Harnsystem
Die Niere, Harnblase, der Harnleiter und die Harnröhre werden als Harnorgane zusammengefasst. Sie ermöglichen in ihrer Gesamtheit die Produktion und die Ausscheidung von Harn.
Dadurch können toxische Substanzen oder Abfallprodukte des Stoffwechsels wie z.B. der Harnstoff aus dem Körper entfernt werden.
Außerdem wird durch sie der Säure-Basen-, der Elektrolyt- und der Wasserhaushalt reguliert. Über die Volumensteuerung wird letztendlich auch eine langfristige Blutdruckeinstellung gewährleistet.
Die beiden Nieren produzieren den Harn, alle weiteren Teile des Harnsystems dienen dessen Transport, Speicherung und Ausscheidung.
Dieser Artikel beschreibt die Anatomie, den Aufbau und die Funktionen des Harnsystems.
Anteile |
Niere, Harnleiter, Harnblase, Harnröhre |
Funktion |
Harnproduktion, -transport, -speicherung und -ausscheidung |
Niere
Die beiden Nieren sind 120-200 g schwere, bohnenförmige Organe im Retroperitoneum. Sie liegen zwischen dem M. psoas und dem M. quadratus lumborum in einer schützenden Fettkapsel (Capsula adiposa), die von der Nierenfaszie (Fascia renalis) umschlossen ist.
Am oberen Nierenpol sind die Nebennieren aufgelagert. Die linke Niere reicht atemverschieblich vom 12. Brustwirbelkörpers bis zum 2. oder 3. Lendenwirbelkörper. Auf der rechten Seite ist sie durch die große Leber etwa einen halben Wirbelkörper nach unten verschoben.
An ihrem medialen Rand befindet sich das Hilum renale, die Eintrittspforte für Blutgefäße und den Harnleiter. Dort liegt auch das Nierenbecken (Pelvis renalis), wo der Harn gesammelt wird.
Makroskopisch lässt sich die Aufteilung in Nierenrinde (Cortex renalis) und Nierenmark (Medulla renalis) erkennen. Die Rinde umhüllt das Mark, welches durch ca. 15 Markpyramiden (Pyramides renales) gebildet wird. Die Spitzen der Pyramiden werden als Papillen bezeichnet, sind nicht von Rinde umgeben und ragen in das Nierenbecken. Jeder der Markpyramiden mit den umgebenden Columnae renales bildet einen Rindenlappen (Lobus renalis).
Mikroskopisch bilden ca. 1 Million Nephronen die Grundbausteine der Niere. Die funktionelle Einheit eines Nephrons setzt sich aus Nierenkörperchen (Corpusculum renale) und den daran angeschlossenen Kanälen (Tubuli renales) zusammen. Täglich fließen fast 200 l Primärharn aus den Nierenkörperchen in das Kanalsystem, welches schlaufenförmig durch Rinde und Mark zieht.
Auf seinem Weg wird der Harn immer weiter konzentriert, harnpflichtige Substanzen werden an ihn abgegeben (sezerniert), andere Stoffe werden wieder ins Blut zurückgeführt (resorbiert).
Die Niere hat außerdem auch eine endokrine Funktion. Sie synthetisiert die Hormone Erythropoetin (EPO), welches die Produktion von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) anregt. Ein weiteres Hormon, und Renin, welches die Durchblutung der Niere über den systemischen Blutdruck reguliert.
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Harnwege
Mit dem Nierenbecken beginnen die ableitenden Harnwege, zu denen auch die Harnleiter, -blase und -röhre gehören. Dabei handelt es sich um Hohlorgane, welche eine kontraktile, glattmuskuläre Wandschicht besitzen und keinen Einfluss mehr auf die Zusammensetzung des Harns haben.
