Erregungsbildungs- und -leitungssystem des Herzens
Das Erregungsbildungs- und -leitungssystem ist elektrischer Ausgangspunkt für die Funktion des Herzens. Dies erfolgt durch die Aktivität eines primären Schrittmachers (Erregungsbildungssystem), dessen Impulse bis zur Herzspitze fortgeleitet werden.
Die in Vorhöfen und Ventrikeln durchlaufende Welle erregt spezialisierte Kardiomyozyten, was zur Kontraktion führt. Das Prinzip der Erregungsleitung in den Vorhöfen ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. In den Ventrikeln hingegen befinden sich Zellen, die speziell der Fortleitung der Erregung (Erregungsleitungssystem) dienen.
Die Erregungsausbreitung über dem Arbeitsmyokard wird mithilfe des Elektrokardiogramms erfasst.
Dieser Artikel erläutert die Anatomie und Physiologie des Erregungsbildungs- und Leitungssystem des Herzens.
Sinusknoten | Primärer Schrittmacher, gibt des Sinusrhythmus vor Liegt im Sulcus terminalis |
AV-Knoten | Erhält erzeugte Erregungswellen aus den Vorhöfen Befindet sich im Koch-Dreieck Leitet Erregung weiter und verzögert diese auch |
His-Bündel | Leitet Erregungswellen vom AV-Knoten in die Ventrikel |
Tawara-Schenkel | His- Bündel teilt sich in Pars membranacea des Ventrikelseptums in linken und rechten Kammerschenkel (Tawara-Schenkel) |
Purkinje-Fasern |
Tawara-Schenkel zweigen sich zur Herzspitze hin weiter in Purkinje-Fasern auf, ziehen subendokardial zur inneren Myokardschicht und bilden Verbindung zwischen Erregungsleitungssystem und Arbeitsmyokard |
Aufbau
Sinusknoten
Der primäre Schrittmacher ist der Sinusknoten (Nodus sinuatrialis, Keith-Flack-Knoten). Er ist ca. 1-2 cm lang und befindet sich subepikardial im Sulcus terminalis auf der Dorsalseite des rechten Vorhofes unterhalb der Einmündung der V. cava superior.
Seine Bezeichnung rührt von seiner Lage während der Entwicklung des Herzens her: Dort liegt er eine kurze Zeit am Eingang des Herzschlauches (Sinus venosus). Er hat eine Frequenz von 60-80 pro Minute, nach dessen Takt das gesunde Herz schlägt (Sinusrhythmus).
AV-Knoten
Die erzeugten Erregungswellen werden - auf bisher nicht abschließend geklärte Weise - über die Vorhöfe zum Atrioventrikularknoten (Nodus atrioventricularis, Aschoff-Tawara-Knoten), kurz AV-Knoten, weitergeleitet. Dieser ist ca. 1 x 3 x 5 mm groß und befindet sich subendokardial an der Basis des rechten Vorhofs im sogenannten Koch-Dreieck (zwischen Todaro-Sehne, Trikuspidalanulus und Valvula Eustachii). Er ist die einzige leitende Verbindung zwischen den Vorhöfen und Ventrikeln. Neben der Weiterleitung hat er die Funktion die Erregungsleitung zu verzögern.
His-Bündel
Über die Atrioventrikular-Bündel (Fasciculus atrioventricularis, His-Bündel) gelangen die Erregungswellen vom unteren Pol des AV-Knotens in die Ventrikel. Dabei ziehen die bis zu 2 cm langen Fasern durch eine Öffnung des Herzskeletts am Trigonum fibrosum dextrum.
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Tawara-Schenkel
In der Pars membranacea des Ventrikelseptums teilt sich das His-Bündel in einen linken und rechten Kammerschenkel (Tawara-Schenkel). Zunächst geht der linke Tawara-Schenkel (Crus sinistrum) ab, der sich in einen vorderen und hinteren Faszikel teilt (R. cruris sinistri anterior et posterior), anschließend zweigt sich der rechte Tawara-Schenkel ab (Crus dextrum).
Purkinje-Fasern
Zur Herzspitze hin spreizen sich die Tawara-Schenkel baumartig in feine, terminale Faserbüschel (Rami subendocardiales, Purkinje-Fasern). Diese ziehen subendokardial zur inneren Myokardschicht und den Papillarmuskeln und stellen somit die Verbindung zwischen dem Erregungsleitungssystem und dem Arbeitsmyokard dar. Die Erregung breitet sich von innen und nach außen sowie von der Herzspitze zur Herzbasis aus. Das His-Bündel und die Tawara-Schenkel sind von feinen Bindegewebshüllen umgeben – nur die Endaufzweigungen der Purkinje-Fasern sind freiliegend und erlauben eine Erregungsweiterleitung.
Schrittmacherfähigkeit
Physiologischerweise gibt der Sinusknoten mit seiner Frequenz von 60-80 pro Minute den Takt für den Herzschlag an (primärer Schrittmacher). Der AV-Knoten und die Stationen des Kammerleitungssystems (His-Bündel, Tawara-Schenkel und Purkinje-Fasern) stellen jedoch mit ihrer Eigenfrequenz auch potentielle Schrittmacher dar. Der AV-Knoten kann einen Takt von 40-50 pro Minute vorgeben (sekundärer Schrittmacher), die Fasern des Kammerleitungssystems können eine Eigenfrequenz von ca. 25-40 pro Minute (tertiärer Schrittmacher) bereitstellen.
Beim Gesunden wird der mögliche Takt dieser Strukturen durch die Aktivität des Sinusknotens überlagert. Bei einem Ausfall oder Überleitungsstörungen (z.B. bei einem totalen AV-Block) übernehmen sie jedoch die Schrittmacherfunktion. Dabei übernimmt die jeweils nächstlangsamere Struktur den Takt, also zunächst der AV-Knoten. Fällt dieser aus oder ist dysfunktional greift der tertiäre Schrittmacher. Die Frequenz des tertiären Schrittmachers ist in der Regel unzureichend für eine suffiziente Herzleistung.
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Klinik
Die elektrische Aktivität des Herzens kann über Elektroden, die auf der Hautoberfläche befestigt sind, abgeleitet werden (Elektrokardiogramm, kurz: EKG). Diese Messungen ergeben verschiedene Spannungslinienkurven, in der Gesamtheit als EKG-Kurve bezeichnet, welche die vom Schrittmacher ausgehende Erregungsausbreitung und -rückbildung über den Zellen des Arbeitsmyokards repräsentiert.
Da die Zellmasse des Erregungsbildungs- und leitungssystems nur etwa 1% der Kardiomyozyten ausmacht, geht seine elektrische Aktivität in den Verlauf der Spannungslinienkurven des EKGs praktisch nicht ein.
Störungen des Erregungsbildungs- und -leitungssystems (z.B. Vorhofflimmern, AV-Block) führen zu charakteristischen Veränderungen in der EKG-Kurve. Zudem kann das EKG Hinweise auf morphologische Pathologien (z.B. Myokardinfarkt), Entzündungen (z.B. Myokarditis, Perikarditis) oder schwere Elektrolytstörungen (Kalium, Calcium) geben, muss aber nicht. Aus diesem Grund gehört das EKG zu den wichtigsten nicht-invasiven Untersuchungsmethoden in der klinischen Medizin im Allgemeinen und in der Kardiologie im Speziellen.
Es ist das einzige Verfahren zur sicheren Detektion von Herzrhythmusstörungen.
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