruktiven Lungenerkrankungen ist die Ausatmung durch eine Verlegung oder Verengung der Atemwege erschwert. Dies kann zum Beispiel aufgrund von Entzündungen, die durch inhalative Noxen hervorgerufen werden, entstehen, wie es bei der COPD (chronisch- obstruktive Lungenerkrankung) der Fall ist. Durch den höheren Widerstand in den Atemwegen kommt es zu einer Verlangsamung der Exspiration. Das Residualvolumen nimmt zu, das bedeutet, dass das Gasvolumen, das nach maximaler Exspiration im Thorax verbleibt, ansteigt. Dies führt zu einer Überblähung der Lunge mit Verlust der funktionellen "Austauschfläche" (Emphysem).
Auch beim Asthma bronchiale kommt es zu einer Obstruktion der endobronchialen Atemwege. Die Exspiration ist gestört, typisch ist ein exspiratorischer Stridor. Im Gegensatz zur COPD ist die Verengung beim Asthma bronchiale jedoch reversibel.
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