Nierenbecken
Das Nierenbecken (Pelvis renalis) wird durch eine trichterförmige Erweiterung des Harnleiters gebildet und liegt im Inneren der Niere. Es ist mit dem für die Harnwege typischem Urothel ausgekleidet und geht auf Höhe des 2. Lendenwirbels in den Harnleiter über. Durch die Spitzen der Markpyramiden gelangt der Harn in das Nierenbecken.
Harnleiter
Der Harnleiter (Ureter) ist ein 25-30 cm langer Schlauch aus glatter Muskulatur. Durch rhythmische Bewegung (Peristaltik) leitet er den Harn von der Niere in die Harnblase. Seine Bindegewebshülle, die Tunica adventitia, verankert ihn verschieblich im retroperitonealen Gewebe.
Er wird in drei Abschnitte unterteilt:
- Pars abdominals
- Pars pelvica
- Pars intramuralis
Nach seinem Ursprung am Nierenbecken verläuft er auf dem M. psoas nach kaudal. Dieser erste Abschnitt heißt Pars abdominalis. Ab der Beckeneingangsebene (Linea terminalis) beginnt dementsprechend die Pars pelvica. In diesem Abschnitt überkreuzt der Ureter die Iliakalgefäße. Im kleinen Becken tritt er von dorsokranial an die Harnblase heran und durchzieht schräg ihre Wand. Dieser letzte Abschnitt heißt Pars intramuralis und kann durch Muskelkontraktion aktiv verschlossen werden.
Innerhalb seines Verlaufes kommt es zu drei Engstellen, den sogenannten Ureterengen. Die obere Ureterenge befindet sich am Übergang vom Nierenbecken zum Ureter, gefolgt von einer Enge die beim Überkreuzen der Iliakalgefäße physiologisch entsteht. Die untere Ureterenge kommt durch den Durchtritt durch die Wand der Harnblase zustande.
Harnblase
Als Speicher für den stetig produzierten Harn dient die Harnblase (Vesica urinaria). Dabei handelt es sich um ein muskulöses Hohlorgan, welches ebenfalls mit Urothel ausgekleidet ist. Ihre Größe und Form variiert je nach Füllungszustand. Ab einem Füllvolumen von ca. 150-300 ml setzt durch die Wanddehnung der Harndrang ein, jedoch kann in der Regel auch die doppelte Menge gehalten werden.
Die Harnblase liegt unterhalb des Bauchfells (subperitoneal) im kleinen Becken etwa auf Höhe der Symphyse. Kaudal verjüngt sich der Blasenkörper (Corpus vesicae) in den Blasenhals (Cervix vesicae), welcher schließlich in die Harnröhre mündet. Als Blasengrund (Fundus vesicae) bezeichnet man den hinteren unteren Teil der Harnblase. Im Trigonum vesicae, einem Dreieck am Blasengrund, liegen die Mündungen der beiden Harnleiter und der Harnröhre. Die Harnblase selbst hat keinen eigenen Verschluss, jedoch bilden Muskelschlingen im Becken eine funktionelle Einheit, welche die willkürliche Kontrolle der Harnentleerung (Kontinenz) ermöglichen.
Harnröhre
Die Harnröhre (Urethra) stellt die Verbindung zwischen Harnblase und Außenwelt dar. Die muskuläre Röhre dient somit der Ausscheidung des Harns. Bei Männern wird sie auch als Harnsamenröhre bezeichnet, da sie zusätzlich für den Transport von Ejakulat zuständig ist.
Die männliche Harnröhre (Urethra masculina) ist etwa 20 cm lang und in ihrem Verlauf mehrfach gekrümmt. Sie wird in vier Abschnitte eingeteilt:
- Pars intramuralis
- Pars prostatica urethrae
- Pars membranacea urethrae
- Pars spongiosa urethrae
Die weibliche Harnröhre (Urethra feminina) ist mit durchschnittlich 3-5 cm deutlich kürzer, was aufsteigende Infektionen begünstigt und so die höhere Inzidenz von Harnwegsinfekten bei Frauen erklärt.
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