Wie du dein Anatomielernen mit der richtigen Lesetechnik verbessern kannst
“Erzähl mir etwas und ich werde es vergessen. Unterrichte mich und ich werde mich daran erinnern. Beziehe mich ein und ich werde lernen.” Benjamin Franklin
Auch wenn fast jeder versteht, dass Lernen, Lesen und Intelligenz zusammenhängen, nutzen nur sehr wenige das Wissen Benjamin Franklins, einer der Gründungsväter der USA. Lesen sollte mehr sein, als einseitige Kommunikation, in der das Buch dir irgendetwas beibringt oder nur Informationen wiedergibt. Es sollte etwas Lebendiges sein und dich dazu motivieren, dein vorhandenes Wissen mit dem Gelesenen zu verknüpfen. So ähnlich wie in einem Gespräch zwischen zwei Studierenden.
Genau in dieser lebendigen Komponente unterscheiden sich aktive und effektive Leser:innen von passiven. Ein:e sehr gute:r Leser:in geht mit Büchern um, wie mit einem Investment. Er oder sie schaut sich genau an, was angeboten wird, stellt dann viele Fragen, analysiert die Antworten, konzentriert sich auf die Kernfakten und fasst das Wichtigste nochmal für sich zusammen.
Jede Passivität, Träumerei oder Tändelei führt zu einem schlechten Outcome. In unserem Fall zahlst du mit der Währung Zeit. Denn wenn du studierst, ist die Zeit grundsätzlich dein Feind und wenn du Anatomie lernen muss, noch mehr…
Zum Glück ist Lesen eine Fähigkeit, die sich sehr einfach lernen, ändern und verbessern lässt. In diesem Artikel wirst du ein alternatives Lesekonzept erlernen, das dir dabei hilft, effektiver zu werden und dich in die Geheimnisse der besten Studierenden einweiht.
- Effektive Leser:innen
- Häufige Fehlerquellen
- Die SQ3R-Methode
- Das Wichtigste in Kürze
- Literaturquellen
Effektive Leser:innen
Unglücklicherweise sind effektive Leser:innen so etwas wie ein Einhorn; man behauptet es gäbe sie, aber niemand hat sie je wirklich gesehen. Kein Wunder, denn solche Leser:innen gehen in die Klausur, liefern ab, gehen raus und haben Zeit für andere schöne Dinge des Lebens. Du wirst sie also definitiv nicht dabei erwischen, wie sie die gleiche Sache zweimal lesen.
Aber was bedeutet eigentlich effektives Lesen? In Bezug auf Anatomie oder sonstige akademische Informationen ist mit effektivem Lesen eine gezielte Auswahl der Literatur, ständiges Infragestellen und die Überprüfen des Gelesenen und Konzentration auf das Wesentliche gemeint. Indem du das wieder und wieder übst, wirst du immer besser darin werden und Informationen irgendwann schneller aufnehmen und direkt besser verstehen.
Wie kannst du nun dein Lesen verbessern? Wie bei allem im Leben, musst du einfach nur herausfinden, was erfolgreiche Studierende anders machen als du und versuchen, die wichtigsten Aspekte davon nachzuahmen. In der folgenden Liste findest du ein paar solcher wichtigen Bestandteile.
Gute Leser:innen….
- wählen ihre Literatur sorgfältig aus, indem sie zunächst Ziele definieren und dann nach geeigneten Büchern, Artikeln oder Websiten suchen.
- verschaffen sich einen Überblick über den Text, indem sie Format, Struktur und Überschriften beachten.
- passen ihren Lesestil dem vorliegenden Material an.
- machen sich noch vor dem Lesen Gedanken über den vermutlich folgenden Inhalt.
- nutzen eine aktive Herangehensweise mit ständigem Hinterfragen.
- lesen nur das, was sie wirklich brauchen.
- versuchen das Gelesene genau zu verstehen.
- gleichen die neuen Inhalte mit ihrem Vorwissen ab und erweitern dieses dadurch in alle Richtungen.
- denken im Anschluss noch weiter über die gelesenen Inhalte nach.
Du liest lieber Action- oder Liebesromane als Lehrbücher? Dann lehn dich entspannt zurück und sieh dir unsere leicht verständlichen Videos zu allen Themen der Anatomie an!
Häufige Fehlerquellen
Vielleicht hast du auch schon versucht, die oben genannten Aspekte in dein Lesen zu integrieren, hattest aber keinen Erfolg damit. Um sich zu verbessern, muss man nicht nur neue, bessere Methoden anwenden, sondern auch die eigenen Fehler ausmerzen.
