Wie man Anatomie mit einem Malbuch lernt
"Ich fand, dass ich Dinge mithilfe von Farben und Formen sagen konnte, die ich auf keine andere Art auszudrücken vermochte - Dinge, für die ich einfach keine Worte hatte." - Georgia O'Keeffe, amerikanische Künstlerin.
Farben sind eine sehr effektive und lebendige Art, mit unseren Gehirnen zu interagieren. Indem du die Informationen, die vermittelt werden sollen, bunt gestaltest, kannst du Dinge sagen, die Worte nicht ausdrücken können und dem Gehirn dabei helfen, sich zukünftig an sie zu erinnern.
Anatomie zu lernen ist eine mühsame Aufgabe. Die Anatomie mag ein außerordentlich interessantes Fach sein, jedoch kann das Lesen von Seiten über Seiten der Fachliteratur schnell ermüdend werden.
Man könnte dagegen halten, dass es in Anatomiebüchern und in Atlanten viele Illustrationen gibt, die das Verständnis erleichtern und die Thematik weniger trocken gestalten. Dies stimmt auch vollkommen. Während jedoch das Verständnis den ersten wesentlichen Schritt beim Erlernen neuer Inhalte darstellt, ist das Merken der zweite wichtige Schritt. Um die Informationen später abrufen zu können, müssen sie zuerst abgespeichert werden. Genauso wie eine Kette nur so stark ist wie ihr schwächstes Glied, kann jede Unterbrechung ein Hindernis im Prozess des Anatomielernens darstellen.
Das Auswendiglernen von Anatomiefakten aus langen Texten erfordert viel Zeit und viele Wiederholungen, die nicht ersetzt werden können. Es gibt jedoch eine Möglichkeit, sich die Mühen mithilfe eine Malbuchs der Anatomie leichter zu machen.
In diesem Artikel erklären wir dir, wie du dir das Einprägen auf einfache, unterhaltsame und effektive Weise erleichtern kannst, ganz ähnlich einer Straße, die den Weg zu deinen Zielen ebnet und eine reibungslose und angenehme Reise ermöglicht.
- Was ist ein Anatomie-Malbuch?
- Warum solltest du ein Malbuch verwenden?
- Nachteile eines Malbuchs
- Wie lernt man mit einem Malbuch?
- Literaturquellen
Was ist ein Anatomie-Malbuch?
Wenn du das Wort Malbuch hörst, wirst du vielleicht an Meerjungfrauen, Feen und Tiere denken, die höchstwahrscheinlich einen Platz in deiner Kindheit hatten. Im Gegensatz zu deinem Lieblingsjugendbuch hat ein Malbuch der Anatomie jedoch ein anderes und eindeutiges Format.
Natürlich dominieren hier immer noch Abbildungen in schwarz-weiß, die darauf warten, ausgemalt zu werden. Sie sind jedoch nicht zufällig abgebildet, sondern sehr präzise und logisch angeordnet. Der Inhalt des Buches ist in Abschnitte unterteilt, wobei jeder einzelne Abschnitt viele Themen enthält.
Jedes Thema wird auf jeweils einer Seite dargestellt, die viele anatomischen Illustrationen und spezifische Terminologie enthält. Auf der folgenden Seite steht eine Textsäule, die noch mehr Details in schriftlicher Form liefert. Darüber hinaus sind die illustrierten Seiten nicht willkürlich, sondern in einer sinnvollen Reihenfolge angeordnet, um das Lernen durch den Aufbau von Wissen und Verständnis zu erleichtern.
Am Anfang jeder Seite oder jedes Themas befindet sich eine kleine Anleitung mit dem Titel Anleitung zum Ausmalen. Du kannst es dir wie eine Liste mit Anweisungen vorstellen, die dir erklärt, in welcher Reihenfolge du die Pyramide des Lernens aufbauen solltest, um sie so effizient wie möglich zu gestalten. In diesem Absatz wird erläutert, in welcher Reihenfolge die Strukturen ausgemalt werden sollen und welche Farbe jeweils zum Einsatz kommen wird.
Auch hier hat die Reihenfolge in der die Diagramme ausgemalt werden müssen einen Sinn, ganz so wie die Reihenfolge der einzelnen Themen einen übergeordneten Sinn ergibt. Das oberste Ziel von beiden ist es, das Lernen und Verstehen zu erleichtern, indem es von Grund auf aufgebaut wird.
Das Rückgrat des Anatomie-Malbuchs ist ein Farbsystem auf dem alles aufgebaut ist. Hierbei musst du die Kontur einer anatomischen Struktur und ihre jeweilige Bezeichnung mit der gleichen Farbe ausmalen, um sie in Beziehung zueinander zu setzen. Die schwarz-weiß Bilder können einem Nummerierungs- und / oder Beschriftungssystem zugeordnet werden, das sowohl die Begriffe als auch die Strukturen ergänzt. Alternativ sind die Strukturen beschriftet.
