Refraktärzeit
Als Refraktärzeit wird die Zeitspanne bezeichnet, in der ein Organ oder eine Zelle nicht in der Lage ist, eine Aktivität zu wiederholen. Bei erregbaren Zellen wie Neuronen und Muskelfasern ist die Refraktärzeit das Zeitintervall, das erforderlich ist, um sich von einem Aktionspotential zu erholen, bevor das nächste erzeugt wird.
Sie wird in die absolute und die relative Refraktärzeit unterteilt, die in erster Linie durch die Aktivität der spannungsgesteuerten Natriumkanäle bestimmt wird, wobei auch spannungsgesteuerte Kaliumkanäle eine Rolle spielen. Die Refraktärzeit ist entscheidend für die unidirektionale Ausbreitung des elektrischen Impulses und die Regulierung der Frequenz der Signalübertragung.
Definition | Bei Neuronen und Muskelfasern ist die Refraktärzeit das Zeitintervall, das erforderlich ist, um sich von einem Aktionspotential zu erholen, bevor das nächste erzeugt wird. |
Einteilung |
Absolute Refraktärzeit: Reicht von der Depolarisationsphase bis zur Repolarisationsphase des Aktionspotentials. Relative Refraktärzeit: Reicht von der späten Repolarisationsphase bis zur Hyperpolarisationsphase des Aktionspotentials. |
Beteiligte Ionenkanäle |
Spannungsgesteuerte Na+-Kanäle: Zwei Tore Schnelle Aktivierung Spannungsgesteuerte K+-Kanäle: Ein Tor Langsame Aktivierung |
Funktion |
Sicherung der Weiterleitung von Signalen Unterscheidung zwischen Aktionspotentialen und elektrotonischen Potentialen Vorbeugung von Überstimulation Regulierung der Signalübertragungsfrequenz |
Aktionspotential
Ein Aktionspotential wird in einem Neuron ausgelöst, wenn die Summe der eingehenden Reize das Schwellenpotential am Axonhügel überschreitet. Das Ruhepotential von Nervenfasern beträgt typischerweise -70 mV, während der Schwellenwert, der zur Auslösung eines Aktionspotentials erforderlich ist, bei etwa -55 mV liegt.
Die Stimuli, die zur Entstehung eines Aktionspotentials führen, bewirken eine Ansammlung von Natriumionen innerhalb der Zelle. Dies führt zu einer Depolarisation der Zellmembran, bis das Schwellenpotential von -55 mV erreicht wird. An diesem Punkt wird nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip ein elektrischer Impuls erzeugt, der sich entlang des Axons bis zum Nervenende ausbreitet.
Das Aktionspotential durchläuft drei charakteristische Phasen: Depolarisation, Repolarisation und Hyperpolarisation. Diese Prozesse werden maßgeblich durch die Aktivität spannungsabhängiger Ionenkanäle gesteuert.
Phasen des Aktionpotentials
- Depolarisation: Dies ist die Anfangsphase des Aktionspotentials und beginnt, wenn das zuvor ruhende Membranpotential den Schwellenwert von -55mV erreicht. Wenn die Natriumionenkonzentration intrazellulär ansteigt, wird die zytosolische Seite der Membran immer positiver und erreicht einen Spitzenwert von +30 mV. Dies ist die Spitzenspannung des Membranpotentials. Zu diesem Zeitpunkt ist die Depolarisation abgeschlossen und die anschließende Repolarisationsphase beginnt.
- Repolarisation: Dies ist die zweite Phase des Aktionspotentials, in der die Membran versucht, in den Ruhezustand zurückzukehren. Ausgehend vom Peak bei +30 mV entspricht die Repolarisation durch die Ionenbewegung durch die Membran der Wiederherstellung des Membranpotentials auf -70 mV.
- Hyperpolarisation: Wenn das Membranpotential auf -70 mV zurückgeht, benötigen die zuvor geöffneten Ionenkanäle eine gewisse Zeit, um in ihre ursprüngliche Form zurückzukehren. Während dieses Intervalls verlassen bestimmte Kationen weiterhin das Neuron, was zu einer Anhäufung negativer Ladung innerhalb der Zelle führt. Infolgedessen kann das Membranpotential bis auf -90 mV absinken, bevor es schließlich wieder in den Ruhezustand von -70 mV zurückkehrt. Diese Phase der erhöhten Negativität auf der zytosolischen Seite der Membran wird als Hyperpolarisation bezeichnet.
Rolle der spannungsgesteuerten Ionenkanäle
Spannungsabhängige Natriumkanäle sind integrale Membranproteine, die entlang der gesamten Länge des Axons vorkommen, insbesondere in Bereichen, die für die Auslösung und Weiterleitung von Aktionspotentialen entscheidend sind. Sie reagieren äußerst schnell auf Veränderungen des Membranpotentials, was eine zentrale Rolle bei der Regulation der Refraktärzeit von Neuronen spielt.
Diese Kanäle bestehen aus einem Aktivierungs- und einem Inaktivierungstor, die gemeinsam die Permeabilität der Kanalpore steuern. Abhängig vom Membranpotential können spannungsabhängige Natriumkanäle drei verschiedene Konformationszustände einnehmen.
Spannungsgesteuerte Kaliumkanäle sind Transmembranproteine, die den Fluss von Kaliumionen durch die Zellmembran regulieren. Sie verfügen über ein einzelnes Tor und werden während der Depolarisationsphase aktiviert. Aufgrund ihrer verzögerten Reaktion auf Veränderungen des Membranpotentials öffnen sich diese Kanäle erst bei einem Membranpotential von +30 mV, nachdem das Potential seinen Höchstwert erreicht hat.
