Anatomische Diagnostik - Arthroskopie
Die Arthroskopie (Gelenkspiegelung) ist ein diagnostisches und therapeutisches minimalinvasives endoskopisches Verfahren der Orthopädie. Das für die Arthroskopie verwendete Instrument wird als Arthroskop bezeichnet.
Die erste Durchführung der bildgebenden Darstellung eines Gelenkes gelang bereits in den 1930er Jahren und ermöglicht seitdem ein schonenderes Verfahren als die chirurgische Gelenkeröffnung (Arthrotomie).
Jährlich werden in Deutschland weit über eine halbe Million Arthroskopien durchgeführt, so viel wie in nahezu keinem anderen Land der Welt.
- Prinzip und Techniken
- Arten von Arthroskopien
- Beteiligte anatomische Strukturen
- Aussagekraft, Möglichkeiten und Grenzen
- Vor- und Nachteile
- Typische Indikationen
- Literaturquellen
Prinzip und Techniken
Der erste Schritt ist die Schaffung eines Zuganges („Kanal“) nahe oder unmittelbar am Gelenk. Dies erfolgt mit Hilfe eines kleinen Schnittes (Stichinzision). Durch diesen kann das Endoskop eingeführt werden. Zudem wird in der Regel ein zweiter Kanal benötigt, durch den Instrumente in den Gelenkraum eingebracht werden (Arbeitskanal).
Anschließend wird das Arthroskop über den Zugang eingeführt und das gesamte Gelenk von innen betrachtet: visuell mit Hilfe einer am Kopf befestigten Kamera, die das Bildsignal auf einen Monitor überträgt und funktionell sowie auch „palpatorisch“ mit Hilfe von Tasthaken.
Reihenfolge und Ablauf sind normalerweise standardisiert, alle Maßnahmen werden durch Fotos dokumentiert.
Bei kleinen Gelenken kann es notwendig sein, vor dem Einlassen des Arthroskops das Gelenk mit Flüssigkeit zu füllen, um die Gelenkkapsel vom Knorpel abzuheben.
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Arten von Arthroskopien
Grundsätzlich wird zwischen diagnostischen und therapeutischen Arthroskopien unterschieden. Bei der diagnostischen erfolgt eine reine Befundung des Zustandes. Mit der flächendeckenden Einführung der Magnetresonanztomographie hat die diagnostische Arthroskopie an Bedeutung massiv verloren.
Heutzutage besitzen praktisch alle Geräte, mit denen gearbeitet wird, auch Instrumente zur direkten interventionellen Therapie und eine Arthroskopie wird praktisch immer als interventioneller Eingriff geplant.
Beteiligte anatomische Strukturen
Im Rahmen einer Arthroskopie können alle Strukturen des jeweiligen Gelenkes dargestellt werden, die vom Gelenkinneren her sichtbar sind.
Das betrifft die Gelenkkapsel, intraartikulär verlaufende Bänder, freie Gelenkkörper (pathologisch) sowie jene Strukturen, die durch die Gelenkkapsel hinein imponieren, ohne sie jedoch zu durchbrechen.
Das können anatomische Strukturen oder auch Tumore und andere raumfordernde Prozesse sein.
Aussagekraft, Möglichkeiten und Grenzen
Die Aussagekraft einer Arthroskopie hängt von mehreren Faktoren ab. Das Gelenk lässt sich von innen betrachten und damit intraartikuläre Veränderungen in der direkten Bildgebung nachweisen und in der Regel sofort beheben.
Es lässt sich jedoch keine Aussage über den Gesamtzustand des Gelenkes oder seine Gesamtfunktion treffen. Letztere kann nur im Rahmen einer klinischen Untersuchung beurteilt werden.
Durch die begrenzte Größe der Zugänge zum Gelenk können auch nur kleinere Interventionen durchgeführt werden. So lässt sich Knorpelgewebe abtragen, kleine Ganglien entfernen oder Menisken teilweise wiederherstellen.
Außerdem können freie Gelenkkörper entfernt oder wieder eingesetzt werden. Bindegewebige Strukturen können geglättet oder – im begrenzten Rahmen – genäht werden.
Blutungen im Gelenk und andere grobe Strukturveränderungen führen häufig zur Versperrung der Sicht.
Schwere Schäden am Gelenk nach Polytrauma oder auch grobe Frakturen können im Wesentlichen nicht arthroskopisch behoben werden.
Vor- und Nachteile
Vorteile:
- geringere Invasivität, dadurch geringeres Gewebetrauma
- verringerte postoperative Schmerzsymptomatik, dadurch verringerte Dosen an Schmerzmedikation
- besseres kosmetisches Ergebnis durch kleinere Hautschnitte
- geringere Wundfläche, dadurch verringertes Infektionsrisiko
Den Vorteilen steht eine Reihe von Nachteilen gegenüber:
- die Arthroskopie selbst kann Ursache von Schädigungen an Gelenkstrukturen sein
- die intraartikuläre Gabe von Lokalanästhetika und anderen Wirkstoffen kann zur Knorpelauflösung und zur nachfolgenden Arthrose führen
- trotz des sehr kleinen Zugangsweges besteht eine postinterventionell relevante Thrombosegefahr
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Typische Indikationen
Die Arthroskopie wird typischerweise an den drei großen Gelenken durchgeführt: Kniegelenk, Schultergelenk und Hüftgelenk. Aber auch die Anzahl der Eingriffe am Ellbogen- sowie am oberen Sprunggelenk hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Zunehmend etabliert sich zudem die Arthroskopie kleiner Gelenke wie des Handgelenkes oder auch des unteren Sprunggelenkes.
Die Arthroskopie des Kniegelenks ist die häufigste Gelenkspiegelung in Deutschland, mit etwas über 400.000 Eingriffen pro Jahr. Typischerweise erfolgt sie bei Schäden an den Menisken sowie den Kreuzbändern. Dabei wird versucht die Struktur zunächst wieder zu vernähen und zu repositionieren (Refixation). Gelingt dies nicht, kann irreversibel geschädigtes Gewebe entfernt und ggf. mit Hilfe eines Transplantates ergänzt werden.
Ein weiterer typischer Eingriff findet bei Vorliegen eines freien Gelenkkörpers im Rahmen eines Osteochondrosis dissecans statt. Bei dieser Erkrankung kommt es zur aseptischen Knochennekrose mit Ablösung eines Knorpel-Knochen-Fragmentes (Gelenkmaus), die frei im Gelenk flottiert. Arthroskopisch kann das freie Fragment entweder repositioniert oder, sofern notwendig, entfernt werden.
Zudem kommen Eingriffe am Knorpel vor, bei dem Knorpelbestandteile abgetragen werden. Dies kann beispielsweise im Rahmen einer längerfristigen Immobilisation oder nach einer Zerstörung des Knorpels im Rahmen einer schweren entzündlichen Gelenkerkrankung notwendig sein.
Die Arthroskopie des Schultergelenkes wird schwerpunktmäßig bei Impingement-Syndrom genutzt, indem das Schulterdach erweitert wird. Sie wird aber auch bei Rekonstruktion von Teilen der Rotatorenmanschette nach Verletzungen oder degenerativen Rupturen sowie zur Rekonstruktion oder Repositionierung der langen Bizepssehne verwendet.
Im Bereich des Hüftgelenkes gehören zu den häufigsten Eingriffen Korrekturen von Einklemmungen, beispielsweise durch Trimmung des Schenkelhalses oder einer Plastik des Pfannenrandes, sowie Korrekturen am Labrum acetabuli.
In der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie hat sich die Arthroskopie des Kiefergelenkes als Methode etabliert.
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