Du möchtest mehr über die Strukturen lernen, die du ausmalst? In unserem individuellen Anatomiekurs findest du Artikel, Videos Quizze zu allen Themen in der Anatomie!
Ein weiterer Aspekt sollte beachtet werden, nämlich dass verschiedene Farben für verschiedene Zusammenstellungen von Terminologie und Strukturen verwendet werden sollten. Subtypen der gleichen Struktur können unterschieden werden, indem verschiedene Schattierungen derselben Farbe verwendet werden. Diese dunkleren und helleren Nuancen entstehen durch unterschiedlich starkes Aufdrücken mit dem Stift beim Ausmalen. Einfach ausgedrückt, solltest du die gleiche Farbe für ähnliche Merkmale und verschiedene Farben für verschiedene Merkmale verwenden.
Auch wenn es zunächst täuschen mag, ein Anatomie-Malbuch ist auf eine sehr spezifische Art und Weise strukturiert und ermutigt dich dazu, einem exakten Regelwerk zu folgen, um seine Vorteile und sein Potential voll auszunutzen.
Warum solltest du ein Malbuch verwenden?
Auch wenn ein Malbuch der Anatomie bei der Wahl der Lehrmaterialien für dieses Fach nicht deine erste Wahl ist, solltest du es in Betracht ziehen, da es mehrere Vorteile bietet:
- Es fördert das Auswendiglernen.
- Es erschafft visuelle Verknüpfungen.
- Es beinhaltet kinästhetisches Lernen.
- Es ist leicht und macht Spaß.
Kannst du dich noch daran erinnern, als du versucht hast, in Neuroanatomie den Hirnstamm mithilfe geschriebener Notizen auswendig zu lernen? Lassen Begriffe wie Tectum, Pedunculi cerebri, Tegmentum und Oliven Alpträume wach werden?
Hoffentlich hast du damals auch farbige Zeichnungen beim Lernen verwendet, denn wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Farben beim Auswendiglernen helfen. Genauer gesagt tun sie dies, indem sie die Aufmerksamkeit des Gehirns steigern. Oder anders gesagt, Farben erregen Aufmerksamkeit. Je mehr Aufmerksamkeit auf einen Stimulus gerichtet ist, desto höher ist die Chance, dass dieser ins Gedächtnis übertragen wird.
Außerdem verbessern Farben das Gedächtnis durch geistige Erregung, was sich als unentbehrlich für die Speicherung von Informationen erwiesen hat.
Das Ausmalen lässt auch visuelle Zusammenhänge entstehen. Bildlich ausgedrückt, erschafft es Autobahnen zwischen den geistigen Städten deines Gehirns. Viele Lernstrategien ermutigen dazu, Verbindungen beim Lernen neuer Informationen zu knüpfen. Hierdurch werden die Inhalte eher ins Langzeitgedächtnis befördert, als wenn man die Information nur mehrmals lesen und wiederholen würde.
Durch die Nutzung eines Malbuchs geschieht dies automatisch, weil Strukturen und ihre zugehörigen Bezeichnungen auf einer einzigen Seite dargestellt werden und beide in ein und derselben Farbe ausgemalt werden sollen. Unsere Gehirne denken in Bildern. Während andere Quellen wie anatomische Atlanten ebenfalls Strukturen und die dazugehörige Terminologie bunt illustrieren, sind sie jedoch nicht einheitlich genug gestaltet. Die verwendeten Farben variieren erheblich. Das Malbuch hingegen fordert dich dazu auf, eine einzige Farbe zu verwenden, was wiederum eine Verknüpfung im Gehirn entstehen lässt, die später abgerufen werden kann.
Während des Lernprozesses sind Geist und Körper ganz eng miteinander verbunden. Insbesondere fördert das Ausführen einer Tätigkeit bei gleichzeitigem Sehen die Erinnerung. Genau das geschieht beim Ausmalen und man schlägt sozusagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Während des Ausmalens werden die Augen visuell durch Illustrationen und Farben stimuliert, während das Gehirn durch die Bewegungen der Hand angesprochen wird.
Mithilfe einer multimodalen Informationsquelle kann man wesentlich besser lernen und Fakten werden effektiver abgespeichert, wenn sie auf mehreren Wegen das Gehirn erreichen. Auf diese Weise profitieren sowohl visuelle, als auch kinästhetische Lerntypen vom Ausmalen, weil die Information auf zwei unterschiedliche Arten präsentiert wird.
Während die oben genannten Vorteile äußerst wichtig sind, sollte der folgende nicht übersehen werden. Ausmalen ist leicht und macht einfach Spaß. Die Anatomie kann, obwohl sie ein interessantes Fach ist, schnell langweilig und ermüdend werden, wenn nur eine Lernstrategie angewandt und ständig wiederholt wird. Das Ausmalen ersetzt zum Teil die langweiligen Texte, Aufsätze und Erklärungen, die zur Beschreibung und zum Verständnis der anatomischen Strukturen erforderlich sind.