Diese Kanäle spielen eine zentrale Rolle in der Repolarisationsphase und beeinflussen dadurch die Refraktärzeit des Neurons maßgeblich. Ihre Aktivierung erfolgt zeitgleich mit der Inaktivierung der spannungsgesteuerten Natriumkanäle, was eine präzise Steuerung der neuronalen Erregbarkeit gewährleistet.
Absolute Refraktärzeit
Vom Beginn der Depolarisation bis zu den ersten Phasen der Repolarisation ist es für ein Neuron oder eine Muskelfaser unmöglich, einen zweiten Impuls zu erzeugen, unabhängig von der Stärke des Reizes. Diese Phase wird als absolute Refraktärzeit bezeichnet.
Sie beginnt, sobald die anfängliche Depolarisation der Membran den Schwellenwert von -55 mV erreicht. Dies führt zur sofortigen Aktivierung der spannungsgesteuerten Natriumkanäle, wodurch Natriumionen in die Zelle strömen. Der resultierende Ionenfluss verstärkt die Depolarisation des betreffenden Membranabschnitts und markiert den Beginn der Depolarisationsphase des Aktionspotentials.
Relative Refraktärzeit
Die relative Refraktärzeit ist die zweite Phase der Refraktärzeit und schließt sich unmittelbar an die absolute Refraktärzeit an. In dieser Phase kann ein zweites Aktionspotential erzeugt werden, jedoch nur durch einen überschwelligen Reiz, der stärker ist als ein normaler Stimulus.
Während der Repolarisationsphase wirkt der Kaliumausstrom den depolarisierenden Effekten des Natriumeinstroms teilweise entgegen, wodurch ein stärkerer Reiz erforderlich ist, um genügend spannungsgesteuerte Natriumkanäle zu aktivieren. In der anschließenden Hyperpolarisationsphase entfernt der fortgesetzte Kaliumausstrom das Membranpotential weiter von der Schwelle, was die Auslösung eines weiteren Aktionspotentials zusätzlich erschwert.
Die relative Refraktärzeit dauert etwa halb so lange wie die absolute Refraktärzeit. Zusammen erstrecken sich beide Phasen über eine Dauer von etwa 1–2 Millisekunden.
Funktion
Das Refraktärzeit spielt für die Funktion von Neuronen eine entscheidende Rolle:
- Unidirektionale Impulsweiterleitung: Die Refraktärität der bereits depolarisierten Membranabschnitte gewährleistet, dass sich ein Impuls entlang des Axons ausschließlich in eine Richtung ausbreitet. Dadurch wird eine Rückkehr des Impulses verhindert.
- Unterscheidung zwischen Aktionspotential und elektrotonischem Potential: Die Refraktärzeit dient als wesentliche Unterscheidung zwischen Aktionspotentialen und elektrotonischen Potentialen. Bei elektrotonischen Potentialen können zwei aufeinanderfolgende Reize in einem bestimmten Bereich summiert werden, um möglicherweise das Schwellenpotential am Axonhügel zu erreichen. Im Gegensatz dazu kann bei der Übertragung von Aktionspotentialen kein zusätzlicher Impuls erzeugt werden, unabhängig von der Stärke eines nachfolgenden Reizes, solange die Refraktärzeit andauert.
- Verhinderung von neuronaler Überstimulation: Die Refraktärzeit ermöglicht eine angemessene Wiederherstellung des ionischen Gleichgewichts in der Membran und wirkt dadurch als Schutzmechanismus gegen neuronale Überstimulation.
- Regulierung der Signalübertragungsfrequenz: Die Refraktärzeit reguliert die Frequenz der Signalübertragung. Insbesondere die absolute Refraktärzeit legt eine Mindestzeitspanne zwischen zwei Impulsen fest, wodurch die Neuronen mit einer kontrollierten und angemessenen Frequenz arbeiten können.
Klinik
Lokalanästhetika wirken, indem sie reversibel an spannungsabhängige Natriumkanäle binden und deren Poren blockieren. Dabei zeigen sie eine deutlich höhere Affinität für Natriumkanäle im inaktivierten Zustand als für Natriumkanäle im Ruhezustand – an letztere binden sie etwa 17-mal schwächer. Beim Feuern von Neuronen wechseln die Natriumkanäle zunehmend in den inaktivierten Zustand, wodurch die Bindung des Anästhetikums erleichtert wird.
Die Blockade der Kanäle verlängert sowohl die Repolarisationsphase als auch die anschließende Kanalreaktivierung. Dies führt zu einer Verlängerung der gesamten Refraktärzeit und behindert die Weiterleitung neuer Impulse. Solange das Lokalanästhetikum wirkt und die Natriumkanäle nicht in ihre Ruhekonformation zurückkehren, bleibt die Entstehung neuer Aktionspotentiale gehemmt.
Dieser Mechanismus unterdrückt die Weiterleitung von Schmerzsignalen und ermöglicht so die schmerzfreie Durchführung medizinischer Eingriffe wie Operationen.
Du willst mehr über das Thema Refraktärzeit lernen?
Unsere Videotutorials, interaktiven Quizze, weiterführenden Artikel und ein HD Atlas lassen dich Prüfungen mit Bestnoten bestehen.
Womit lernst du am liebsten?
”Ich kann ernsthaft behaupten, dass Kenhub meine Lernzeit halbiert hat.”
–
Mehr lesen.