Das kann ein sehr schmaler Grad sein, aber wenn die Fehler bleiben, wirst du trotz neuer Methoden niemals den entscheidenden Schritt nach vorne machen. Eine Wunde kann auch nicht heilen, solange sie noch verschmutzt ist. Hier sind ein paar der häufigsten Fehler, die du unbedingt vermeiden solltest:
- Oberflächliche Vorgehensweise - Glaubt man Studien, bist du, genauso wie die meisten anderen Studierenden, davon betroffen. Der Grund dafür ist, dass quasi jeder dem geschriebenen Wort glaubt. Natürlich wurde dein Anatomiebuch wahrscheinlich schon von Generationen vor dir genutzt und ist vermutlich ziemlich exakt und korrekt in der Beschreibung der Sachverhalte, aber deshalb solltest du dein Gehirn noch lange nicht ausschalten. Wenn du ein wirklich tiefes Verständnis der Materie bekommen willst, musst du die Informationen sehr genau und tiefgründig hinterfragen. Am besten liest du hierfür nochmal die obigen Tipps zum effektiven Lesen.
- Gleichförmige Lesart - Egal ob du deinen Lieblingsroman, die Zeitung, eine Studie oder dein Anatomiebuch in den Händen hältst, du liest alles auf die gleiche Art und Weise. Während du die Seite aufschlägst, folgen deine Augen schon roboterartig dem Text. Das funktioniert vielleicht bei Romanen, aber niemals bei Anatomie und ähnlichen Fächern. Wenn du ein gutes Ergebnis erzielen willst, musst du deine Lesemethode dem vorliegenden Stoff anpassen.
- Endlose Markierungen - Ironischerweise passieren beim Markieren die gleichen Fehler wie beim Lesen. Jeder tut es, aber kaum jemand richtig. Denke mal zurück an das letzte Mal, als du etwas im Text angestrichen hast. Wenn du wie die meisten Studierenden tickst, war fast jede Zeile und jeder Satz farbig. Fast so, als würde die Sonne auf deinem Papier aufgehen. Eigentlich soll Markieren den Lesestoff reduzieren, indem es das Wichtigste hervorhebt. Sehr praktisch, wenn man in Zukunft noch einmal etwas nachschlagen möchte. Aber wenn alles gelb leuchtet, wie soll es dir dann helfen?
- Keine Übersicht- Nun dringen wir zum Kern des Problems vor. Wie oft hast du schon ein Anatomiebuch aufgeschlagen und angefangen ein Thema zu lesen, ohne die geringste Vorstellung über die Struktur des Kapitels zu haben? Vermutlich meistens. Bevor du dich in die Tiefe der anatomischen Begriffe stürzt, solltest du erstmal ein Gefühl für das Thema als solches bekommen. Schau dir die Überschriften, Unterüberschriften und fettgedruckten Wörter an. Lies hier und da mal in den Text rein (dazu kommen wir später noch genauer). Das wird dich davor bewahren, übermäßig viel zu unterstreichen und herauszuschreiben, da du die Wichtigkeit der Information schon einordnen kannst. Liest man etwas das erste Mal, erscheint alles wichtig. Wenn du aber eine Übersicht über das Thema hast, kannst du den Stift getrost erstmal zur Seite legen. Denk immer daran: “Gute Vorbereitung ist der Schlüssel zum Erfolg.” (Graham Bell, Erfinder des Telefons)
- Keine Zusammenfassungen - Die meisten Studierenden überspringen grundsätzlich Zusammenfassungen, von effektivem Lesen wollen wir darum gar nicht erst sprechen… Aber warum? Schließlich enthalten sie die wichtigsten Fakten, an die du dich zukünftig auf jeden Fall erinnern solltest. So eine Goldgrube sollte man doch nicht ungenutzt lassen, oder?
Die SQ3R-Methode
Jetzt hast du zumindest schon einmal eine Vorstellung davon, in welche Richtung dein Lesen grundsätzlich gehen soll. Trotzdem ist es oft schwierig einen vernünftigen Anfang zu finden, vor allem wenn man so viele Aspekte des perfekten Lesens vor Augen hat. Eine ziemlich mächtige und nützliche Strategie um vorwärts zu kommen ist die SQ3R (Survey, Question, Read, Recite, Review)-Methode. Und so funktioniert sie:
Schritt 1:
Zusammenfassung - Dazu gehört das vorherige Überfliegen des Kapitels. Schau dir alles an, was dir ins Auge springt:
- Überschriften,
- Diagramme,
- Tabellen,
- Zusammenfassungen.
Versuche die grundsätzliche Gliederung des Themas zu verstehen und hier und da ein wenig reinzuschnuppern. Zum Beispiel indem du den ersten Satz jedes Kapitels oder die Sätze mit fettgedruckten Wörtern liest. Denk dran, es geht hier ums Überfliegen! Verschwende also nicht zu viel Zeit damit.
Schritt 2:
Hinterfragen - Dieser Schritt hilft dir, schon mal einen Fuß in die Tür zu bekommen und damit zu beginnen wirklich effektiv zu lesen. Stell dir beim Überfliegen so viele Fragen wie möglich.