Nachteile eines Malbuchs
Das Lernen mit einem Malbuch der Anatomie wird nicht all deine Probleme lösen, weil mehrere Herausforderungen damit verbunden sind.
- Es muss viel Zeit investiert werden.
- Es erfordert Vorwissen.
Niemand bestreitet die Tatsache, dass das Ausmalen anatomischer Strukturen Spaß macht. Gleichzeitig lernst du dabei neue Informationen, schaffst Verknüpfungen und prägst dir die Inhalte ins Gedächtnis ein. So banal es auch klingen mag, das Ausmalen eines leeren Abschnittes zwischen zwei Zeilen braucht Zeit. Wenn ein Malbuch die einzige Lernmethode ist, erfordert es oft einen größeren Zeitaufwand verglichen mit den Vorteilen, die es bietet.
Das Problem ist, dass es nicht genügend Erklärungen und Details enthält, die dir dabei helfen können zu lernen und zu verstehen. Für bestimmte Themen fehlt dem detaillierten Text das notwendige medizinische Wissen und manchmal fehlen sogar ausreichende Beschreibungen, um das Verständnis zu erleichtern. Ein Malbuch würde sich daher eher zur Wiederholung von Inhalten eignen, nachdem du dir bereits das erforderliche Wissen angeeignet hast. Es hilft dir beim Auswendiglernen, was in der Anatomie eine wichtige Rolle spielt. Jedoch kann das Auswendiglernen nicht ohne vorheriges grundlegendes Verständnis funktionieren.
Um dieses Wissen zu erlangen, hat Kenhub die perfekte Lösung für dich entwickelt. Mit klar formulierten Artikeln, leicht verständlichen Videotutorials und anschaulich gestalteten Atlanten kannst du die notwendigen Details erlernen, um das Gelernte zu verstehen und dir ein klares Bild von den Inhalten zu machen. Kenhub schafft das perfekte Gleichgewicht zwischen eindeutigem Verständnis und Vermeidung unnötiger und verwirrender Details.
Ein Malbuch der Anatomie bietet daher eine nützliche Ergänzung zu deinen Lernmaterialien. Es hilft dir, anatomische Strukturen auf einfache und amüsante Art auswendig zu lernen und bunte Verknüpfungen zwischen den schmalen Strichen herzustellen, welche Nerven abbilden und lange Namen wie Nervus zygomaticotemporalis darstellen.
Wie lernt man mit einem Malbuch?
Die Verwendung eines Malbuchs ist sehr einfach und es müssen lediglich eine Reihe einfacher Schritte befolgt werden:
- Schritt 1: Wähle einen Abschnitt mit dem du dich beschäftigen möchtest. Steht zum Beispiel das Nervensystem für diese Lernsitzung auf dem Programm? Gehe zur ersten Seite namens "Nervensystem" und los geht der Spaß.
- Schritt 2: Lies die Hinweise zum Ausmalen auf der ersten Abbildung, bevor du dich in das Ausmalen vertiefst. Das ist wichtig, damit du die Strukturen in einer bestimmten Reihenfolge ausmalst, um das Buch optimal nutzen zu können. So wirst du das Gelernte aufeinander aufbauen können, wie die Bausteine einer Pyramide. Zum Beispiel würdest du für den Abschnitt über das Nervensystem auf der Überblicksseitezunächst nur die Namen und Strukturen des zentralen Nervensystems (ZNS) ausmalen. Danach kämen die Hirnnerven und die zugehörigen Bezeichnungen an die Reihe und erst anschließend würdest du die Spinalnerven und die autonomen Nerven ausmalen, die Teil des peripheren Nervensystems (PNS) sind.
- Schritt 3: Fange an, die "Überblicksseite" der Anleitung entsprechend auszumalen.
- Schritt 4: Lies den Text und die Erläuterungen auf der Überblicksseite, um mehr über das ZNS, PNS, motorische, sensible und sensorische Neurone und das autonome Nervensystem zu erfahren. Auf diese Art wirst du weitere Informationen über die Strukturen lernen, die du ausgemalt hast. Denn das Einzige, was du bisher über diese Strukturen erfahren hast, sind ihre Namen.
- Schritt 5: Lies auf der nächsten Seite weiter, auf der es um die funktionelle Klassifikation von Neuronen geht und wiederhole alle der eben gemachten Schritte von vorn. Es ist wichtig, die Illustrationen der Reihenfolge nach durchzugehen, anstatt sie zu überspringen. Du solltest zuerst den übergeordneten Aufbau des Nervensystems verstanden haben, bevor du mit der Klassifizierung beginnst. Erst danach solltest anfangen, dich mit Synapsen und Erregungsübertragung zu beschäftigen.