Erkrankungen der Gallenblase
Die Gallenblase (Vesica biliaris) ist ein unpaares Hohlorgan des Oberbauches, dessen Funktion die Speicherung und Eindickung der in der Leber gebildeten Gallenflüssigkeit ist. Sie liegt in der Fossa vesicae biliaris unterhalb der Leber, ist etwa 8 bis 12 cm lang und rund 4 bis 5 cm breit.
Insbesondere Gallensteine (Cholezystolithiasis) oder eine Entzündung der Gallenblase (Cholezystitis) sind klinisch relevante und häufige Krankheitsbilder. Auf diese Erkrankungen sowie verschiedene Tumorarten der Gallenblase gehen wir in diesem Artikel näher ein.
Cholezystolithiasis | Konkremente (Gallensteine) in der Gallenblase (oft asymptomatisch) Choledocholithiasis = Konkremente in Gallengängen (oft symptomatisch) |
Gallenblasen-hydrops | Überdehnung der Gallenblasenwand, häufig durch Konkremente |
Cholezystitis | Entzündung der Gallenblase (akut und chronische Verläufe möglich) |
Tumore |
Benigne: Gallenblasenpolypen Adenome Maligne: Gallenblasenakarzinom |
Postchole-zystektomie-Syndrom | Beschwerden, die trotz Cholezystektomie im Anschluss immer noch bestehen (aber nicht durch Cholezystektomie verursacht wurden) |
- Cholezystolithiasis
- Gallenblasenhydrops
- Cholezystitis
- Tumoren der Gallenblase
- Postcholezystektomie-Syndrom
- Literaturquellen
Cholezystolithiasis
Konkremente in der Gallenblase (Gallensteine) sind sehr häufig. Rund 5% der Menschen mittleren Alters und rund 30% der Menschen über 50 Jahre weisen solch eine Cholezystolithiasis auf. Bei den über 70-jährigen liegt der Anteil sogar weit über 50%. Frauen sind dabei etwa 1,5 bis 2 mal so häufig betroffen wie Männer und bei bekanntem Steinleiden in der Familie ist die Wahrscheinlichkeit dafür ebenso stark erhöht.
In den meisten Fällen sind Gallensteine asymptomatisch. Werden sie symptomatisch führt dies häufig zu zeitlich gut abgrenzbaren Schmerzattacken von rund 15 Minuten bis zu mehreren Stunden, häufig begleitet von Übelkeit und/oder Erbrechen.
Verursacht werden diese Beschwerden durch einen, die Gallengänge blockierenden oder passierenden, Stein (Choledocholithiasis). Kleinere Steine können bei ihrem Abgang gelegentlich vernichtungsartige Schmerzen verursachen, während große Steine am ehesten gar nicht aus der Gallenblase gelangen und dort verharren. Die Schmerzen können dann durch ein Verhaken der Steinkanten oder -spitzen an den Schleimhäuten der Gallenblasenwand entstehen.
Die Größe eines Steins steht in keinem direkten Zusammenhang zu dem Ausmaß an Schmerzen, die er verursacht. Auch unspezifische Beschwerden wie Völlegefühl, nicht schmerzhafter Druck, Unverträglichkeit schwer verdaulicher und blähender Speisen sind möglich.
Bei symptomatischen Gallensteinleiden ist die Therapie der Wahl die Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie). Symptomlose Gallensteine werden im Regelfall nicht operiert, sondern regelmäßig sonographisch kontrolliert. Sofern Größe und Echogenität sich nicht verändern und keine Symptome hinzutreten, wird weiter der Verlauf kontrolliert, aber nicht operiert.
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Gallenblasenhydrops
Im Rahmen einer bestehenden Choledocholithiasis oder bei narbigen Veränderungen beispielsweise als Folge von Entzündungen, kann es zur Verlegung des Gallenabflusses und Überdehnung der Gallenblasenwand (Gallenblasendydrops) kommen. Diese kann von Schmerzen begleitet und akut oder intermittierend beziehungsweise chronisch vorkommen.
Nicht selten ist der Gallenblasenhydrops das erste Symptom von Gallensteinen. In seltenen Fällen können auch Tumore den Galleabfluss behindern.
Da die Ursache ganz überwiegend Gallensteine sind, ist in solch einem Fall die Entfernung der Gallenblase Therapie der Wahl.
Cholezystitis
Eine häufige Erkrankung der Gallenblase ist die Cholezystitis, eine Entzündung der Gallenblase. Sie kann im Verlauf zu einer Kalzifizierung und reaktiven Fibrosierung führen. Bei einer Fibrosierung vermehren sich Fibrozyten in großem Maße, was wiederum zu einer deutlichen Verdickung der Gallenblasenwand (Porzellangallenblase) führt.
Akute Cholezystitis
Die akute Cholezystitis betrifft zu rund 95% Menschen mit Gallensteinen. Etwa 20% der Menschen, die Gallensteine aufweisen, erleiden eine akute Cholezystitis.
Pathophysiologisch steht eine stauungsbedingte Wandischämie im Vordergrund. Die Mukosa wird vulnerabel und es kann zu Druckerosionen oder Schädigung der Wand durch direkten Kontakt mit Blasengalle kommen. Ob und inwieweit Bakterien dabei eine Rolle spielen, ist nachwievor umstritten. In sehr seltenen Fällen kann die Persistenz von Salmonella typhii zu einer akuten Cholzystitis führen.
Durch die mechanische und zelltoxische Schädigung durch die Blasengalle kommt es zur ödematösen Verdickung. Die Gallenblasenwand kann perforieren oder auch ohne Perforation für die Blasengalle durchlässig werden, es droht eine gallige Peritonitis oder gar eine freie Perforation.