Am besten indem du jede Überschrift wie eine Frage formulierst und damit überlegst, was du von dem folgenden Kapitel erwartest. Sinn macht auch, sich eventuelle Prüfungsfragen oder Fragen für das Physikum oder das Examen zu überlegen. Sei einfach wie ein neugieriges fünfjähriges Kind, das auf der Suche nach Antworten ist.
Schritt 3:
Lies einfach - Jetzt hast du dich schon mit den Inhalten grob vertraut gemacht, dann nichts wie ran an den Speck.
Aber Vorsicht, auch jetzt gilt: nicht einfach von Anfang bis Ende alles durchlesen. Teile dir den Text in gut verdaubare Portionen ein, am besten immer nur ein bis zwei Seiten. Versuche beim Lesen deine vorher formulierten Fragen zu beantworten und gehe dabei wirklich genau und strukturiert vor.
Am besten machst du dir dazu eine Zusammenfassung oder Notizen am Rand, in die du auch dein Vorwissen einfließen lässt. Natürlich kannst du auch etwas unterstreichen, so lange du das in vernünftigem Maße tust. Vermeide ganze Sätze hervorzuheben und benutzt am besten nur einzelne Worte, die zusammen neue Sätze ergeben.
Schritt 4:
Wiedergeben - Hier kommt es darauf an, die Inhalte, die du gerade gelesen hast, für dich selbst noch einmal zu wiederholen. Schließe das Buch und versuche dir selbst zu erklären, was auf den letzten zwei Seiten stand.
Das ist eine Methode das aktiven Wiederholens, die essentiell für jeden Studierenden ist. Wenn du mit deinen Ausführungen fertig bist, wirfst du einen Blick in dein Anatomiebuch und bewertest dich selbst mit 2 Punkten, wenn du dich an das Meiste erinnern konntest. Mit einem Punkt, wenn du etwa 50% wusstest und mit 0 Punkten, wenn wirklich gar nichts hängen geblieben ist.
Die Methode ist also eigentlich ein kleiner Test. Es kommt aber vor allem darauf an, dass du die gelesenen Inhalte mit deinem Wissen verknüpfst, auf das Wesentliche reduzierst und in deinen eigenen Worten wiedergeben kannst.
Schritt 5:
Überprüfen - Eigentlich sprechen wir hier von einem stetig andauernden Prozess und nicht von einem einmaligen Schritt. Besonders bei so einem faktenlastigen Fach wie Anatomie.
Sieh dir deine Notizen vom Anfang noch einmal an und versuche nun die Fragen, die du gestellt hast, aus dem Kopf zu beantworten. Langfristig macht es auch Sinn, die Inhalte mit anderen Methoden zu wiederholen.
Eine Anregungen dafür findest du zum Beispiel in Kenhub’s Lernstrategie Artikeln oder den Quizfragen. Diese sind speziell darauf ausgerichtet, dein Wissen auf verschiedenen Ebenen zu überprüfen, was dein Lernen enorm verbessern kann. Wenn du zum Beispiel mehr über die häufigsten Fehlerquellen beim Lernen wissen willst, oder die Anatomie des Herzens gezielt wiederholen möchtest, stöbere einfach ein wenig in den Kenhub Artikeln.
Ich denke, dir ist jetzt klar, wie wichtig effektives Lesen für deinen Lernerfolg in Anatomie ist. Zum Glück ist eine neue Lesemethode sehr einfach umzusetzen: Versuche die häufigsten Fallstricke zu vermeiden, gewöhne dir ein paar neue Vorgehensweisen an und nutze effiziente Methoden, wie die SQ3R-Technik. Wenn du deine Lesetechnik verbesserst, wird das dein wahres Lernpotential freisetzen, versprochen!
Das Wichtigste in Kürze
Engagement und intensive Beschäftigung mit der Materie sind zwei Aspekte, die effektive Leser:innen von anderen unterscheiden. Zum Glück kannst du diese sehr gut in deinen Leseprozess integrieren, zum Beispiel durch gute Auswahl der Lektüre, aktives Lesen, stetiges Hinterfragen der Inhalte, Abgleich mit deinem Vorwissen und aktive Anwendung.
Außerdem ist es wichtig, die eigenen Fehler zu beseitigen, um wirklich voranzukommen. Zu den häufigsten Fehlerquellen gehören schlechte Vorauswahl, oberflächliches und gleichförmiges Lesen, zu viele Markierungen und Übergehen der Zusammenfassungen.
Die SQ3R-Methode schließt alle diese Tipps ein und ist daher sehr nützlich, um dein Lesen zu verbessern. In fünf einfachen Schritten: Zusammenfassen, Hinterfragen, Lesen, Wiedergeben und Überprüfen, hilft sie dir dabei, dein Lernen auf eine neue Ebene zu heben.