Bei der körperlichen Untersuchung zeigt sich beim Druck auf die Gallenblasen Region häufig ein Stoppen der Inspiration aufgrund des akuten Schmerzes (Murphy-Zeichen). Typisch für die akute Entzündung sind neben den Schmerzen Fieber und Leukozytose.
Die akute Cholezystitis kann sich insgesamt zu einem septischen, hochgradig lebensbedrohlichen Krankheitsbild entwickeln. Initial stehen therapeutisch Analgesie, Antibiose und Rehydrierung im Vordergrund. Die Entfernung der Gallenblase soll schnell erfolgen, möglichst in der Frühphase der Erkrankung.
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Chronische Cholezystitis
In Folge rezidivierender akuter Entzündungen kann ein chronischer Entzündungszustand eintreten, der sich im Zuge eines Circulus vitiosus selbst unterhält. Hierbei begünstigt die Entzündung das weitere Wachstum der Steine und das Wachstum der Steine bedingt wiederum mehr Irritationen und Schädigungen der Gallenblasenwand.
Makroskopisch ist die Gallenblase häufig verkleinert, manchmal ist in der Sonographie nur noch ein großer Stein erkennbar, um den die Gallenblase dicht herum anliegt (Schrumpfgallenblase).
Mikroskopisch ist die Wand häufig bindegewebig durchwachsen und besitzt wenig oder keine Fähigkeit zur Kontraktion mehr. Kommt es außerdem zur Einlagerung von Kalk in die Wand, liegt eine Porzellangallenblase vor.
In Abgrenzung zur akuten Cholezystitis finden sich bei der chronischen Form in der Regel weder Fieber noch Leukozytose. Die Symptome sind jedoch weitgehend gleich. Diagnostisch problematisch ist, dass gelegentlich eine bereits chronifizierte Gallenblasenentzündung überhaupt das erste Zeichen einer Entzündung der Gallenblase sein kann,wobei dann die typischen Laborparameter meist im Normalbereich liegen.
Diagnostisches Mittel der Wahl ist die Sonographie, eine Computertomographie ist normalerweise nicht erforderlich. Therapie der Wahl ist die operative Entfernung der Gallenblase.
Tumoren der Gallenblase
Benigne Tumoren
Zu den benignen Tumoren zählen Adenome, Myome, Lipome und Fibrome. Gallenblasenadenome können zuweilen stark proliferieren. Gutartige Neubildungen der Gallenblase sind selten.
Eine Ausnahme bilden die Gallenblasenpolypen, die durchaus gehäuft auftreten. Bei Polypen handelt es sich um Ausstülpungen der Gallenblasenwand, die allerdings nicht immer zu den echten Tumoren gezählt werden. Das Vorhandensein von Gallenblasenpolypen erhöht statistisch das Risiko, an einem Gallenblasenkarzinom zu erkranken. Therapie der Wahl, nach Abwägung alle sonstigen Umstände, ist daher bei größeren Polypen die Entfernung der Gallenblase.
Es können auch Adenome oder Adenomyomatosen vorkommen. Allerdings wird nicht selten beobachtet, dass sich die vermeintlichen Wandausstülpungen in der histologischen Aufarbeitung als Cholesterinsteine herausstellen.
Maligne Tumoren
Unter den malignen Tumoren der Gallenblase ist praktisch nur das Gallenblasenkarzinom relevant. Dabei handelt es sich histologisch häufig um Adenokarzinome, die stromareich tubulär oder papillär gestaltet sein können. Plattenepithelkarzinome oder adenosquamöse Karzinome sind selten.
Für die Entstehung sind eine Vielzahl von molekularen Veränderungen von Bedeutung, zu denen Mutationen in den Tumorsuppressorgenen p53, p16INK4a und im ras-Onkogen zählen, außerdem finden sich oft Aktivierungen von Erb-B2 bzw. EGFR.
Frauen sind bevorzugt betroffen, wobei spezielle Risikofaktoren nicht bekannt sind. Es gibt allerdings ethnische Unterschiede. Hispanier und amerikanische Ureinwohner sind häufiger betroffen als Frauen in westlichen Industrieländern, wo die Erkrankung insgesamt selten ist.
Gallenblasenkarzinome werden oft spät entdeckt und neigen zur Metastasierung direkt in die Leber. Ihre Prognose ist insgesamt sehr schlecht, da sie wegen der Symptomarmut meist in einem späten, bereits metastasierten, inoperablen Zustand entdeckt werden. Nach rund 5 Jahren überleben nur etwa 5% der Patient:innen mit Gallenblasenkarzinom. Damit gehört es zu den malignen Erkrankungen mit der schlechtesten Prognose überhaupt. Ausnahmen bilden zufällig bei einer Cholezystektomie entdeckte T1-Tumoren.
Die technische Diagnostik erfolgt zunächst durch Sonographie. Die endgültige Sicherung der Diagnose geschieht histologisch. Die Therapie richtet sich nach Metastasierungsstadium.
Postcholezystektomie-Syndrom
Unter dem Begriff werden Beschwerden zusammengefasst, die vor der Cholezystektomie bestanden und im Anschluss immer noch vorhanden sind. Der Begriff ist jedoch irreführend, weil bei korrekter Indikation und ordnungsgemäß durchgeführter Entfernung der Gallenblase die Beschwerden im Anschluss sistieren. Ursachen sind daher andere Erkrankungen als Grund für die Beschwerden, die jedoch fälschlicherweise zur Indikation einer Cholezystektomie führten.
Der Terminus ist nicht gleichzusetzen mit den postoperativen Schmerzen und seinen Begleiterscheinungen nach durchgeführter Cholezystektomie.
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